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Produzent in der Sackgasse

 

Merkwürdiger Schritt: Apparat sind jetzt eine Band und der geschätzte Produzent Sascha Ring ist ein Songschreiber. Das Ergebnis „The Devil’s Walk“ klingt leider nicht sehr überzeugend.

© Constantin Falk

Wenn man Sascha Ring schon mal begegnet ist, dann weiß man: Der macht eigentlich gar keinen verzweifelten Eindruck. Wenn man aber The Devil’s Walk, sein neues Album unter dem Pseudonym Apparat hört, darf man sich schon fragen: Wusste Sascha Ring nicht mehr, wie es weiter gehen soll?

Apparat war ein geschätzter Musikproduzent. Am Computer fertigte er Klanglandschaften, die ausschließlich gelobt wurden. Er fand Sounds, die niemals altbekannt klangen, und schuf Stimmungen, die sicheren Schrittes auf dem schmalen Grat zwischen Tag und Traum wandelten, ohne jemals in den Kitsch abzustürzen. Gianna Nannini traute ihm sogar zu, ihr ein zeitgemäßes Klangbild zu verschaffen. Diese seltsame Zusammenarbeit führte zu nichts, aber mit dem ebenfalls aus Berlin stammenden DJ-Duo Modeselektor gründete er die Electro-Supergroup Moderat und heimste noch mehr Lob ein. Er fing an, eine Band zusammenzustellen. Auf die Bühne gehen und einen Laptop aufzuklappen, das war ihm zu langweilig geworden. Die Band versuchte nachzuspielen, was Ring aus Nullen und Einsen zusammengebaut hatte. Das klang nicht unbedingt besser als auf Platte, sah aber interessanter aus.

Kurz: Alles prima im Lande Apparat. Sollte man meinen. Aber etwas nagte an Sascha Ring. Er hatte das Gefühl, das Computerlaufwerk sei eine Sackgasse. Er hatte eine Schreibblockade. Er wollte was anderes. Also ging er einen Schritt, der ihm logisch erschien: Für The Devil’s Walk ist nun aus der Live-Band eine richtige Band geworden, aus dem Produzenten Apparat ein Kollektiv und aus dem Klangdesigner ein Songschreiber.

Die veränderte Herangehensweise hat erhebliche musikalische Konsequenzen. Jene atmosphärischen, oft richtungslos dahinfließenden Miniaturen, für die Apparat berühmt geworden ist, sind Vergangenheit. Nun fließen stattdessen die Songs richtungslos dahin. Und das ist das Problem: Die Lieder taugen einfach nichts. Sie orientieren sich an dem fließenden Auf und Ab, das Ring früher so selbstverständlich aus seinem Rechner zauberte. Rings Gesang aber wirkt nicht wie eine zusätzliche Klangfarbe, sondern wie ein Fremdkörper. Die Melodien wiederum sind zu einfallslos, als dass sie Struktur vermitteln könnten.

So unentschieden wie die grundsätzliche Idee von The Devil’s Walk ist auch der Sound des Albums. Vielleicht ist es ja Absicht, aber Elektronik und klassische Instrumente wirken hier wie zwei Alphatiere im Wettstreit um mehr Redezeit. Durch Ash/Back Veil sägt eine Mandoline, die offensichtlich von jemandem gespielt wird, der nicht Mandoline spielen kann. In A Bang In The Void reiben sich ein hektisches Klimpern und eine sakrale Posaune so lange aneinander, bis sich einem Nackenhaare aufstellen. Dazu singt Sascha Ring dann ungefähr so leidend und gedehnt und verloren wie Thom Yorke, bloß leider lange nicht so gut. Hört sich doch tatsächlich ganz danach an, als ob da jemand nicht so recht wüste, in welche Richtung es weiter gehen soll.

„The Devil’s Walk“ von Apparat ist erschienen bei Mute/GoodToGo.