Luftiges Pumpen, tupfendes Klavier: „Salty Days“ von Smallpeople aus Smallville auf St. Pauli ist die beste House-Platte dieses Sommers.
Salzige Tage auf St.Pauli. Was klingt wie eine neue ZDF-Vorabendserie, könnte vielmehr das Leitmotiv von Smallpeople sein, Hamburgs Doppelspitze in Sachen tiefem House. Smallpeople sind Julius Steinhoff und Just von Ahlefeld, die das Label Smallville nebst gleichnamigen Plattenladen betreiben. Dort steigt man neben den aktuellen Platten auch mal über Hunde und Kinder, sämtliche Designs besorgt der Hamburger Künstler Stefan Marx. Es ist diese Verbindung aus hanseatischem Klüngel, familiärer Betriebsamkeit, Stilbewusstsein und exquisiter Musik, die Smallville im siebten Jahr die Sympathie entgegenschwappen lässt wie Bugwellen im Hafen.
Musikalisch machen sie zur Zeit alles richtig: Nach Moomins tollem Debüt The Story About You ist Salty Days von Smallpeople – benannt übrigens nach der exzessiven Salzlust von Julius Steinhoff – bereits der zweite große Wurf des Labels in Folge. Die Macher könnten es glatt einen Lauf nennen. Aber das wäre nicht ihre Art.
Ebensowenig, wie den Hörer im Nacken zu packen und seine Aufmerksamkeit zu erzwingen. So durchzieht auch Salty Days eine fast schon schläfrige Melancholie in gemächlichen Tempi mit sanftem Tiefensog. Wie die Lianen in Stefan Marx‘ Coverzeichnungen winden sich die neun Stücke auf verschlungenen Pfaden. Smallpeople bewegen sich nicht auf Umwegen zum Ziel, lassen Ideen wie tiefhängende Wolken vorbeiziehen. Oftmals erscheinen die Stücke nicht wie abgerundete Kompositionen, sondern in offener Form, als Zeichnungen atmosphärischer, leicht verschwommene Bilder.
Mal ist es ein getupfter Klavierakkord, mal ein genial eingesetztes Stimmsample wie auf Move With Your Vision, ein Vogelschrei und dann wieder ein ganz bestimmter Keyboard-Sound: Nahezu jedes Stück enthält mindestens einen ganz besonderen Klang, der immer wieder zu diesen Bildern zurückführt. Unter allem liegt unverwüstlich und liebevoll umsorgt die Bassdrum. Denn selbstverständlich ist das hier House Music, mit deutlichen Referenzen an deren Heimat Chicago und Musiker wie Larry Heard oder Ron Trent.
Titel wie When It’s There oder Say What You Want To Say sind immer noch zu funky, als dass die ganze Angelegenheit allzu schwer ins Kuschelpolster sänke. Doch wer auf Salty Days nach Clubhymnen und Nummern für die heiße Phase auf dem Dancefloor sucht, sollte sich woanders umsehen.
Für alle anderen, die zwischen nächtlicher und frühmorgendlicher Romantik nicht unterscheiden möchten und denen House im Club ebenso lieb ist wie zwischen zerwühlten Kissen, für die ist Salty Days die wichtigste Platte dieses Sommers.
„Salty Days“ von Smallpeople ist bei Smallville Records erschienen.