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1:0 für Obama – für einen kleinen Moment!

 

Es ist wohl eine der politisch bedeutsamsten Wochen für Amerikas Präsidenten. Denn der Supreme Court, das höchste Gericht der Vereinigten Staaten, trifft zwei besonders wichtige Entscheidungen. Ihr Ausgang wird mit über Barack Obamas Wiederwahlchancen entscheiden.

Es sind zwei Urteile zu zwei zwischen Republikanern und Demokraten äußerst umstrittenen Themen: Einwanderung und Gesundheitsreform. Und nicht nur in den Parteien gehen die Meinungen auseinander, das gesamte Volk ist in diesen Fragen tief gespalten. Sieg oder Niederlage können darum Stimmungen anheizen, Widerstand entfachen und die Wahlkampfkassen klingeln lassen.

An diesem Montag hat das mehrheitlich konservative Gericht in Sachen Einwanderung gesprochen und der Rechtsauffassung des Präsidenten im Großen und Ganzen recht gegeben. Dazu später mehr.

Obamas Ruf als Reformpräsident ist in Gefahr

Das wichtigste Urteil wird erst am Donnerstag bekannt gegeben. In dieser zweiten Entscheidung geht es darum, ob Obamas Gesundheitsreform Bestand haben wird. Vor allem darum, ob die Bürger vom Staat dazu verpflichtet werden dürfen, sich krankenzuversichern.

Was in Europa heute üblich ist, bleibt in Amerika stark umstritten. Doch der anfangs äußerst zögerliche Obama freundete sich im Laufe der Zeit – auch unter dem Druck seiner Partei – mit dem Gedanken einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht an. Schon im vorigen Wahlkampf zwang ihn seine Parteikonkurrentin Hillary Clinton auf diesen Kurs.

So wurde die allgemeine Krankenversicherungspflicht zum Kern seiner Gesundheitsreform, die wiederum zum Aushängeschild seiner Amtszeit werden sollte. Scheitert dieses vor zwei Jahren vom Kongress beschlossene Gesetz am Obersten Gericht, ist auch Obamas Ruf als Reformpräsident in großer Gefahr. Denn dann bleibt nicht sehr viel übrig von seiner Revolution.

Populäre Wohltaten, aber lästige Pflicht

Seit 100 Jahren schon versuchen sich Amerikas Staatsoberhäupter an einer grundlegenden Reform des maroden, überteuerten und ungerechten Gesundheitssystems. Doch bislang sind sie jedes Mal gescheitert.

Obama glaubte, es diesmal zu schaffen. Er versprach, die meisten der knapp 50 Millionen Amerikaner, die keiner Krankenkasse angehören, mitzuversichern. Zudem: Kinder werden nach dem Gesetz bis zum 26. Lebensjahr von der Police ihrer Eltern mit abgedeckt. Und niemandem darf mehr die Aufnahme in eine Krankenversicherung verweigert werden, weil er bereits krank ist.

Die beiden letzten Wohltaten sind im Volk populär. Doch nicht deren Finanzierungsplan. Um diese Regelungen bezahlen zu können, soll 2014 der Kreis der Versicherten erhöht werden. Quasi alle Amerikaner werden dann nach Obamas Gesetz einer Versicherungspflicht unterliegen.

Romney und die Republikaner wechseln die Seiten

Dieser Plan geht übrigens auf Vorschläge der Republikaner zurück. Die allgemeine Krankenversicherungspflicht war einst ihre Idee. Und der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney war der erste Gouverneur, der diese Pflicht auf der Ebene eines einzelnen Bundesstaates einführte.

Doch was schert das Geschwätz von gestern, wenn die Partei nach rechts rückt und das Volk nicht recht überzeugt ist. Heute wüten die Konservativen gegen diese Versicherungspflicht und behaupten, die Regierung und das Parlament hätten kein Recht, derart weit in das Leben der Bürger einzugreifen. Wer sich nicht versichern wolle, dürfe auch nicht dazu gezwungen werden.

Die Regierung argumentiert, jeder würde irgendwann in seinem Leben der Allgemeinheit, also allen Steuerzahlern, zur Last fallen und Krankenkosten aufbürden. Das gelte erst recht für die Nichtversicherten, die dann in ihrem Elend eine Notfallklinik aufsuchen müssten. Die allgemeine Krankenversicherung, sagt Obama, sei nichts anderes als eine vorweggenommene Zahlung, vergleichbar einer Steuerpflicht, die ja auch geleistet werden müsse.

Die Wetten stehen, dass Obama diesen Kampf vor dem mehrheitlich konservativen Gericht verliert – und dass die Republikaner die Niederlage des Präsidenten im Wahlkampf weidlich ausschlachten werden. Obama, der gescheiterte Reformer, sie nennen ihn bereits einen „Kaiser ohne Kleider“.

Supreme Court kassiert Arizonas Einwanderungsgesetz

Die Wetten standen auch gegen Obama in Sachen Einwanderung. Doch hier hat er soeben einen Sieg verbuchen können. Der Präsident war gegen ein Gesetz in Arizona vorgegangen, das Befugnisse in der Einwanderungs- und Grenzkontrolle an sich zog. Auch hier witterten die Konservativen Morgenluft. Mitt Romney unterstützte das Gesetz von Arizona.

Doch der Supreme Court entschied dagegen: Einwanderung, sagte er, ist die Sache des Bundes. Arizona darf nicht eigenmächtig entscheiden, dass ein unerlaubter Aufenthalt in den Grenzen seines Bundesstaats eine Straftat ist. Und ebenso wenig, dass die Arbeitsaufnahme durch Illegale strafbar ist.

Lediglich ein umstrittener Passus des Arizona-Gesetzes hat einstweilen Bestand: Hält die Polizei einen Menschen wegen des Verdachts auf eine Straftat oder ein Verkehrsvergehen fest, darf sie bei dieser Gelegenheit auch die Vorlage seiner Einwanderungsdokumente verlangen. Aber nur, wenn der Verdacht auf illegalen Aufenthalt besteht.

Hispanics sind für Obama wichtige Wähler

Für die Hispanics in Amerika ist dieser Dreiviertelsieg vor dem Supreme Court wichtig. Erst verhalf Obama den Kindern illegaler Einwanderer zu einem einstweiligen Aufenthalt in den USA. Jetzt bremste der Präsident erfolgreich ein rabiates Gesetz aus Arizona. Die Hispanics sind vielerorts das Zünglein an der Waage, vor allem in etlichen Staaten, die Obama unbedingt im November wieder gewinnen muss.

Auch wenn das Urteil über die Gesundheitsreform politisch weit brisanter sein wird, der erste Richterspruch beeinflusst bereits Obama Wahlchancen – zumindest für ein paar Tage – zu seinen Gunsten.