Konstantin Gropper ist einer der erfolgreichsten deutschen Filmmusiker. Als Get Well Soon zeigt er jetzt auf drei EPs, wie Pop und Opulenz zusammenfinden.
Auch der beste Filmmusikschreiber kann nicht immer nur Filmmusik schreiben, kann nicht immer nur David Kross durch Kambodscha (Same Same But Different), Tom Schilling durch Berlin (Oh Boy) oder eine französische Pornoproduktionsfirma durch menschliche Abgründe (Xanadu) begleiten. Auf dem letzten eigenen Album von Konstantin Gropper alias Get Well Soon, das The Scarlet Beast O‘ Seven Heads hieß und im Spätsommer 2012 erschien, brauchte es nicht mal mehr einen Auftrag von außen für überbordende Arrangements voller Anspielungen an die ganz großen Helden. Roland, I Feel You huldigte Katastrophen-Regisseur Emmerich mit einem monumentalen Musikvideo und italowestrigen Klängen wie von Ennio Morricone persönlich, und Konstantin Gropper hatte sich endgültig als bester deutscher Scorer empfohlen. Keine schlechte Position, aber eine beengte.
Jetzt erweitert er die Perspektiven und veröffentlicht gleich drei EPs. Gemeinsam haben sie nur ihren Veröffentlichungsmonat November – und dass die Leinwand dunkel bleibt. Auf The Lufthansa Heist EP schüttelt Gropper sich deshalb erst mal wieder aus. Keine zig Instrumente am Bein, sondern nur möglichst viele Gitarren in der Hand, und dazu Vorbilder wie Dinosaur Jr., Pavement, die Smashing Pumpkins und die Lemonheads im Kopf. Wäre da nicht seine ewigtiefe Vampirstimme, man könnte die fünf Songs der ersten EP fast für sorglos ironischen Polohemdenpop halten, so schwungvoll und unkompliziert joggen etwa The Pope Washed My Feet In Prison und Staying Home durch verzerrte Gitarrenwände und lockerleichte Rhythmen. Erst die cheesy Sitcom-Titelmusik im Bonustrack, den Gropper epochengerecht ein paar stille Sekunden hinter dem letzten Song versteckt hat, erinnert doch wieder an seinen liebsten Brotjob.
Keinem ganzen Genre, sondern einem einzigen Idol ist die Henry EP gewidmet. Statt Bilder zu vertonen, setzt Gropper hier seine Bewunderung für den Schrifsteller Arnold Stadler in fünf Songs um, für die er wieder all die Xylophone und klickenden Beats hervorholt, die sein Debütalbum Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon einst aus dem Kinderzimmer in die große Welt schossen und die er seitdem nach und nach durch immer größere Instrumente ersetzte.
Auf Henry sind sie wieder klein und einsam, auch wenn sein Kinderzimmer nicht mehr das alte ist, in dem neuen jetzt ein anderes (sein) Kind wohnt und er selbst alle Studios und Musiker des Landes haben könnte. You Will Be Taken Care Of ist ein knisterndes, zerwaberndes Stück, wie es auch Thom Yorke in Solomomenten schreibt, nur dass der nicht so klassisch schön singen kann.
Konstantin Groppers Spezialität ist es, die nerdigsten Faszinationen auf elementare Sorgen und Ideen einzudampfen, bis sie unfassbar beruhigend klingen. Auf dem zweiten Album Vexations war es der Stoizismus, zu jeder Gelegenheit zieht er neue eigenwillige Vorbilder als Inspiration heran. Seneca, Werner Herzog, jetzt eben Arnold Stadler. Manchmal nimmt er auch den ganz direkten Weg und covert einfach Songs, die er mag. Auf der Greatest Hits EP sind das Popklassiker wie Careless Whisper oder Rocket Man, aber auch Spezialitäten wie Oh My Love, das der Filmmusikkomponist Riz Ortolani einst von Katyna Ranieri einsingen ließ und zu dem Ryan Gosling viel später in Drive durch die Gegend fuhr. Bei Get Well Soon wird aus dem triumphalen Geschmetter einer Diva die eher vorsichtige Hoffnung von einem, der vor lauter Rauschen und Klimpern das Licht kaum noch sieht. Ähnlich ergeht es Till I Die von den Beach Boys, das Gropper zum Schluss in ganz neue psychedelische Abgründe fährt.
Wenn er nach so viel üppig instrumentierten Ausflügen immer noch nicht bereit ist für ein neues Album, dann doch vielleicht für die nächste Weihnachtsplatte?
„The Lufthansa Heist EP“, „Henry EP“ und „Greatest Hits EP“ sind erschienen bei City Slang.