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Diese Haare, diese Stimme!

 

Dreeeeeeeampop, hach. Das Duo Beach House aus Baltimore schwebt durch neblige Klanglandschaften. Nach dem Durchbruch mit „Teen Dream“ ist nun das vierte Album „Bloom“ erschienen.

© Liz Flyntz

Victoria Legrand ist die Frau, von der jeder Hipster träumt. Die gebürtige Pariserin singt und spielt Keyboard in einer angesagten Band und ist dabei so cool wie ein Warhol-Superstar. Ihre langen Locken machen Frauen neidisch und Männer nervös. Im Netz sind ihnen eigene Fanseiten gewidmet – richtig, den Haaren. Michel Legrand, der große Filmmusikkomponist und dreifache Oscar-Gewinner, ist ihr Onkel. Und schon erwähnt, dass sie so ähnlich klingt wie Nico?

Gemeinsam mit dem Multiinstrumentalist Alex Scally bildet die 30-Jährige das Duo Beach House. Vor gut zwei Jahren gelang den beiden Musikern aus Baltimore mit ihrem Album Teen Dream der Durchbruch. Der Nachfolger führt die stilistische Richtung fort: Dream Pop mit einem bisschen Indierock. In Wild summen die sphärischen Keyboards wie eine Hochspannungsleitung im Nebel, darüber schwebt Legrands Stimme in einer Wolke aus Hall. Die Gitarre spielt Scally meist im Stil von U2s The Edge: minimalistische Arpeggien und reichlich Effekte.

Bloom versammelt zehn schwermütige, verträumte Songs, die sich positiv auf den Ruhepuls auswirken, aber nicht mit Hintergrundmusik zu verwechseln sind. Es ist der Soundtrack für eine lange Reise, ganz gleich ob sie real oder bloß im Kopf stattfindet. In zahlreichen Atmosphärenschichten überlagern sich Keyboards, Klavier, Gitarren, Bass und Gesang. Der Schlagzeuger Daniel Franz spielt nur das Nötigste. Das Tempo ändert sich wenig, bleibt meist im hinteren Mittelfeld. Wer dieses Album auf einer Hausparty auflegt, sollte sicher sein, dass bald die Sonne aufgeht. Einen besseren Ausklang kann man sich jedoch kaum vorstellen.

Other people want to keep in touch / Something happens and it’s not enough„, singt Legrand im schönsten Stück Other People. Ein lang gehaltener Keyboardakkord dringt durch Vogelgezwitscher, schnelle Beckenschläge geben den Takt vor, sind manchmal das Einzige, was man hört. Dazu eine Stimme, die von rauchig-tief bis glockenhell alle Schattierungen beherrscht. Die Melodie wunderbar. Nichts wirkt überladen, alles fügt sich nahtlos ineinander. So lässt man sich gern einlullen.

Ihr Rezept – verschleppter Beat, traumverlorene Klanglandschaften, sehnsuchtsvoller Gesang – variieren Beach House kaum, aber warum auch? Manche Stücke, das kürzeste ist knapp viereinhalb Minuten lang, mögen sich etwas ziehen, aber für ungeduldige Hörer eignet sich dieses komplexe Album ohnehin nicht.

In einem Stück schwebt man fast sieben Minuten lang inmitten hypnotischer Schleifen und Achtziger-Rhythmen mit großem Crash-Becken-Einsatz. Weltentrückt singt Legrand mantraartig die Zeile It’s a strange paradise. In On the Sea treffen Surfgitarre und Herzschlag-Beat auf ein Klavier im Shuffle-Rhythmus. Am Ende hört man die Brandung rauschen.

Zuweilen haben die Songs mit ihrer kitschig-düsteren Atmosphäre etwas von einem David-Lynch-Film. Andere erinnern an Sigur Rós‘ ätherischen Sound oder das französische Duo Air. Doch im Grunde hinkt jeder Vergleich, denn Beach House leben vor allem von Victoria Legrands unverwechselbarer Stimme. Und irgendwie ja auch von ihren Haaren.

„Bloom“ von Beach House ist erschienen bei Bella Union/Cooperative Music/Universal