Kieran Hebden alias Four Tet war bisher bekannt als Virtuose am elektronisch-organischen Schraubstock. Sein neues Album „Beautiful Rewind“ muss frühere Fans enttäuschen.
Als die Musikkritik vor ein paar Jahren begann, vom Verlöten und Verschrauben zu wortmalen, und davon, dass man zu guter Tanzmusik auch mal einen Stolperer aufs Parkett zaubern dürfe, da war der Anlass sehr wahrscheinlich eine Platte des Briten Kieran Hebden. Technische Präzision und Repetition verschmolz er mit dem Holpern des Organischen, dem sphärischen Rauschen und der Unberechenbarkeit. Eine Handvoll Alben brachte er seit der Jahrtausendwende als Four Tet heraus, dazu mehrere Arbeiten mit dem Jazzschlagzeuger Steve Reid und unzählige Remixe für andere Künstler. Und immer hörte man sofort, wenn er am Werke war, sein Klang wurde unverwechselbar.
Das gilt auch für sein neues Album Beautiful Rewind, das erste, das er nicht bei Domino Records, sondern auf seinem eigenen Label Text herausbringt. Alles hier klingt vertraut, klingt nach Four Tet und nichts anderem. Und doch ist es fad geraten. Wo man sich bislang verfing in einem Netz aus Rhythmen – da wurde die Eins zur Drei, die Vier wieder zur Eins, da liefen die Muster lange scheinbar parallel, um schließlich doch ganz unterschiedliche Wege zu nehmen – da rummst es jetzt direkt und hart oder kaum vernehmbar. Wo es bislang verlockend schillerte, da ist jetzt stumpfe Oberfläche. Keine Diamanten mehr, nur noch Strass.
Beautiful Rewind ist stellenweise so direkt, so umwegfrei, dass es langweilt. Und das kommt so: Zwei Elemente, die bislang eine untergeordnete Rolle spielten, stehen nun weit im Vordergrund. Einerseits brezeln die Beats manchmal tatsächlich ganz gehörig, aber viel zu häufig im einfallslosen Bumm-Tschack oder Tschak-Bumm. Andererseits streut Kieran Hebden jede Menge körperloser Yoga-Klangschleier ein. Das Verspielte, das alle seine Platten bislang ausmachte, wirkt hier klebrig. Nur stellenweise erhebt sich ein Stück aus dem Sumpf, Parallel Jalabi etwa und … ja, welches eigentlich? Tatsächlich gehen beinahe alle anderen Stücke esoterisch aus dem Leim, verflüchtigt sich jede nette Idee im universellen Hall.
Und Kieran Hebden macht uns Alt für Neu vor: Hier und da fließen rapartige Wortschnipsel ein, vor allem von Kool FM und Aerial fühlt man sich erinnert an die Nervensäge, die im Klub neben einem steht und alle paar Sekunden „Yeah“, „Wow“, „Yo“ und „Hey, hey, hey“ brüllt. An anderer Stelle treten Anleihen an den Drum ’n‘ Bass der Neunziger hervor, auch das funktioniert nur bedingt. Viel zu laut, viel zu bedeutungslos wirkt dieses Klangelement hier. In den bislang so kunstfertig im Hintergrund geknüpften Klang- und Geräuschteppichen sind nun die Reste vom Frühstück eingetreten.
Man muss das gar nicht mit Four Tets letztem offiziellen Album There Is Love In You vor beinahe vier Jahren vergleichen, um enttäuscht zu sein. Nein, auch wer seine Erwartungen auf die seitdem erschienenen einzelnen Tracks, darunter Kollaborationen mit Burial, Thom Yorke und Rocketnumbernine, bezieht, wird von Beautiful Rewind nicht mit Endorphin-Schocks beglückt.
Ein einziges richtig gutes Stück und viel Mittelmaß – das ist zu wenig für einen, der es sich bislang leisten konnte, Platten mit einzelnen Stücken zu verkaufen. Hoffen wir, dass Kieran Hebden sein Löt- und Schraubwerkzeug nur kurzfristig gegen die Yogamatte eingetauscht hat.
„Beautiful Rewind“ von Four Tet ist erschienen bei Text Records.