Michael Mayer hat mit seinem Label Kompakt den elektronischen Sound der Domstadt geprägt. Endlich bringt er sein zweites eigenes Album heraus.
Der Mann gehört zum Inventar. Sein schwelgender und hitziger Sound machte Michael Mayer in den späten neunziger Jahren zu einem der besten deutschen DJs. Er ist stilprägend, nicht nur als Mit-Erfinder des zwischen House, Pop und bretthartem Techno schwingenden „Sound of Cologne“, in dessen Mittelpunkt das Label Kompakt steht. Eigene Platten veröffentlich er dennoch ziemlich selten: Nach Touch aus dem Jahr 2004 erscheint nun sein zweites Album. Mantasy ist ein großer Wurf, eine der schönsten und unterhaltsamsten Dance-Platten des Jahres.
Mit Sully öffnet sich die Musik wie ein Vorhang zu einer anderen Welt. Synthie-Nebel steigen aus dem Boden – es klingt, als hätte sich der Blade Runner in Neverland verlaufen. Ein romantisches Panorama breitet sich aus, Michael Mayer liebt Soundtracks. Auf Mantasy wird dies deutlicher als je zuvor, wie etwa in dem schwermütig dahin groovenden Lamusetwa mit seinem cineastischen Streicher-Sample.
Als DJ weiß Mayer, dass der Druck nun steigen muss. Mit Wrong Lap gelingt der erste Hit der Platte: Minimaler Funk pumpt voran und lässt auch auf dem folgenden Titelstück nicht nach. Hier kommt endlich Mayers zweite Liebe Italo Disco mit ihren glitzernden Space-Klängen und lasziven Moroder-Basslinien zum Zuge.
Roses mit seinem verwunschenen Gesangssample gehört ebenfalls zu den vielen großen Momenten auf diesem Album. Geheimnisvoll und seltsam morbide klingt es, wenn Mayer eine schattige Klarinette über die schleppenden, am Dubstep geschulten Beats, kreisen lässt. Das Baumhaus bietet Schutz: Mayer malt einen lichtdurchfluteten Ambient-Track in die Landschaft samt Vogelgezwitscher, Harfe und betörendem Glockenspiel. Wieder ist die Filmmusik ganz nah – Mayer treibt als postmoderner Huckleberry Finn den digitalen Strom hinunter.
Und ganz plötzlich dreht sich das Album. Hatte Mayer es bisher vor allem auf atmosphärische Miniaturen angelegt, regiert nun der Dancefloor-Rhythmus. Rudi Was A Punk leiht sich bei den alten Disco-Punk Helden Konk das Saxofon, Voigt Kampff Test und das herrlich stumpfe Neue Furche sind mit ihrem deftigen Techno-Wumms schlichtweg Kompakt pur. Schön, dass er das nicht verlernt hat.
Ganz am Ende, wenn eigentlich der Abspann laufen sollte, holt Mayer nochmal weit aus: Good Times wird gesungen von Jeppe Kjellberg vom dänischen Dance-Trio WhoMadeWho. Es ist der verspätete Sommerhit dieses Jahres: „No smartphones / no push tones / let’s just have a good time„, singt Kjellberg sehnsüchtig, und Michael Mayers luftiger House-Pop lässt uns von einer besseren Welt träumen. Die Single gibt es auch in der kürzeren Smartphone-Version.
„Mantasy“ von Michael Mayer ist erschienen bei Kompakt.