Baustellen überall! Warum nicht aus den Maschinenklängen ein Elektropopalbum zusammenschneiden? Die Greie Gut Fraktion hat’s versucht und lässt die Luft vibrieren.
Das Konzept der ersten Platte der Greie Gut Fraktion wiegt so schwer, dass sie eigentlich durch den Boden brechen müsste. Auf Baustelle zerschnipseln Gudrun Gut und Antye Greie Geräusche einer – genau – Baustelle. Ein Abklatsch der Einstürzenden Neubauten? Überambitionierte Field Recordings? Trocken Brot?
Ganz und gar nicht. Greie und Gut verweben und verlöten die Klangfetzen von Schlagbohrern, Betonmischmaschinen und Vorschlaghämmern zu einem dichten Stoff. Die beiden Musikerinnen sind musikalisch erfahren und klug genug, sich ihrem Konzept nur soweit zu unterwerfen, wie sie es für nötig halten. An eine Baustelle denkt man selten beim Hören, vor allem die Titel der Stücke – Mischmaschine, Baustein und Großgrundbesitzer etwa – erinnern an das Konzept.
Alles andere kaum. Tatsächlich ist das Jaulen einer Motorsäge im ersten Stück Cutting Trees eines von ganz wenigen Baustellen-Geräuschen, die zweifelsfrei als solche zu erkennen sind. Nach und nach zerschneidet das rotierende Sägeblatt einen schleppenden Beat.
Cutting Trees klingt wie das Manifest der Greie Gut Fraktion. Denn auf Baustelle geht es nicht ums Bauen, es geht vor allem um die ständige Veränderung des Raums, um die Dialektik von Zerstören und Errichten: „Cutting trees – give space!„, haucht eine Stimme. Nur wo die Bäume fallen, kann eine neue Stadt entstehen. In Make It Work heißt es „Break it down – build it up!“ Das eine ist dem anderen stets Sinn und Drohung zugleich, das Neue ist schon bald das Alte.
Erstmal entsteht Neues: Greie und Gut erwecken Palais Schaumburgs NDW-Kracher Wir bauen eine neue Stadt zu neuem Leben. Beats wie Hammerschläge auf Metall, auf Stein, auf Plastiktonnen. So klingt Baustellen-Techno. Oder Baustellen-Dub? Drilling An Ocean und vor allem Mischmaschine zucken und blitzen, als seien die Dubstepper Distance und Burial am Werk. Organische Klangfetzen sausen durch die Stadt und hallen und hallen und hallen an den Wolkenkratzern wider.
Mit den Klängen einer Baustelle gemein hat das Album schließlich nur noch eins: Das ungeheure Vibrieren.
„Baustelle“ von der Greie Gut Fraktion ist erschienen bei Monika/Indigo.