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Kelly, Kekse, Koitus

 

So inspirierend kann ein schwarzer Schlüpfer sein: R. Kelly, Großmeister subtiler Sexlyrik, entblößt „Black Panties“. Auf dem neuen Album zeigt er sich viril und elegant wie zuletzt vor 20 Jahren.

© Sony Music
© Sony Music

In einem Videointerview mit dem amerikanischen Rolling Stone bewies R. Kelly unlängst, dass er es wie kein zweiter versteht, aus wirklich jedem Sujet ein gut klingendes Lied über Geschlechtsverkehr zu machen. Auf Zuruf sang er mit samtweicher Stimme und verschmitztem Lächeln von Sex-Delfinen und lud zur Verköstigung eines Liebessandwiches ein.

Der 46-Jährige hat der Welt großartige Lieder übers Fliegen und Lieben geschenkt. Und ausgerechnet dieser Mann musste sich im vergangenen Jahr einer komplizierten Mandeloperation unterziehen. Lange war unklar, ob Kelly überhaupt je wieder singen können würde.

Natürlich kann er schon wieder. Das ganze Jahr über wärmte R. Kelly seine Stimme auf für sein neues Album: Während der BET-Awards führte er ein imposantes Werkschau-Medley auf, beim Coachella-Festival stand er gemeinsam mit Phoenix auf der Bühne, remixte später deren Stück Trying To Be Cool, und ging mit Justin Bieber und Lady Gaga ins Studio. Nun, pünktlich zum Fest der Liebe, erscheint R. Kellys zwölftes Werk namens Black Panties.

Der Titel der Platte, erklärte Kelly kürzlich, sei ihm im wahrsten Sinne des Wortes zugeflogen. Auf seinen Konzerten sei es üblich, dass das Publikum Unterhosen auf die Bühne werfe. Wie aus dem Nichts sei ein schwarzer Schlüpfer in Größe M auf seinem Handgelenk gelandet. Derart inspiriert sei er direkt nach der Show nach Hause gefahren, habe einen Song mit dem Titel Black Panties geschrieben und wusste gleich, dass dies auch der Albumtitel sein werde.

Black Panties handelt natürlich in erster Linie von Sex mit R. Kelly. Denn der Sex mit R. Kelly hat heilende Wirkung (You Deserve Better), ist sowieso immer genial (Genius), kann aber auch total verrückt sein (Crazy Sex). (Freilich nicht mit Minderjährigen, das Thema ist durch.) Als Großmeister des subtilen Sex-Songwriting, nähert sich R. Kelly dem Thema Beischlaf jedoch nie ordinär, sondern so originell, wie man es von ihm seit jeher gewohnt ist.

Cookie etwa widmet sich Kellys Leidenschaft für Kekse. Als Krümelmonster macht er sich auf die Suche nach leckerem Gebäck und öffnet heimlich, still und leise die Keksdose, um ein paar schwarze Doppelkekse mit Vanillefüllung zu vernaschen. In Marry The Pussy äußert R. Kelly den Wunsch nach der Vermählung mit einer Vagina. Er träumt davon, vor dem weiblichen Geschlecht auf die Knie zu gehen, ihm einen Antrag zu machen und, das sagt er wirklich, einen Ring anzustecken.

Auch an anderen Stellen lacht man sehr laut, lang und viel. Zum Beispiel über das Cover, auf dem R. Kelly den Körper einer Frau mit einem Geigenbogen bespielt. Das ist, genau wie Lieder über Sex-Delfine, Krümelmonster oder den von ihm schon vor Jahren besungenen Sexosaurus, natürlich absoluter Quatsch. Aber es macht Spaß, R. Kelly dabei zuzuhören, wie er seiner libidinösen Lyrik nicht etwa freien Lauf lässt, sondern seinen vermeintlichen Vulgarismus elegant verschlüsselt.

Seine wollüstigen Wortspiele bettet Kelly als soulige Slow Jams aufs Satinlaken oder trägt sie in Form von clubtauglichem Contemporary-R’n’B auf die Tanzfläche. Seine Musik versucht gar nicht, auf der Höhe der Zeit zu funktionieren, sie schwelgt in Neunzigernostalgie. Das steht R. Kelly deutlich besser als der Altherren-Soul seiner letzten beiden Platten. Black Panties ist vielleicht sein bestes Album seit dem legendären Debüt 12 Play vor 20 Jahren.

„Black Panties“ von R. Kelly erscheint am 13. Dezember bei RCA/Sony.