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Brodeln im Matsch

 

The Shaky Hands vereinen auf „Lunglight“ das Beste aus drei Welten zu einem aufgeregten Vibrieren: Hier grüßen die Strokes, dort Vampire Weekend – und The Who stehen ja immer Pate, wenn irgendwo Gitarren erklingen

Wie lange ist es her, dass eine Rockband mit ihren Klängen die Welt erschütterte? Sieben Jahre? Im Sommer des Jahres 2001 drang der unerhörte Rock der Strokes aus einer Garage in New York City. Ihr Debüt Is This It beflügelte eine ganze Generation von Jungspunden, Bands zu gründen. Seitdem ist die Rockmusik nicht schlechter geworden, allein der schiere Überfluss des Hörbaren hat eine gewisse Abgeklärtheit gebracht. Selbst die von den Plattenfirmen vor jeder Neuveröffentlichung versprühte Euphorie erfasst heute niemanden mehr, das Vokabular des Sensationellen klingt längst schal. Eine frische Brise jagten vor exakt einem Jahr Vampire Weekend durch den Rock, pfiffig bedienten sie sich afrikanischer Rhythmik und charmanter Melodien – mal sehen, wie lange das im Gedächtnis bleibt. Noch ist es da.

Wohl auch bei vier jungen Männern aus Portland, Oregon: Beseelt von den lakonisch plaudernden Gitarren der Strokes und dem vertrackten Flirren von Vampire Weekend suhlen sich The Shaky Hands in einer von The Who angerührten Matschpfütze. Deren Mary Anne With The Shaky Hand stand nicht zuletzt bei der Namensgebung Pate – wie jede ordentliche Rockband wollen auch The Shaky Hands ein bisschen klingen wie die Urrocker aus England.

Lunglight ist das zweite Album der Band. Sie schütten das beste aus diesen drei Welten zu einem aufgeregten Vibrieren zusammen. Ein Brodeln ergießt sich in 13 Etappen aus den Lautsprechern, manchmal reißt es einen mit, manchmal überrollt es einen. Der Bass pumpt stetig auf der dicken Saite und fordert des Sängers unergründliches Schnarren heraus – das Scheppern des Schlagzeugs und die sägenden Gitarren sind diesem zu Dialog nur ein Hintergrundgeräusch, das ab und an erklingende Klavier ohnehin.

Und die Shaky Hands beherrschen das, wofür Oasis‘ letztes Album über den grünen Klee gelobt wurde: das Beharren auf kleinen, dröhnenden Motiven, gespielt in einer analogen Schleife. Oasis machten daraus ein ganzes Album und ließen sich für die Wiederentdeckung des Krautrocks feiern, auf Lunglight atmen allenfalls eine handvoll Lieder diesen Geist.

Hört man sich durch die vierzig Minuten des Albums, fallen einem noch ganz andere Namen ein … Genug der Referenzen? Einverstanden. Legen wir es der Band als künstlerische Selbständigkeit aus, die in unüberschaubaren Mengen verfügbaren Zeichen und Töne, Klänge und Bilder auf kluge Art angerichtet zu haben. Klingt heute nicht beinahe jede Rockband wie eine Mischung aus sieben anderen?

Erstaunlich eigentlich, dass sich die Karriere der Shaky Hands bislang weitaus holpriger anließ, als die aller genannten Vorbilder. Im Sommer erschien Lunglight in den USA, Anfang des Winters in Kontinentaleuropa, und erst in ein paar Wochen kommt es in England heraus. Einen großen Hit hatten sie noch nicht. We Are Young soll einer werden. Musikalisch ist das nachvollziehbar, lyrisch nicht unbedingt. Schließlich ist dieses Lied das beste Beispiel dafür, dass manche Texte der Shaky Hands kaum weniger blöd sind als die oft sinnfreien Ergüsse der Who.

Bei allem Diebstahl, aller Kopie, wissen die Shaky Hands offenbar doch sehr genau, was ihnen gehört. Eine Zeit lang schlugen sie sich mit einer Band aus Neuseeland herum, die den gleichen Namen trug. Letztere sollten in den USA unter anderem Titel auftreten, denn sie, die Shaky Hands aus Portland, seien schließlich zuerst da gewesen. Die Neuseeländer gaben schließlich auf und nennen sich nun Cut Off Your Hands.

„Lunglight“ von The Shaky Hands ist als CD und LP bei Cooperative/Universal erschienen.

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