Diesen Namen muss man sich merken! Der Luxemburger Trompeter Gast Waltzing reist zur Quelle des Groove. Sein Album „Jazzed Up in New Orleans“ besichtigt Oldtime-Jazz, Gospel und Funk.
Nun also Luxemburg: Der Jazz zieht um die Welt und lässt keinen Flecken aus. Geboren in New Orleans, aufgewachsen in Chicago, über New York nach Europa gekommen, das heute eine Jazzszene neben der anderen hat.
Deutschland, die Niederlande, die großartige Schweiz, Frankreich natürlich, ganz Skandinavien, Polen und, und.
Insofern kein Erstaunen über eine vortreffliche Platte aus Luxemburg. Anderseits aber schon, denn dieser Trompeter, Komponist und Bandleader – Jahrgang 1956! – war uns bislang nicht untergekommen. Oder haben Sie seinen Namen mal gehört? Gast Waltzing. So einen Namen merkt man sich doch!
Gast kommt von Gaston, und wo das Waltzing herkommt: keine Ahnung, vom Walzer eher nicht. Der Mann ist seit mehr als drei Jahrzehnten Musikprofessor in Luxemburg, unterhält ein Quartett, das er seltsamerweise Largo getauft hat und dessen neues Album in elf Jahren bereits das vierte ist. Über 200 Filmmusiken soll Gast Waltzing zudem komponiert haben, auch für Fernsehproduktionen wie Polizeiruf 110 – Doktorspiele oder Utta Danella – Eine Liebe in Venedig, die wir irgendwie verpasst haben.
Aber zur Platte: Jazzed Up in New Orleans heißt sie und hält, was der Titel verspricht. Das Quartett reiste vergangenes Jahr an die Wiege des Jazz. 7.924 Kilometer sind es von Luxemburg nach New Orleans, musikalische Umwege nicht eingerechnet. Urlaubsfotos schmücken Hülle und Beibüchlein. Man sieht Gast Waltzing, von Kopf bis Fuß ganz in Schwarz, mit seiner weniger stylish gekleideten Band an der Bar sitzen: alle ziemlich gut gelaunt. Ein anderes Bild zeigt das Old Absinthe House, Touristenattraktion seit 1807. Zu sehen auch der Eingang zum Armstrong Memorial Park. Nicht Lance, nicht Neil: Louis, der dem Jazz das Solo schenkte und so vieles mehr.
Die vier Musiker von Largo luden sich also am Ort mit Jazzenergie auf und spielten auf der Stelle elf Kompositionen ein, teilweise zusammen mit lokalen Musikern: vier mit der schwarzen Brass-Band The Soul Rebels, zwei mit dem schwarzen Hammond-Organisten Kyle Roussel.
Was sie da zeigen, ist schon sehr ausgebufftes Jazztouristentum. Vom Oldtime-Jazz ausgehend, werden Gospel und Funk besichtigt. Manche von Waltzings Melodien klingen auf Anhieb vertraut, sind es dann aber doch nicht. Der Gast aus Luxemburg lässt seine Trompete strahlen und quieken, schnullern und schmatzen, und gegen jedes Oldtime-Klischee spielt David Laborier auf der elektrischen Gitarre a) überhaupt mit und b) ein paar Ritchie-Blackmore-artige Riffs ein. Auch das Schlagzeug von Rainer Kind kommt, ganz nach vorn gemischt, kantig und treibend daher – hu, das geht los.
Das Sousafon ist eine Tuba zum Hineinsteigen. Da kann auch der Musiker selber losgehen, hier Edward Lee jr. von den Soul Rebels. Und so stehen zwei sousafongetriebene Paradestücke zu Recht am Anfang und am Ende der Platte.
„Gast Waltzing & Largo: Jazzed Up in New Orleans“ ist erschienen bei WPP Jazz Records/Edel
Aus der ZEIT Nr. 32/2014