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Wenn Romney Präsident wird …

Was erwartet die Amerikaner, wenn Mitt Romney US-Präsident wird? Darüber kann man viele Worte verlieren, das wird der republikanische Kandidat bis zur Wahl im November auch weiterhin tun. Doch es geht auch grafisch – die ersten 100 Tage im Amt als cheat sheet sozusagen. Frisch veröffentlicht und inklusive der boshaften Prognose dessen, was Barack Obama täte, bliebe er im Weißen Haus:

 

Doing fine?

Wahlkämpfe entwickeln schnell ihre eigene Dynamik. Barack Obama ahnte sicher nicht, dass daraus eine Diskussion über die Bildungspolitik entstehen würde, als er am Freitag seine Erfolge für den Arbeitsmarkt anpries: 4,3 Millionen Jobs habe seine Regierung in den vergangenen 27 Monaten geschaffen, 800.000 bereits allein in diesem Jahr. Der Privatwirtschaft gehe es ganz gut – die Schwäche der wirtschaftlichen Lage führte der Präsident hingegen auf den öffentlichen Sektor zurück.

Für Gegenspieler Mitt Romney war Obamas Äußerung „the private sector is doing fine“ eine willkommene Vorlage. Verständlich, denn diese Behauptung dürften in den USA derzeit viele Bürger nicht teilen. So fiel es dem Republikaner leicht, zu behaupten, der Präsident sei „out of touch“, und seinen Fehler für ein gehässiges Video auszuschlachten:

Inhaltlich fühlte sich Romney damit in der konservativen Position „weniger Staat“ bestätigt: Obama wolle mehr Staatsbedienstete einstellen, mehr Feuerwehrleute, Polizisten und Lehrer – „hat er die Nachricht von Wisonsin nicht verstanden?“, fragte Romney. Dort war der republikanische Gouverneur Scott Walker bei einem Abwahlversuch deutlich im Amt bestätigt worden, was die Partei auch auf seine radikale Sparpolitik gerade im öffentlichen Sektor zurückführt. „It’s time for us to cut back on government and help the American people“, sagte Romney.

Obama reagierte prompt und offensiv. Er wisse, dass viele Amerikaner leiden müssten und sage dies seit Jahren. Romney aber spiele nur „politische Spielchen“ und biete keine Lösung für das Problem an. Alles, was er von ihm gehört habe, seien Steuererleichterungen für die Leute, denen es gut gehe. Dem stellte er konkrete Vorschläge gegenüber: für Investitionen in Infrastrukturprojekte, um Bauarbeiter in Arbeit zu bringen, und Hilfen für Staaten und Kommunen, um Entlassungen im öffentlichen Dienst zu verhindern.

Amerikaner sehen Bildungspolitik als große Herausforderung

Doch erst Obamas Berater David Axelrod drehte die Debatte in Richtung Bildung. Am Sonntag sagte er dem Fernsehsender ABC, Romney müsse auf einem anderen Planeten leben, wenn er den Verlust von 250.000 Lehrern in den vergangenen Jahren als ein gutes Rezept sehe, um die Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen.

Die Bildungspolitik ist für viele Amerikaner nach Wirtschaft, Gesundheitsversorgung und Staatsverschuldung eine der größten Herausforderungen für das Land; das ergab eine Umfrage von CBS und New York Times im April. Sie spielt also im Wahlkampf eine durchaus gewichtige Rolle. Bislang ging es dabei aber vor allem um Details und um Geld, eine größere inhaltliche Diskussion über Reformen gibt es noch nicht. Das dürfte unter anderem daran liegen – wie das Blog Politico in einem umfangreichen Hintergrund darstellt –, dass Obamas Bildungspolitik selbst in konservativen Kreisen Unterstützung erfährt; viele Ziele decken sich. Wie sich die beiden Kandidaten bei diesem Thema voneinander abgrenzen, dürfte deshalb spannend werden.

Ach ja, wenn Romney offenbar dagegen ist, mehr Feuerwehrleute, Polizisten und Lehrer einzustellen, kann das natürlich auch nicht ohne Video-Antwort aus dem Obama-Lager bleiben:

 

Donald Trump ist nicht Hollywood

Wer Präsident der USA bleiben oder werden will, darf nicht wählerisch sein – jede Hilfe ist wichtig, besonders wenn sie Geld in die Wahlkampfkasse spült. Manchmal aber wäre es Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney sicher lieber, der eine oder andere prominente Unterstützer bliebe einfach still und schriebe lediglich einen großen Scheck. Doch so läuft das Spiel nicht.

Obama hat es da in diesen Tagen sicher einfacher als Romney. Der Präsident umgibt sich gern mit Stars, die ihre Portemonnaies öffnen und ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, um seine Wiederwahl zu ermöglichen. George Clooney schmiss eine rauschende Dinner-Party mit illustren Gästen von Barbara Streisand bis Tobey Maguire in seinem Garten, „Sex and the City“-Schauspielerin Sarah Jessica Parker lädt demnächst mit Vogue-Chefin Anna Wintour in ihr New Yorker Zuhause ein, Mariah Carey wird dort singen. Dafür wirbt Parker in einer Videobotschaft: „Okay, der Typ, der den Irak-Krieg beendet hat, der Typ, der sagt, Ihr solltet jeden heiraten können, den Ihr wollt, der Typ, der vier Millionen neuer Jobs geschaffen hat, dieser Typ, Präsident Obama, und Michelle kommen am 14. Juni zum Dinner in mein Haus. Und ich möchte, dass Ihr auch da seid. Weil wir ihn brauchen, und er braucht uns.“

Wie zuvor bei Clooney können Obama-Anhänger mit einer kleinen Spende an einer Verlosung teilnehmen; zwei Plätze am Tisch sind für den Gewinner reserviert. Clooneys Spendendinner brachte so und dank der 40.000-Dollar-Tickets für die prominenten Gäste fast 15 Millionen Dollar für den Wahlkampf ein. Und dass sich die Stars als treue Anhänger Obamas zeigen, kann auch nicht schaden.

Das Romney-Lager ist offenbar neidisch. Der konservative Radio-Haudrauf Rush Limbaugh holte jedenfalls wieder einmal mächtig aus: Obama werde zu Barack Kardashian, verglich er den Präsidenten mit dem Partygirl Kim Kardashian. „This (is) celebrity-of-the-United-States kind of stuff. This is not president-of-the-United-States kind of stuff“, wetterte er. Man könne nur darüber lachen, und es zeige, welche Distanz Obama zu den Menschen habe, die das Land am Laufen hielten.

Mit einigen Einschätzungen dürfte Limbaugh trotzdem nicht ganz falsch liegen: „Jetzt werdet ihr von der Obama-Kampagne mit E-Mails und Bitten um Geld überhäuft, nur darum geht es hier.“ Alles sei nur ein Schwindel, um die Mailingliste für das Spendensammeln in diesem Sommer zu füllen.

„Two Words: Donald Trump“

Doch Obama kann angesichts solcher Vorwürfe gelassen bleiben. In einer informellen Fragerunde an Bord der Air Force One hakte ein Journalist in der Sache beim Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, nach. Was denn die Reaktion sei, wenn es aus Richtung der Republikaner heiße, der Präsident tummele sich am liebsten mit Figuren aus dem Showbusiness. Carneys Antwort war kurz und boshaft: „Two words: Donald Trump. Next question.“

Donald Trump also, milliardenschwerer Immobilientycoon und Kasinomagnat, der Clown des amerikanischen Traums – und eben eifriger Unterstützer Romneys. Als sich dieser mit einem Sieg in Texas endgültig genug Stimmen gesichert hatte, um als Präsidentschaftskandidat der Republikaner nominiert zu werden, stahl ihm Trump schnell die Show. Und nicht auf die gute Art: Anlässlich einer Spendengala für Romney in Las Vegas, die der Milliardär mit ausrichtete, trompetete Trump seine Überzeugungen in jedes Mikrofon und jede Kamera. Vor allem aber machte er sich wieder einmal lächerlich mit der längst widerlegten und ohnehin irrwitzigen Theorie, Obama sei gar nicht in den USA geboren. Trumps Auftreten war im besten Fall eine skurrile Ablenkung von jenen Themen, bei denen Romney seinem Gegner wirklich etwas entgegenzusetzen hätte. Distanziert hat er sich der Republikaner allerdings nicht von Trump – und das ist Gift für die Kampagne.