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An der Grenze des Egalen

 

Wer ist dieser MC Fitti, der überall von den Plakatwänden grinst? Trotz erstaunlicher Talentlosigkeit wird der Spaßrapper wohl auch sein zweites Album „Peace“ in die Charts bringen.

© Styleheads
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Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, den Verfall zu beklagen. Einen Remmidemmi-Index zu erfinden, der ernste Lagen (Arbeitslosigkeit, Kriege, Naturkatastrophen) danach einordnet, mit wie viel Blödsinn die Jugend darauf reagiert. Sich schützend über alles zu werfen, was musikalisch je gut und wichtig war, um dann zu merken, dass es eh niemand mehr haben will. Und haareraufend mitanzusehen, wie in diesem Jahr reihenweise zweite Alben nach oben durchgewunken werden, deren harmlose Rebellion zum Verrücktwerden ist.

Mit MC Fitti kann es in dieser Hinsicht keiner aufnehmen. Während die Dorfjungen Kraftklub ihre milden Wortspiele immerhin noch in Indierock-Referenzen verpacken und der Pandakopf Cro weiter so sonnig und charmant rappt, dass man inhaltliche Schwächen verzeiht, hat Fitti genau diese zu seiner großen und einzigen Stärke erklärt. Was man nicht hashtaggen kann, ist dem MC keine Zeile wert. Deshalb hieß sein erstes Album vor gut einem Jahr auch #Geilon, handelte von nichts und hielt sich elf Wochen lang in den Charts. Das war auf billig getrimmter Neon-Hip-Hop, dessen Zeilen sich nur reimten, wenn es gar nicht anders ging, und der in Sachen Lebensgefühl genau zwischen Yolo und Swag lag: Du lebst nur einmal, aber überanstrenge dich nicht.

Warum ausgerechnet ein Mittdreißiger ohne besondere Skills, der mit verspiegelter Sonnenbrille, Vollbart und Basecap auf coolen Rapper macht, als cooler Rapper gefeiert wird, ist das große Rätsel. Wenn Kraftklub und Cro Hosenträger und Tiermaske abnehmen, bleiben darunter immer noch schlaksige Klassenclowns, denen man zumindest den jugendlichen Übermut abkauft. Hinter Fittis Sonnenbrille steckt hingegen nur ein müder Handwerker mit echter Sehschwäche, der übers Arbeitsleben rappt: „Die Auszubildende ist eingebildet/ Aber lässt heut jeden ran/ Nur nicht den Elektriker/ Der hat immer nen Kurzen.“ Interessant ist daran höchstens, dass so ein Song hier Arbeit macht mega Bock und bei Deichkind Arbeit nervt heißt. Und dass die Hamburger sich immerhin noch Mühe mit ihren Bühnenshows geben.

Für sein zweites Album Peace hat sich MC Fitti jede Mühe gespart. War #Geilon noch für stumpfe Palmenhits wie 30 Grad und gelegentlich lustige Dada-Zeilen à la „Slipper ohne Socken/ Flamingos mit Ray-Ban/ Ich schreibe SMS über Autotelefon“ gut, reizt sein Nachfolger die Grenzen des Egalen bis zum Schmerz. Die Partybeats schleppen sich schluffig an der Tanzfläche vorbei an die Bar, wo schon Autotune und der Gastrapper Sido warten, und MC Fitti schlurft hinterher und tattert seine Texte mit dem Flow eines Jugendgästehausleiters dahin.

Wer meint, in so viel zur Schau gestellter Talentlosigkeit erst recht Talent, Ironie oder gar einen Plan zu erkennen, hat auch früher immer gesagt, dass Verona Pooth „gar nicht mal so dumm“ sei, und hält jetzt Mario Barth für die Stimme des kleinen Mannes. Die Wahrheit ist, dass MC Fitti einfach abwartet, wie lange er noch mit dem Quatsch durchkommt. Das macht ihn am Ende noch pubertärer als all die anderen Nachwuchsrapper und legt die alten Tipps aus den Elternratgebern nah: Entspannt bleiben, die Phase geht auch vorbei.

„Peace“ von MC Fitti erscheint bei Styleheads.