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Was mein Leben reicher macht

Palma de Mallorca, Fußgängerzone. Eine Frau hält, auf dem Pflaster sitzend, ihren kleinen Sohn umschlungen. Der Vater geht daneben nervös auf und ab. Drei uniformierte Männer sprechen in Sprechfunkgeräte. Plötzlich kommt ein Polizeibus heran. Die seitliche  Schiebetür öffnet sich, ein Mädchen springt heraus und umarmt die Frau. Die ganze Familie weint vor Glück. Alle Umstehenden freuen sich mit.

Bernd Blümlein, Heilsbronn, Mittelfranken

 

Zauberschön: Mein Wort-Schatz

Wann ist etwas zauberschön? Sind es Lichtstrahlen, die durch ein kleines Kirchenfenster kriechen und sich dann doch ganz ungewollt  den Weg ins Herz suchen? Kinderlachen, der tobende Nordwind auf einer Insel? Gerne geht man auf Entdeckungsreise zu diesen Dingen, zum Sehen, zum Lauschen, zum Staunen. Und egal, ob es dieses Wort nun tatsächlich gibt oder nicht. Es ist ein Geschenk, sagen zu  önnen: Es ist zauberschön!

Stephanie Kraft, Freising

 

Was mein Leben reicher macht

Ich sitze auf einem Hügel bei Ouzoud, im frühlingshaften Marokko. Da höre ich von einem anderen Hügel her einen Kuckuck rufen, und plötzlich beginnt ein Esel zu schreien. Vor fünfzig Jahren habe ich das alte Maienlied gelernt, jetzt wird es Wirklichkeit: »Der Kuckuck und der Esel, die hatten einen Streit …«

Marianne Winter-Blohm, Münster

 

Minnefürst

(nach Johann Wolfgang von Goethe, »Erlkönig«)

Wer schreibt denn so spät noch ein Gedicht?
Es ist Herr Goethe im Dämmerlicht;
Er wiegt die Reime wohl zärtlich fein,
Doch plötzlich, da fällt ihm nichts mehr ein.

Was stehst du so spät noch hier am Pult?
Fragt ihn Christiane voll Ungeduld.
Ich schreibe dir ein Liebesgedicht,
Doch meine Gedanken, sie fließen nicht.

Ach Liebster, lass doch das Dichten sein!
Ich lieg’ schon seit Stunden so allein.
Ich möcht’ nicht lesen von der Liebe,
Möcht’ spüren all die süßen Triebe!

Komm, mein Geliebter, folge mir nach!
Komm mit mir in unser Schlafgemach!
Hier kannst du rasten, kannst du schmusen
Und dich ergötzen an meinem Busen.

Da leistet er keinen Widerstand
Und folgt ihr gern in himmlisches Land.
Er öffnet ihr das feine Mieder,
Und alsbald sinken beide nieder.

Was sonst noch geschah in jener Nacht,
Hat Eckermann uns nicht überbracht.
Tags drauf schrieb Goethe mit leichter Hand:
»Von meiner Liebe so zartem Band.«

Am Abend liest er die Verse vor.
Christiane lauscht mit offenem Ohr,
Und hochbeglückt sie zu ihm spricht:
Das ist das schönste Liebesgedicht!

Mit all den Worten, die du findest,
noch fester du mich an dich bindest.
Oh Liebster, du bist ein Genie;
Im Bett und in der Poesie!

Wolfgang Lörzer, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Im Eiscafé. Vor mir bestellt sich ein etwa fünfjähriges Mädchen eine Kugel Eis. Als sie das Eis gereicht bekommt, fragt sie, ob sie vielleicht noch eine Kugel drauf haben könne. »Klar!«, meint die Verkäuferin. Die Kleine nimmt ihre zwei Kugeln Eis und reicht der Dame einen Euro. Darauf diese: »Das reicht aber nicht!« Das Mädchen schleckt bereits, lächelt die Verkäuferin an, nickt und geht freudig aus dem Geschäft. Meine Tochter ist erst neun Monate alt, aber ich freue mich heute schon auf solche Situationen!
Daniel Gilde, Potsdam

 

Straßenbild

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Auf dem Weg über Tankenrade nach Lebatz fiel mir dieses »Wohnzimmer im Grünen« auf. Wer wohl schon alles auf diesem Sofa gesessen hat?
Heino Aron Veldhoen, Strenglin, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Buschwindröschen auf sattgrünem Frühlingswaldboden und der nette ältere Herr, der mir auf meiner Lieblingsradstrecke ein fröhliches »Hallo, lang nicht gesehen!« auf entgegenruft.
Kathrin Werner, Burg Stargard, Mecklenburg-Vorpommern

 

Alltagskunst

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Diese Kritzelei ist an der Uni entstanden. Ich studiere Architektur. In meinem letzten Seminar wurden Referate gehalten, und gleich mehrere Gruppen referierten über dasselbe Thema: Raucherpolitik in weltweit operierenden Firmen. Alle überzogen maßlos. Vor lauter Langeweile fing ich zunächst an, den Block mit  Linien zu bemalen. Von Zeit zu Zeit kamen Motive hinzu, und ich stellte meiner Tischreihe flüsternd Rätsel – wie etwa »Wo hat jemand Heimweh?« (Das Marsmännchen) »Was wird gestohlen?« (Der Apfel) »Wer hat keine Probleme zu atmen?« (Das Weltraumschaf, das über einen Versorgungsschlauch mit seiner  Heimatwolke verbunden ist). Nachdem meine Gruppe präsentiert hatte, entwickelte sich die Zeichnung immer weiter …
Imke Zugermeier, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Volkshochschulgruppe von Senioren zwischen 69 und 88. Woche für Woche erzählen sie mir ihre Geschichten: traurige, lustige, überraschende Geschichten vom Krieg, von der DDR, von der Wende. Welche Weisheit, Toleranz und welcher Lebensmut aus ihren Geschichten spricht! Und das alles auf Englisch.

Hazel Förster, Zwickau