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Für die Autowerbung reicht’s

 

Welch ein Debüt vor drei Jahren! Das zweite Album des britischen Popduos Hurts ist allerdings missglückt. „Exile“ stampft als banaler Zitatmix dahin.

© Four Music
© Four Music

Pomade im Haar, glattrasiertes Gesicht, die Hemden bis ganz oben zugeknöpft. Wer so aussieht, wird in England als dapper beschrieben. Und nur ein Brite wie der Sänger Theo Hutchcraft kann heutzutage einen Ohrring ironiefrei tragen. Eine eigene Facebook-Seite hat er sogar – der Ohrring wohlgemerkt.

Auch der Autor dieser Zeilen war angetan vom Stil des Popduos aus Manchester und seinem Song Wonderful Life, der im Spätsommer 2010 rauf und runter lief. Da passte einfach alles: das Video, der Rekurs auf die Achtziger, die Ernsthaftigkeit der Darbietung. Die Ballade Stay war auch nicht schlecht.

Entsprechend stiegen die Erwartungen an den Nachfolger ihres Debütalbums. Nun ist Exile erschienen und sehr enttäuschend. Sicherlich hat niemand damit gerechnet, dass Hurts das Rad neu erfinden. Innovation war auch nicht die Stärke ihres Erstlingswerks. Und dass mancher Song dieser Synthie-Pop-Band an Depeche Mode oder A-ha erinnert: geschenkt.

Allerdings klingen die zwölf Stücke auf Exile wahlweise banal, langweilig oder manieriert. Insgesamt eine bescheidene Leistung. Die neuen Synth-Rock-Einflüsse sind Teil des Problems. Offenbar haben Hurts die mächtigen Gitarrenwände gebaut, um ihre Melodiearmut zu verschleiern. Bombast soll überwältigen.

Nur zwei, drei Ausnahmen, runde Songs, sind dabei. Als mal nur Gesang und Elton John am Klavier zu hören sind, merkt man wieder, wie schön Hutchcrafts Stimme ist, vor allem im Falsett. Doch es dauert nur ein paar Sekunden, bis Streicher und Gospelchor den Minimalismus zunichtemachen.

Hurts –The Road

Oft wirkt das Album wie ein beiläufiger Zitatmix, zusammengeklaubt aus den letzten zwanzig, dreißig Jahren Popmusik. Miracle erinnert an Coldplays Paradise, im fast schon drollig düsteren The Road imitiert das Duo Nine Inch Nails. Das ruhige, mit Surfgitarren unterlegte The Crow hat viel von Chris Isaaks Wicked Game. Und Help könnte glatt von Robbie Williams sein. Kopfschütteln löst auch Sandman aus, eine merkwürdig überfrachtete Mischung aus Kinderchor, Hip-Hop-Beat, Rockgitarren und Dance-Pop nach Art von Britney Spears.

Das soll wohl alles als experimentell durchgehen, wirkt aber eher gewollt. Vieles ist überdeutlich auf Charttauglichkeit hin produziert, da können die Synthesizer noch so fiepen. Alles mehr Rea Garvey als Dave Gahan.

Pop ist Pop. Aber wo sind die großen Hooklines, die Mitsing-Hymnen, die einem stundenlang im Kopf bleiben?

Hurts präsentieren trivial dahinstampfende Songs, die sich bestenfalls als Untermalung von Autowerbespots eignen. In einem Interview verkündete Hutchcraft kürzlich, dass die neuen Songs „dreckiger, verzerrter, wilder“ seien. Damit hat er leider recht.

„Exile“ von Hurts ist erschienen bei Four Music/Sony.