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Landaus hippe Kinder

 

Aus der Pfalz kommt ein Abituriententrio mit starkem Stilwillen. Der Pop von Sizarr klingt so zeitgemäß, als warteten sie nur auf den internationalen Durchbruch.

© Eric Weiss

Wie cool ist das denn? Sizarr haben erst gar keinen Eintrag in der deutschen Wikipedia, aber dafür in der englischen einen erstaunlich ausführlichen für eine Band, die drei Jahre alt ist und eben ihr erstes Album herausgebracht hat. Die Band mag aus Landau in der Pfalz stammen, mittlerweile in Mannheim und Heidelberg wohnen und so blutjung sein, dass Teile des Trios noch mit einem mittelschweren Akneproblem zu kämpfen haben. Aber nun, da ihr Debütalbum Psycho Boy Happy erschienen ist, scheint ihnen die Welt offen zu stehen.

Nicht nur die Website der Bild-Zeitung prophezeit Sizarr: „Drei deutsche Jungs werden sich in den nächsten Monaten hoffentlich auch international Gehör verschaffen“. Dazu haben sich die drei bereits die weltweit kompatiblen Pseudonyme Deaf Sty, P-Money und Gora Sou zugelegt. Aber tatsächlich soll sie der allseits verehrte Produzent Danger Mouse höchstpersönlich zur Vorband erkoren haben, als er mit Broken Bells auf Tour ging, und die englische Tageszeitung Guardian, geschätzt für ihre Popkompetenz, lobte Sizarr bereits für ihren „a very distinctive style„, das markante, einzigartige Klangbild also.

Das kann man so sehen. Und tatsächlich erscheinen Sizarr wie geschaffen für den internationalen Erfolg. Nicht nur, weil ihre frischen, unverbrauchten Gesichter sogar ein Boy-Group-Publikum erobern könnten, sondern weil sie sich auch noch unheimlich geschickt an einer Vielzahl angesagter Stile bedienen. Dubstep-Beats sind in ihren Tracks ebenso zu hören wie die gerade wieder so modischen Synthies aus den achtziger Jahren, Einflüsse aus der Weltmusik stehen gleichberechtigt neben denen aus Post-Punk und Wave-Rock. P.B.E.W. adaptiert zuerst die reduzierte Strenge von The xx, um am Ende einen Ausflug in die arabische Welt zu wagen. Tagedieb beginnt mit einem dreckigen Indierock-Gitarrenriff, bevor sich beschwingte Polyrhythmik und weihevoller Stillstand abwechseln.

Wäre man böswillig, könnte man nun die Reihe an Bands und Bezugspunkten ewig verlängern. Aber die Erklärung für diesen hemmungslosen Eklektizismus ist einfach. Ihre musikalischen Wurzeln, da waren die drei Abiturienten in einem Interview ganz ehrlich, liegen nun mal im Internet. Fabian, zuständig für Gesang und Gitarren, der Synthesizer und Gitarre spielende Philipp und der Schlagzeuger Marc sind Kinder des digitalen Zeitalters. Dem Netz sei Dank, kann man auch in Landau problemlos einen umfassenden Musikgeschmack ausbilden.

Den muss man dann allerdings erst einmal so gekonnt in eigene Musik umsetzen. Und dann noch das Glück haben, einen Sänger mit einer so besonderen Stimme zu besitzen. Von ganz tief unten aus den Eingeweiden scheint die zu kommen, aus einem langen, erfahrungsreichen Leben, aber auf jeden Fall nicht aus einer kaum volljährigen Kehle. Fabian wird nun immer gefragt, wie viel er raucht und welche Sorten Alkohol er trinkt. Er versichert dann, er lebe überaus enthaltsam. Das ist nicht nur vernünftig, sondern wohl auch besser so, falls es ernst wird und tatsächlich die internationale Karriere wartet.

„Psycho Boy Happy“ von Sizarr ist erschienen bei Four Music/Sony.