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Dass gar es schwele

(nach Stefan George, »Das Jahr der Seele«)

Sie schieben, schwergewicht, mit sattem blicke
Den einkaufswagen hin zum schlachtertresen
Sie zeigt aufs fleisch bedacht ob er auch nicke
Dass ihrer leiber notdurft werd genesen

Sie weilen unter schattenreichen bäumen
Wo schlund und mund von bieres trunke keuchen
Dort wo die andern platt vom grillen säumen
Im glimmlicht schimmernd feuchte bäuche leuchten

Sie blicken auf ihr grillgut innernd blickes
Sie sinds zufrieden wie bei malz und hopfen
Es dampft das fleisch geölt ob dünn ob dickes
Die heißen fette in den abbrand tropfen.

Albrecht Braune, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Schwiegermutter, die sich tatkräftig um unser Baby kümmert, mir den Rücken freihält und mich auch verwöhnt, wenn sie nicht bei uns ist – mit Massagegutscheinen und Päckchen mit großen und kleinen Überraschungen sowie gefalteten Zeitungsartikeln. Damit ich das Zeitgeschehen nicht völlig verpasse.

Verena Neb, Ingolstadt

 

Alles Paletti: Mein Wort-Schatz

In der ZEIT Nr. 31/13 vom 25. Juli schrieb unser Leser Gunter Knauer aus Meerbusch, sein Wort-Schatz sei der Ausdruck Paletti, den er »Anfang der achtziger Jahre« selber erfunden habe. Danach habe sich die Redewendung »Alles paletti« sehr schnell verbreitet, sogar ein Londoner Taxifahrer habe ihn in seiner Gegenwart gebraucht. Nun melden zwei Leserinnen entschiedenen Widerspruch an:

Ich muss Herrn Knauer widersprechen: Sowohl mein Mann als auch ich kennen die Redewendung »Alles paletti« schon aus unserer Jugend in den sechziger und siebziger Jahren im Raum Hannover. Alles Paletti hieß auch ein TV-Spielfilm im Jahr 1985 nach einer Novelle von Leonhard Lentz. Wer immer das Wort wirklich erfunden hat: Herrn Knauer gebührt ein dickes Lob dafür, dass er »paletti« in diese Rubrik gebracht hat.

Dagmar Behschnitt, Bad Fallingbostel

Oh, oh, oh! Nun kenne ich ja nicht das Geburtsdatum von Herrn Knauer aus Meerbusch, aber meines ist der 12. August 1945, und ich bin mit dem Wort »Paletti« groß geworden. Es gehörte zum Sprachgebrauch der Familie meiner Mutter, einer geborenen Sycha, in Ibbenbüren im nordöstlichen Münsterland. Meine Mutter wurde im Juni 1918 in Marienwerder, Westpreußen, geboren und lebte bis zum Oktober 2000. Und vielleicht hat der Duden doch recht: »Herkunft ungeklärt«.

Anne Franzbecker, Paderborn

 

Zeitsprung: Filmreif

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Es ist schwer zu sagen, was meinem Urgroßvater Wilhelm Nagel bei der Eröffnung seines ersten Kinos in Ludwigsburg durch den Kopf ging. Vermutlich war er sehr nervös durch die Anwesenheit des Königs Wilhelm II. von Württemberg. Urgroßvater war ein Filmpionier der ersten Stunde, begann mit einem Wanderkino, die Zuschauer zu begeistern. 1945 beschlagnahmte die US-Armee das Kino für ihre Soldaten. Aber auch hier half mein Vater Hasso Wollenschläger mit und durfte bei der einen oder anderen Vorstellung durch das Projektionsfenster sehen. Noch heute befindet sich das Unternehmen fest in Familienhand und wird mittlerweile von der vierten Generation betrieben. Es hat nicht nur zwei Weltkriege und die Besatzungszeit überstanden, sondern auch das Kinosterben Anfang der Achtziger Jahre sowie den Verdrängungswettbewerb durch die Multiplexwelle. Der Eingangsbereich hat sich stark verändert – auch durch den Bau eines neuen Bürogebäudes und eines weiteren Kinosaals. Das Kino ist längst digitalisiert. Doch noch immer gehen die Zuschauer durch den Eingang, den einst seine Majestät eingeweiht hat.

Claus Wollenschläger, Ludwigsburg

 

Was mein Leben reicher macht

Der Geruch nach frischem Johannisbeerkuchen und mein Mitbewohner, der neugierig in die Küche linst! Jeden Freitag ziehe ich einen anderen Obstkuchen nach dem Rezept meiner Mutter aus dem Ofen – und bin dankbar, dass sie mich schon ganz früh mit ihrer Backleidenschaft angesteckt hat!

Janne Irmisch, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Mit einem lieben Freund habe ich das Sommerhaus von Bertolt Brecht und Helene Weigel in Buckow in der Märkischen Schweiz besucht. Keinerlei Luxus im heutigen Sinn. Aber ein traumhaftes Grundstück am See und am Wald! Seitdem ist mein Leben um einen Traum reicher: So ein Zuhause zu haben. Es wird ein Traum bleiben, aber ein sehr, sehr schöner.

Rita Münster-Jacobsen, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Mit meiner Mutter – sie ist 62 – eine Woche lang durch die Alpen zu wandern, jeden Tag spielend mehr als tausend Höhenmeter zu machen und von deutlich jüngeren Wanderern mit den Worten vorbeigewinkt zu werden: »Lasst mal die Mädels durch, die sind schneller als wir!«

Judith Kirchner, Hannover