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Gelackmeiert: Mein Wort-Schatz

Als Teenager war ich heftig verliebt in einen für mich unerreichbar scheinenden jungen Mann. Eine Freundin, die davon wusste, erzählte mir eines Tages, dass ebendieser Mann Interesse an mir zeigte und mich unbedingt treffen wollte. Ohne zu zögern, ging ich auf ihn zu und bekundete meine Freude. Er wusste von nichts! Wie peinlich! meine Freundin sagte: »Jetzt bist du aber gelackmeiert«, was so viel heißt wie »angeschmiert«.

Danach war sie nicht mehr meine Freundin.

Marita Schauf, St. Katharinen, Rheinland-Pfalz

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Enkel feiert seinen zwölften Geburtstag. Ich fahre ihn ausnahmsweise zur Schule, weil er so schwer beladen ist mit einer Kuchenbox voller Muffins – es duftet köstlich nach Schokolade! Ich: »So schade, dass die alle in die Schule sollen!« Er: »Keine Sorge, Oma, ich bewahr dir ein Muffin auf!« Ich lächle nur. Nachmittags, nach 60 Minuten Schulweg in U-Bahn und zwei Bussen, taucht mein Enkel vor meinem Fenster auf und schwenkt triumphierend die Box mit dem Schokomuffin: »Oma, hab ich es dir nicht versprochen?!«

Ute Reincke, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Gerade ist der vollste Mond des Jahres aufgegangen. Ich sehe ihn von meinem Fenster aus, als mein Telefon klingelt. Zu dieser nächtlichen Stunde kann es nur mein einstiger Lebenspartner – inzwischen vertrauter Freund auf 500 Kilometer Entfernung – sein. Ich hebe ab und sage nur: »Ich sehe ihn auch.« Nach 46 Jahren weiß man, wie der andere tickt.

Mechtild Becker, Pritzwalk, Brandenburg

 

Zeitsprung: Gartenfreuden

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Das erste Bild zeigt mich im Alter von knapp zwei Jahren im Garten meines Großvaters. Das Bild meiner ebenfalls zweijährigen Tochter (unten) wurde 34 Jahre später, im vergangenen Sommer, aufgenommen. Mein Opa ist leider verstorben, aber der Garten ist erhalten geblieben und wird nun von meiner Tante bewirtschaftet. Man beachte die unterschiedliche Kleidung der Kinder: Zog man im Sommer 1978 noch Kleidchen und Kniestrümpfe an, waren im Juni 2012 Jeans und Sweatjacke das passende Outfit für kleine Gärtner. Nicht nur der Garten, auch der Modegeschmack der Mütter hat sich verändert…

Anke Bartsch, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Auf dem Gehweg einer Wohnstraße entdecke ich eine Seniorin, die sich per Roller fortbewegt: Roter Lenker und kräftige Räder! Gut gelaunt wirft die alte Dame ihr Schwungbein vor und zurück. Als ich staunend stehen bleibe, ruft sie mir zu: »Wollen Sie auch mal fahren?« Ich – selbst bereits in den Siebzigern – setze zur Proberunde an: wunderbar!

Gerda Held, Oerlinghausen, Nordrhein-Westfalen

 

Die Kritzelei der Woche

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Während eines – etwas längeren – Telefonates mit einer Freundin ist ganz unverhofft dieser Fisch entstanden. Als ich später nach dem Datum sehen wollte, welches mir meine Freundin durchgegeben hatte, erschrak ich ein bisschen, weil ich während des Kritzelns gar nicht gemerkt hatte, dass ich einen Fisch malte und dass dieser dann auch noch genau über den notierten Termin hinwegschwamm… Aber ich mag ihn!

Lena Versick, Hildesheim

 

Bulekater: Mein Wort-Schatz

Nasebohrend saß unsere Enkelin uns, den Großeltern, gegenüber, und auf die Frage: »Hast du einen Bulekater?« antwortete sie spontan ganz empört: »Nein!« Klang ihr das Wort zu schlimm, oder kannte sie es möglicherweise gar nicht? Wer benutzt diesen originellen Ausdruck für »Popel« schließlich noch? Wir!

Ob Bullekater, Pulekater – für uns ist’s der Obige!

Helga und Matthias Puck, Lübeck

 

Tüte mit Erinnerungswert

Beim Einkauf in einem alteingesessenen Geschäft für Saatgut in Wismar zauberte mir die Verpackung spontan ein breites Lächeln ins Gesicht. Fast ein Vierteljahrhundert nach der Wende erhielt ich dort eine Papiereinkaufstüte aus der ehemaligen DDR. Sofort wurden Kindheitserinnerungen wach, zum Beispiel an Brötchen, die nur fünf Pfennige kosteten und die wir immer in diesen Tüten nach Hause trugen. Die wie frisch aus der Fabrik wirkende Tüte erhält einen Ehrenplatz an meiner Küchenpinnwand!

Manuela Bolze, Wismar

 

 

Was mein Leben reicher macht

Am Isarstrand baden, sich mit der Strömung treiben lassen, das kühle Nass genießen und am Strand Steine gucken. Dann treten mein Allerliebster und ich uns gegenüber – beide eine Überraschung hinter dem Rücken verborgen: Wir überreichen uns gegenseitig einen Herzstein, gleichzeitig und jeweils völlig unerwartet.

Anke von Skerst, Unterhaching bei München

 

Memento mori

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Der Vater eines guten Freundes verstarb sehr plötzlich in Italien an einem Herzschlag. Glücklicherweise konnte ich kurzfristig hinreisen, um an der schönen, wenn auch traurig stimmenden Beerdigung teilzunehmen.

Vor dem Rückflug entdeckte ich in Bergamo dieses Graffito, das prägnanter die Reise und das Leben nicht hätte beschreiben können.

Johanna Mirring, Berlin