Wenn ich abends im Sessel bei einem Glas Rotwein Anna Karenina lese, meine Mieze Meyer es sich auf meinem Schoß bequem macht und vor Wohlbehagen schnurrt und schnurrt und schnurrt…
Was macht Edvard Munchs Gemälde Der Schrei so besonders? Es ist das Elend der Menschenseele, das uns von der Leinwand aus anspringt. Ich musste daran denken, als ich bei einer Wanderung in Südtirol diesen Baumstumpf sah. Expressionismus pur, gefunden in der Natur.
6.30 Uhr – unerbittlich klingelt mein Wecker. Das Signal für unseren Kater Felix. Er springt ins Bett, kuschelt sich in meinen Arm, und wir träumen zusammen zehn Minuten in den Tag hinein. Was für ein wohltuender Start in jeden neuen Tag!
Jeder besitzt einen Schneebesen und darüber hinaus meist noch verschiedenste elektrische Rührgeräte. Aber einen Quirl? Ich habe einen, und zwar einen selbst gebastelten! Meine Großmutter, die zwei Weltkriege durchlitt und ihr Leben lang sparen musste, machte mir vor, wie das geht. Wenn der Weihnachtsbaum ausgedient hatte, schnitt sie seine Spitze ab, kürzte den obersten Astkranz und entfernte vom Rest fein säuberlich die Rinde. Übrig blieb glattes, hartes Holz – perfekt geeignet zum Eierquirlen. Das selbst gebaute Kochwerkzeug ist zwar selten im Einsatz, aber als Erinnerung an meine kreative Oma aus meiner Küche nicht wegzudenken.
Ingetraut Seidler, Weil am Rhein, Baden-Württemberg
Der fremde Mann, der mir in einem Münchner Kaufhaus verschwörerisch zu raunt, ob ich einen Gutschein möchte. »Nein!«, wehre ich gewohnheitsmäßig ab. Er habe nichts gefunden, sagt er und drängt mir schließlich seine Gutschrift auf – die die Stiefel für meine Tochter um ein ganzes Stück erschwinglicher werden lässt.
Mein Wort-Schatz ist mir in einem Hörbuch von Siri Hustvedt begegnet, der Begriff lautet: Hirnscherben. In der Geschichte geht es um eine Frau, die von einem Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen wird. Rückblickend beschreibt sie das Durcheinander in ihrem Kopf, die unsortierten Gedanken mit just diesem Begriff »Hirnscherben«. Ein treffendes, ein in den Ohren klirrendes Wort, wie ich finde, für die bedrückende Empfindung, keinen klaren Gedanken fassen zu können.
Es steht jedoch auch für viele fragile Gedanken, Bilder und Worte, die es wieder zusammenzusetzen gilt. Und vielleicht trauen wir uns sogar und fegen in der einen oder anderen Situation die Scherben einfach weg und machen den Weg frei für etwas Neues.
Wir sitzen im Kreis. Ich führe die Subtraktion ein und habe den Eindruck, dass die Kinder alles gut verstehen. Auf meine Frage »Wer von euch möchte denn nun eine Minus-Rechengeschichte erzählen?« meldet sich Joel. Erwartungsvoll nehme ich ihn dran. Er sagt: »Frau Lang-Petroll, du hast heute sooo ein schönes T-Shirt an.« Bestätigung von allen Seiten! So was erlebt man nur im ersten Schuljahr!
Immer wieder höre ich ältere Menschen darüber jammern, dass früher alles besser gewesen sei. Diese Vergangenheitsbeseelten leben häufig im Saft der Erinnerungen. Man möchte ihnen zurufen: Nutzt die Energie für das »Heute« und wehrt euch gegen Unrecht!
In der Nacht vom Bahnhof nach Hause laufen, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Zeit, um den Blick und die Gedanken nach oben zu wenden. Die Antwort? Sterne.