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Voll aufs Ohr

 

Zuhause in Dänemark gehören sie fast schon zum Mainstream. Es ist höchste Zeit, dass auch das deutsche Publikum zum Dancepop von Spleen United tanzen lernt!

© Tyger Nation

Wer gerade mal wieder das nächste Wochenende plant und dabei ans englische Wort Clubbing denkt, der sollte sich vielleicht zuvor dessen Hybridform bewusst werden. Clubbing bezeichnet nämlich nicht nur das samstägliche Stromern durch angesagte Clubs, um dort den Synapsen mit allerlei musikbegleiteten Klängen verschiedene Reaktionsreize abzuringen, sondern auch „schlagen“ im Sinne von „voll in die Fresse“, was beim Clubbing, also dem mit den Clubs, die irgendwann mal Diskotheken hießen, so viel bedeutet wie „voll aufs Ohr“. Damit wären Spleen United ganz gut umschrieben.

Denn das Elektroquartett aus Aarhus liefert ja nicht einfach das akustische Begleitmaterial, um Tanzbeine in Schwingung zu bringen. Auf School Of Euphoria kommt es mit Synthierockpopbrostephouse daher, der nahezu hermeneutisch durch die meisten Varianten elektronischer Stile seit Kraftwerk brettert.

Beim bewegungsfreudigen Zuhörer aktiviert er damit weit mehr als das übliche Dancefloorplanieren einmal angeworfener Tanzroboterfüße. Schon Sunset to Sunset zu Beginn des Albums weist in Richtung Vielfalt. Der Sänger Bjarke Niemann klemmt dort ziemlich wavige Vocals unter die eklektischen Keyboards von Kasper Nørlund, bis Rune Wehner seine Synthies über den Umweg ein paar früher Achtzigerjahreflächen hin zu einem technoiden Effektgewitter aus Kaossilator, Sequencer und Groovebox drückt, das die Herzfrequenz zu steuern vermag.

In Liedstrukturen aneinandergereiht oszilliert das Ganze dann zwischen Heaven 17 und Skrillex, New Order und Chemical Brothers, allem also, was das Elektronische der vergangenen drei Jahrzehnte so hergibt, bis sogar das teilanaloge Schlagzeug von Janus Nevel nur noch digital klingt. Die Band verortet sich damit zwischen „bombastischem Britpop“ und „schroffem Acid-House“. Das ist natürlich bloß PR, aber eine ganz hübsche.


School Of Euphoria
ist kein Album, das die Welt der Clubmusik aus den Angeln hebt, aber es kompiliert altbekannte Töne auf wunderbar versierte Weise neu. In ihrem Heimatland haben Spleen United bereits mit ihren ersten zwei Platten fast Mainstreamtauglichkeit erreicht – was für dänische Hörgewohnheiten spricht. Und gegen deutsche.

Denn hierzulande gab es den auch abseits turmhoher Discoboxen durchaus verdaulichen Sound lange nur als Import. Vielleicht, weil man den kleinen Nachbarn nicht mal eben einen richtigen Vertrieb zur Seite stellt, nur weil dort jemand Erfolg hat. Vielleicht aber auch, weil bei uns manchmal das Gefühl für spannende Elektronica fehlt. Spleen United mögen in manchen Momenten etwas zu viel zappeln und in anderen zu antiquiert klingen; im Großen Ganzen ist das perfekt fürs Clubbing beim Clubbing.

„School Of Euphoria“ von Spleen United ist erschienen bei Tyger Nation.