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Grinsen im Reimgewitter

 

Schon jetzt das beste Hip-Hop-Album des Jahres? Die Rapper Killer Mike und El-P haben sich als Run The Jewels zusammengetan und zeigen, wie heiter schlechte Laune sein kann.

© Big Dada
© Big Dada

So sehr sich Bertolt Brecht auch der Sprache verpflichtet fühlte – mit Sprechgesang hatte er nach allen vorliegenden Erkenntnissen nichts am Hut. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet ein Bonmot aus seiner Feder perfekt beschreibt, was das beste Album kennzeichnet, das der Hip-Hop in diesem Jahr womöglich hervorbringen wird. „Es ist schlimm in einem Land zu leben, in dem es keinen Humor gibt“, schrieb Brecht. Noch schlimmer aber sei es, „in einem Land zu leben, in dem man Humor braucht“. In einem Land wie den USA also. Jaime Melines Land. Und das von Michael Render.

Seit vielen Jahren singen sie unter ihren Pseudonymen El-P und Killer Mike mit viel Wut gegen alles an, was daheim so schief läuft. Gegen die da oben. Gegen Rassismus und Ungerechtigkeit. Gegen Bushism, die Tea Party, solche Dinge. Musikalisch begleitet von Elementen aus Hardcore, Techno und Metal. Von New York und Atlanta aus war ihre Mission die der Empörung, brillant formuliert zwar und mit einem unfassbaren Flow, aber eben doch irgendwie: sauer.

Als Run The Jewels kooperieren die zwei Schwergewichte des amerikanischen Underground-Hip-Hop nun ein Album lang in einer Heiterkeit, die man vom auch physisch gewichtigen Killer Mike zwar schon aus dem OutKast-Orbit kennt, aber ihm so dann doch nicht zugetraut hätte.

 

Selbstironisch wie nie und dabei stets bereit zur sprachlichen Schlacht mit sich und dem Gegenüber, schrauben sich beide Enddreißiger zu Punchline-Duellen empor, die es in sich haben. Da fliegen die Beschimpfungen, da flattert der Irrsinn. Und wenn sich Killer Mike in Banana Clipperwith the elegance of an African elephant“ bewegt, wozu „the little man against hellion with a heart of an orphan“ El-P seine aberwitzigen Reimgewitter herunterdonnert, lösen sich Run The Jewels nicht nur von der überheblichen Selbstreferenz vieler Genrekollegen, sondern persiflieren sie, wie man es sonst nur aus den grandiosen Spaß-Raps von The Lonely Island kennt.

Mit dem bedeutsamen Unterschied: Auch musikalisch befindet sich dieses Debüt auf oberstem Niveau. Angetrieben von einem wütenden Dubstep etwa kocht schon das Titelstück auf höchster Flamme und den verulkten Gangstarap weich. Und wenn durch Sea Legs plötzlich ein flüchtiger R’n’B-Hauch weht oder die Singleauskopplung A Christmas Fucking Miracle im süffigen E-Gitarrensolo endet, spürt man beides: Das Bedürfnis, mit Samples ebenso zu spielen wie mit den Vocals, dabei aber den musikalischen Ernst zu bewahren.

Der Grundton bleibt düster, die Stimmung tiefes Moll, das Ganze ist so sinister, dass einem der dauerdräuende Bass jedes Grinsen über Texte, die man ohne vorliegende Textblätter sowieso kaum versteht, gleich wieder aus dem Gesicht treibt. El-P und Killer Mike mögen das Stilmittel der Leichtigkeit entdeckt haben – sauer sind sie noch immer. Und unsagbar gut.

„Run The Jewels“ ist erschienen bei Big Dada/Rough Trade.