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Trübsinn in Technicolor

 

Die New Yorker Joy-Division-Nachkommen von Interpol haben eine Schaffenspause hinter sich. Auf ihrem neuen Album El Pintor klingen sie wieder wie vor zehn Jahren. Gut oder schlecht?

© SoftLimit/PIAS/Cooperative
© SoftLimit/PIAS/Cooperative

Diese Alarm schlagenden Gitarren, die beständig an den Nerven zerren. Dieser die ganz großen Bögen beschreitende Gesang, der stets ins Pathos zu kippen droht. Diese getragenen Melodien, die nie auf den Punkt zu kommen scheinen. Ja, Interpol muss man wohl mögen.

Und wenn man es tut, kann man sich anlässlich des neuen Albums El Pintor schon fragen: Wie lange noch?

Vor vier Jahren verließ Carlos Dengler, der als prägend vermutete Bassist und Co-Autor der Songs, die New Yorker Band. Danach folgte eine Schaffenspause, nun das neue, erst vierte Album und damit noch mehr des Ewiggleichen.

Das ist zwar durchaus wieder grandios. Mächtig gewaltig donnern die Gitarren daher, unterlegt von kräftig bollerndem Schlagzeug. Die Songs kämpfen sich wieder schön schwerfällig durch den Sound, als wateten sie durch einen Sumpf. Dass sie dabei selbst nicht so recht wissen wohin, sondern lieber weiter irren und noch eine Schleife drehen, gerade darin liegt ja ihre Schönheit. Man könnte sagen: Interpol verzichten auch als Trio darauf, ihre Lieder auf einen billigen Schaueffekt zusteuern zu lassen, auf eine befreiende Klimax. Lieber dehnen sie die Spannung ins Unendliche.

Man könnte aber auch sagen: Die Lieder von Interpol sind eine minutenlang währende Klimax, ein einziger großer, aufgeblasener Schaueffekt. Große Geste statt Gefühl. Emotion als Karikatur ihrer selbst. Musik, die wie ein Luxusproblem klingt, aber trotzdem vollkommen ironiefrei bleibt.

Die Inszenierung dieser Distanzlosigkeit beherrschen sie wirklich gut, das zeigt El Pintor aufs Neue. Dabei hauen sie so auf den Busch, wie sich das sonst keiner dieser Joy-Division-Nachkommen traut. Melancholie meterdick. Wehmut in Wandstärke. Trübsinn in Technicolor. Dazu singt Paul Banks mal wieder von den Frauen und was die dem Manne so antun, von der Einsamkeit, die daraus zwangsläufig folgt, und der Verzweiflung, die schlussendlich alles schluckt.

Klar, die Experten werden anmerken, dass durchaus subtile, detaillierte Anpassungen erfolgt sind. Auf El Pintor nehmen die Gitarren noch größeren Raum ein als bisher, die Keyboards dagegen spielen eine untergeordnete Rolle. Die Bläser, mit denen die Band 2007 auf Our Love To Admire herumspielte, sind verschwunden. Der luxuriöse Leerlauf, der das letzte Album Interpol von 2010 prägte, kommt diesmal zugunsten etwas stringenterer Songstrukturen nicht mehr so ausführlich zum Einsatz.

Warum machen Interpol eine Kreativpause, um sich anschließend recht genau so anzuhören wie vor zehn Jahren auf ihrem Erfolgsalbum Antics? Man kann sich natürlich sagen: Interpol kehren mit El Pintor glorreich zu ihren Wurzeln zurück. Wahrscheinlich ist es einfach so: Man muss Interpol halt mögen.

„El Pintor“ von Interpol erscheint bei PIAS/Soft Limit/Rough Trade.