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Geburtstagsständchen für Lenny

 

Es geht auch auf Deutsch: Reinhard Mey, Nina Hagen, Alin Coen, Tim Bendzko, Madsen und viele andere gratulieren Leonard Cohen zum 80. mit seinen eigenen Liedern.

© Yann Orhan
© Yann Orhan

Allein von Hallelujah soll es mehr als 300 Coverversionen geben. Kaum weniger existieren von Suzanne. Gut 100 dürften es sein von So long, Marianne.

Insgesamt 2.824 Interpretationen von Leonard-Cohen-Songs listet aktuell die Website leonardcohenfiles.com auf. Darunter Übertragungen ins Französische, Schwedische, Italienische, Spanische, Isländische, Ungarische, Estnische, Tschechische, Niederländische, Kroatische, Polnische, Dänische, Flämische, Hebräische, Jiddische, Bengalische und in Afrikaans. Nun, pünktlich zum 80. Geburtstag der lebenden Legende am 21. September, wird die Liste erweitert um 17 neue Versionen mit deutschen Texten.

Die Übersetzungen von Poem – Leonard Cohen in deutscher Sprache stammen allesamt von Misha Schoeneberg. Der war einst Manager von Ton Steine Scherben und hat immer mal wieder Cohen-Songs ins Deutsche übertragen, die eigentlich der 1996 verstorbene Rio Reiser singen sollte. Dazu hatte Schoeneberg sogar einen offiziellen Auftrag von Cohens deutschem Verleger bekommen, Cohen selbst segnete die Nachdichtungen ab.

Nun hat sich eine heterogene Gruppe deutscher Musiker gefunden, um Schoenebergs Interpretationen zu vertonen. Die Bandbreite reicht vom altgedienten Barden Stefan Waggershausen über die TV-Talentshow-Sieger Mrs. Greenbird und Indie-Rock-Größen wie Madsen bis zur Allzweckschreckschraube Nina Hagen, die in By The Rivers Dark ihre Vokalakrobatik vergleichsweise im Zaum hält.

Manfred Maurenbrecher verwandelt Anthem in eine angenehm unpathetische Hymne, und Peter Hein und seine Fehlfarben machen aus Democracy ein wundervoll ungelenkes Gerechtigkeit. So, mit viel Respekt und ausreichend Eigeninitiative entstehen Lieder, die eine neue Qualität besitzen, sich auf die Originale beziehen, ohne mit ihnen in Konkurrenz treten zu wollen. Das funktioniert aber nicht immer: Ausgerechnet das grandios bedrohliche First We Take Manhattan verwandelt sich unter den Händen von Peter Maffay nicht nur in Zuerst also Manhattan, sondern auch in einen biederen Papiertiger.

Cohen gilt neben Dylan als wohl bedeutendster noch lebender Lyriker im Popgeschäft. Dass die Übersetzungen da kaum die poetische Tiefe der Originale erreichen können, muss man eben akzeptieren. Aus dem Famous Blue Raincoat wird, gesungen von Reinhard Mey, eben kein „Berühmter Blauer Regenmantel“, sondern ein Sternblauer Trenchcoat. Und New York, der Schauplatz der Dreiecksgeschichte, verschwindet ebenso aus dem Text wie die Anspielungen auf Scientology.

In der Natur der Sache liegt es auch, dass kaum dem Windelalter entwachsene Jüngelchen wie Tim Bendzko oder Madsen im Vergleich zu Cohens bösartigem Grummeln schlecht abschneiden müssen. Und der arme Max Prosa, der seine 24 Jahre alten Stimmbänder schon in seinen eigenen Liedern allzu oft anzurauen versucht, strapaziert sie nun für Story of Isaac über Gebühr. So viel Selbstgedrehte kann man gar nicht rauchen, dass die Stimme da nicht kapitulieren müsste.

Die Frauen haben es leichter. Die mädchenhaften Stimmen von Anna Loos oder oder Alin Coen müssen sich erst gar nicht in den Vergleich mit dem Maestro begeben. Sie können One Of Us Cannot Be Wrong beziehungsweise Joan of Arc unbeschwert ganz neue Dimensionen erschließen. Oder, wie es Cäthe mit Lover Lover Lover gelingt, beweisen, dass wirklich gute Lyrik auch einen Perspektivwechsel verträgt. Dank solcher Stücke ist Poem ein durchaus gelungener Geburtstagsgruß an den großen Leonard Cohen.

„Poem – Leonard Cohen in deutscher Sprache“ ist erschienen bei Sony Music. Am 21.9. um 20 Uhr findet in der Berliner Passionskirche ein Tribute-Konzert zum Album statt.