Unser Quartett: Instrumente auspacken, stimmen, losspielen. Bald fliegen die kleinen Sorgen mit den Tönen auf und davon. Und das regelmäßig seit 25 Jahren!
Schwammerlsuchen in der Steiermark. Den Blick geschärft – nicht nur für Pilze, sondern für alles, was im Verborgenen blüht –, sehe ich an einem Haus wunderschöne alte Metallbuchstaben: »Putzerei«. So heißt in Österreich die Chemische Reinigung. Vergilbte Scheiben verraten: Es war einmal. Im Gemeindeamt frage ich nach dem Hausbesitzer, und einen Anruf später bin ich im Tausch gegen einen Blumenstrauß und ein Kochbuch stolze Besitzerin von acht Buchstaben. Aber was mach ich jetzt damit? Es ist, als hätte ich vor lauter Eifer zu viele Schwammerln gesammelt. Ich lege, drehe und wende. Und mit einem Mal liegt sie vor mir: die pure Zeit.
An einem herrlichen Herbsttag von meiner Arbeitsstelle auf 2000 Meter Höhe in die Ferne zu schauen und daran zu denken, dass meine große Liebe aus dem Spessart zur Wintersaison wiederkommt.
Mein Vater. Der schlaueste Mensch, den ich kenne, und mein größtes Vorbild. Der selbst nachts um zwei erreichbar ist, wenn ich auf meiner Asienreise in Vietnam ausgeraubt werde. Und der sich dann die Nacht damit um die Ohren schlägt, meine Konten zu sperren und Passwörter zu ändern. Danke, Papa, dass du immer bei mir bist, auch wenn ich so weit weg bin.
Im Zug zwischen Hannover und Hamburg. Um mich viele Gesichter mit leerem Blick. Erschöpft nach einem langen Arbeitstag. In Gedanken. Worüber dachten sie wohl nach? Über das, was vor der Zugfahrt passiert war? Über das, was sie danach erwartete? Eines hatten sie alle gemeinsam: Keiner schien so richtig im Hier und Jetzt zu sein. Alle waren auf der Durchreise.
Kilometer 35. Jeder Schritt schmerzt. Seit zwei Kilometern sage ich meiner Laufpartnerin: »Gleich kommt Thomas!« Und als er uns zum dritten Mal auf dieser Strecke mit Getränken, Anfeuerung und einem Lächeln versorgt, weiß ich: Ich kann den Marathon schaffen.
Auf einem gerade abgeräumten Beet haben unsere beiden kleinen Töchter eine Wohnung für den Maulwurf ge- baut: mit Gartenzaun aus Maisblättern, Blütenblättergepolstertem Sessel und einem weichen Grasbett mit Bohnenblatt-Decke. Vielleicht lässt sich Herr Grabowski durch dieses wunderbare Wohn-Angebot davon abhalten, in diesem Winter wieder unseren Garten flächendeckend mit Hügeln zu versehen?
Die Erinnerung an meinen ersten Alpsommer in diesem Jahr. Nach fünfzehn Sommern im Büro endlich mal draußen sein, körperlich arbeiten und erfahren dürfen, dass es immer noch Orte gibt, wo Tier und Natur den Arbeitsrhythmus vorgeben.
Endlich wieder in Berlin zu sein, bei meinem Sohn und seiner kleinen Familie. Wie immer dauert es eine Weile, bis meine Enkeltochter, zwei Jahre alt und von Geburt an fast blind, zu mir kommt. Dann legt sie ihre Ärmchen um meinen Hals, kommt meinem Ohr ganz nahe und flüstert leise nur ein Wort: »Opa!«