Lesezeichen
 

Arizona?

Mit einer klaren Meinung zu den Einwanderungsgesetzen in Arizona oder zur Entscheidung des Supreme Court, diese weitgehend wieder einzukassieren, mag sich das Lager des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney offenbar nicht die Finger verbrennen. Laut einem Statement zu dem Urteil findet es Romney richtig, dass auf Ebene der Staaten Regelungen zur Einwanderung getroffen werden. Während der Vorwahlen hatte er sich bereits in dieser Richtung geäußert und die Obama-Regierung angegriffen, weil sie Arizonas Vorstoß kritisierte. Doch eine echte inhaltliche Äußerung zur Einwanderungsproblematik gibt es bislang nicht, lediglich vage Ankündigungen, die legale Immigration stärken zu wollen – und nun die Einschätzung, das Urteil zeige vor allem den Bedarf für eine umfassende Reform auf. Auf keinen Fall liegt das daran, dass niemand nach einer eindeutigen Position gefragt hätte. Im Gegenteil: Romneys Sprecher Rick Gorka schaffte es nach der Supreme-Court-Entscheidung doch tatsächlich, mehr als 20-mal am Stück die Versuche von Journalisten abzublocken, etwas darüber zu erfahren, was Romney über das Gesetz in Arizona und das Urteil denkt. Ginger Gibson vom Blog Politico hat sich die Mühe gemacht, die Fragerunde zu dokumentieren. Hier nur ein kleiner Auszug:

QUESTION:Does (Romney) support the law as it was drafted in Arizona?

GORKA: „The governor supports the right of states, that’s all we’re going to say on this issue.“

QUESTION: Does he have a position on the law, or no position?

GORKA: „The governor has his own immigration policy that he laid out in Orlando and in the primary, which he would implement as president which would address this issue. Whereas Obama has had four years in the office and has yet to address it in a meaningful way.“

QUESTION: But does the Governor have a position on the Arizona law besides supporting the right of states?

GORKA: „This debate is sprung from the president failing to address this issue, so each state is left and has the power to draft and enact their own immigration policy.“

QUESTION: But the Arizona law does very specific things, does the governor support those things that the Arizona law does?

GORKA: „We’ve addressed this.“

QUESTION: What is his position on the actual law in Arizona?

GORKA: „Again, each state has the right within the Constitution to craft their own immigration laws since the federal government has failed.“

QUESTION: But does he think about the law in Arizona? You’re just talking about the states right to have a law but you’re not giving any position on the actual law.

GORKA: „Ultimately this debate comes back down to the federal government and the president failing to address this. If the president followed through on his campaign promise to address illegal immigration in the first year, this debate wouldn’t be necessary.“

QUESTION: Is it fair to say that he has no opinion on the Arizona law?

GORKA: „Look, again, I’ll say it again and again and again for you. The governor understands that states have their own right to craft policies to secure their own borders and to address illegal immigration.“

QUESTION: You’re not answering – what does he think about the policy in Arizona? Is it fair to say he has no opinion? You’re refusing to give us an answer.

GORKA: „Arizona, like many other states in this nation, take it upon themselves to craft policies for their own specific states. Governor has said repeatedly that states are a laboratory of democracy, what one state crafts may not work in others but ultimately this, again, goes back to the president failing to deliver on his campaign promises. As candidate Obama, he said he would address immigration in the first year and hasn’t and instead put in a stopgap measure four and a half months before the election.“

 

Wahlkampfgeschenk für die Latino-Community

Mit dem befristeten Abschiebestopp für rund 800.000 illegale Immigranten unter 30 Jahren, die vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres ins Land kamen, hat US-Präsident Barack Obama zuletzt die Einwanderungspolitik zum Wahlkampthema gemacht – zu seinen Bedingungen und ohne dass Herausforderer Mitt Romney darauf bislang eine wirkliche Antwort gefunden hätte. Beide buhlen um die Gunst der Latino-Community, die 2012 noch einmal eine größere Rolle beim Rennen um das Weiße Haus spielen dürfte als 2008. Fast 22 Millionen Latinos sind wahlberechtigt, damals waren es noch zwei Millionen weniger.

Wer Präsident werden will, muss diese enorm wichtige Wählergruppe auf seine Seite bringen. Dabei ist Obama der Platzhirsch: Vor vier Jahren schaffte er es sogar in Florida, die Mehrheit der Latinos zu überzeugen; dort wählten sie zuvor regelmäßig die Republikaner. Insgesamt stimmten mehr als zwei Drittel der Wähler mit lateinamerikanischen Wurzeln für Obama. Und auch jetzt führt Obama in Umfragen unter Latinos deutlich.

Die Verfügung des Abschiebestopps am Kongress vorbei war deshalb ein geschickter Schritt, zumal der Druck auf Obama zuletzt immer größer geworden war (nicht zuletzt weil es in seiner Amtszeit so viele Abschiebungen gab wie noch nie) . Der demokratische Gesetzentwurf für eine umfassende Reform des Einwanderungsrechts, der sogenannte „DREAM Act“, scheitert seit Jahren am Widerstand der Mehrheit der Republikaner. Obama hat nun zumindest einen Teil der Reform verwirklichen können – ein klares Wahlkampfgeschenk, das freundlich aufgenommen wird. Aber eben auch die einzige Möglichkeit für ihn zu handeln, was er schon 2008 versprochen hatte.

Romney findet keine Antwort

Romney fiel es danach in Interviews und auch bei seiner Rede vor der einflussreichen Konferenz des nationalen Verbands von Latino-Politikern Naleo am Donnerstag in Florida schwer, eindeutig Position zu beziehen. Im Vorwahlkampf hatte er den Dream Act abgelehnt. Eine echte Alternative kann er nicht benennen. Obamas Verfügung kritisiert Romney als politisches Kalkül und nur vorläufig. Er will sie durch eine permanente Lösung ersetzen und betont dabei die Bedeutung legaler Einwanderung. Vage bleibt Romney, wenn es um die Millionen illegal in den USA lebenden Einwanderer geht. Das Problem wolle er auf „zivile, aber resolute Art“ angehen, mehr sagte er in Florida nicht.

Das dürfte den meisten Latinos nicht konkret genug sein. Da hilft es auch nicht, dass der republikanische Senator Marco Rubio aus Florida seit Monaten erfolglos eine eigene Version eines reformierten Einwanderungsgesetzes an den Mann bringen will. Denn auch wenn der Parteifreund als möglicher Vizepräsidentenkandidat gehandelt wird, zögert Romney, sich voll hinter dessen eher moderate Pläne zu stellen – die Hardliner will er eben auch nicht verärgern.

Nicht ganz abwegig ist daher Romneys offensichtliche Strategie, die Latino-Community über das Versprechen einer besseren Arbeitsmarktpolitik zu gewinnen. Von der kriselnden Wirtschaft sind viele Einwanderer besonders stark betroffen. In Florida stellte er dies in den Mittelpunkt seiner Rede und griff Obama dafür an:

„And yet our President says the private sector is doing fine. This is more than a policy failure; it is a moral failure.“

Halbwegs ins Ziel traf zumindest Romneys Kritik, Obama habe doch in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit eine bequeme Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses gehabt und dennoch keine Einwanderungsreform auf den Weg gebracht. Die ganze Zeit über habe er andere Dinge für wichtiger gehalten, bis er nun merke, dass er die Latinos für die Wiederwahl dringend brauche.

Obama erneuert sein Versprechen

Doch Obama selbst konnte sich der Latino-Konferenz am Freitag ganz entspannt stellen: Bei seinem Auftritt bekam er großen Applaus für den Abschiebestopp. Er hielt es in seiner Rede nicht einmal für nötig, Romney namentlich zu erwähnen – er sagte lediglich:

„In all, yesterday, your featured speaker came here and said the election in November is not about to people, or about being a Republican, Democrat or independent. It is about the future of America. While we have a lot of differences, he and I, on this point I could not agree more. This is about America’s future.“

Erneut machte sich Obama für eine umfassende Reform der Einwanderung stark:

I’m still waiting to work with anyone from either party who is committed to real reform. In the meantime, the question we should consider is this, was providing these people an opportunity for a temporary measure of relief the right thing to do? I think it was. It’s long past time that we gave them a sense of hope. Your speaker from yesterday has a different view. In a speech he said when he makes a promise to you he’ll keep it. He’s promised to veto the DREAM Act.“

Und dieses Versprechen, wenn man es ihm abnimmt, könnte die Wahl entscheiden.

 

 

 

 

Obama, die Wirtschaft – und George W. Bush

Das mag angesichts der weiter schlechten Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten für US-Präsident Barack Obama vorerst nur ein hauchdünner Silberstreif am Horizont sein, doch immerhin geht es aufwärts: Nach einer aktuellen Umfrage der Finanznachrichtenagentur Bloomberg sagt eine Mehrheit der Amerikaner (45 Prozent), es gehe ihnen heute besser als vor seinem Amtsantritt; 36 Prozent sagen, es gehe ihnen schlechter. Im März war das Ergebnis bei derselben Fragestellung unentschieden, zuvor überwogen die negativen Einschätzungen.

Überraschend ist auch eine weitere Bloomberg-Erhebung, die Obama in der Wählergunst mit einem zweistelligen Vorsprung vor Widersacher Mitt Romney sieht. Das widerspricht beinahe allen bisherigen Umfragen, die den Wettbewerb um das Präsidentenamt als Kopf-an-Kopf-Rennen abbilden. Hier aber kommt Obama auf 53, Romney auf 40 Prozent. Und das obwohl seine Wirtschaftspolitik weitgehend negativ gesehen wird: Ihr stimmen nur 43 Prozent zu, 53 Prozent halten sie für falsch. Also muss da noch etwas anderes sein, und das dürfte schlicht Romneys Unbeliebtheit sein: Nur 39 Prozent sehen ihn positiv, 55 Prozent hingegen sagen, er sei „out of touch“, also völlig abgehoben von den amerikanischen Bürgern.

Man muss das mit Vorsicht genießen. Aber selbst wenn viele andere Umfragen diesen deutlichen Vorsprung eher als Ausreißer erscheinen lassen, läuft es viel besser für Obama als die Erfahrung erwarten lassen würde. Die Politikwissenschaftler John Sides und Lynn Vavreck etwa haben Daten bis zu 60 Jahre zurück ausgewertet und ein Vorhersagemodell entwickelt, dass die Zustimmung für den amtierenden Präsidenten mit der Wirtschaftslage in Beziehung setzt – sie kommen zu dem Ergebnis: Eigentlich müsste Obama es in diesen Tagen deutlich schwerer haben. Die Republikaner versuchen, ihm die Schuld für die schwache Wirtschaft zu geben, doch so richtig scheint diese Rechnung nicht aufzugehen. Neben Faktoren, die mit seiner charismatischen Persönlichkeit zusammenhängen, führen Sides und Vavrek dies auf die besonderen Bedingungen zurück: Als Obama sein Amt antrat, war die Wirtschaft bereits im freien Fall. Und viele Amerikaner erinnern sich offenbar daran, wer Präsident war, als die Krise begonnen hat: George W. Bush.