Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

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Als ich die Memoiren meines Vaters, des Leutnants Hans Joachim Seidel, aus dem Ersten Weltkrieg für eine Veröffentlichung vorbereitete, fiel mir sein Heimatfahrschein wieder in die Hand. Nach einem fast tödlichen Absturz seines Flugzeugs war mein Vater monatelang in Lazaretts in Nazareth, Afule und Damaskus gewesen und gerade einigermaßen geheilt worden. Ganz kurz vor dem Zusammenbruch der türkischen Front in Palästina und der alliierten Landung im Balkan, welche die Eisenbahnverbindung unterbrach, konnte er noch zweiter Klasse nach Deutschland zurückfahren.

Michael Seidel, San Diego, Kalifornien, USA

 

Was mein Leben reicher macht

Heidi, meine Frau, geht morgens früher aus dem Haus und liest daher die Tageszeitung vor mir. Und wenn ich dann später die Seiten aufschlage, finde ich jeden Tag einen netten Gruß, zwischen den Zeitungsberichten versteckt. Ich liebe diese Botschaften – und meine Frau!

Wolfgang Hauke-Taukert, Neustadt/Aisch, Bayern

 

Weiland: Mein Wort-Schatz

In einem Lesebuch, verlegt 1899, las ich über den Verfasser »weil. Professor am Königlichen Gymnasium zu Wiesbaden«. Die Abkürzung »weil.« stand für weiland, doch dieses Wort gibt es nicht mehr. Man sagt »einst« oder vielleicht auch »einstmals«. Wenn man aber das Wort Weiland noch benutzen würde, könnte man sich an den Dichter Ch. M. Wieland erinnern, der weiland in Erfurt und Weimar wirkte.

Karl-Josef Mewaldt, Buxheim (Schwaben)

 

Der Wahlkrampf

(nach Rainer Maria Rilke »Das Karussell«)

Mit Autos, Hubschraubern und Bussen dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von Kandidaten, alle aus dem Land,
das hoffentlich so bald nicht untergeht.
Zwar manche haben nicht sehr viel Format,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
eifrige Helfer gehn mit ihnen
und dann und wann ein Spitzenkandidat.

Sogar das Fernsehen ist da mit Team,
das filmt die Wahlveranstaltung in Gänze;
und mancher Kandidat würd gern intim.

Dann denkt er aber doch an seine Wähler
und hält in seiner großen heißen Hand
das Mikrofon und spricht tagtäglich greller.

Und dann und wann ein Spitzenkandidat.

Und auf den Märkten kommen sie vorüber,
auch Frauen, helle, die es mal versuchen,
größere Wahlerfolge zu verbuchen,
als Männer von sehr viel kleinerem Kaliber –
Und dann und wann ein Spitzenkandidat.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat ein Ziel:
Rot-Grün oder Schwarz-Gelb abgewendet,
die sonstigen Parteien zählen nicht so viel –,
Und manches Mal Attacken, schnell versendet,
in Presse, Facebook, Fernsehn eingeblendet –
noch bis September dauert dieses Spiel …

Brigitte König, Ingolstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Feierabend. In der vollen S-bahn lese ich auf meinem E-Book-Reader. Eine alte Dame und ihre junge Enkelin beobachten mich. als die Oma leise fragt, was ich denn da mache, antwortet das Mädchen: »Das, was ihr früher mit euren Büchern gemacht habt, Oma. Das zeig ich dir heute Abend zu Hause auch mal.« Die Oma strahlt und ruft: »Oh, gerne!«

Ömer Ayranci, berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn mein Bruder, der gut 600 Kilometer von uns entfernt am Bodensee lebt, am Samstagabend anruft und fragt, was wir gerade machen. Er sei auf dem Weg von Rotterdam zurück nach Süddeutschland und könnte einen Zwischenstopp bei uns einlegen. Wir verbringen einen wunderschönen, geschenkten Abend miteinander und können am nächsten Morgen auch noch einen sonnigen Winterspaziergang unternehmen, bevor er in den Zug nach Süden steigt. Wie schön, dass sich Geschwister trotz so verschiedener Leben und großer Entfernung so vertraut sein können.

Anke Mülheims, Alpen, Niederrhein

 

Flöttken und Dalles: Mein Wort-Schatz

Als Kind und junges Mädchen besuchte ich gern zwei alte Tanten im Rheinland, von denen eine sehr spendabel war. Ich bekam oft ein Flöttken – einen Scheck oder einen Geldschein –, und so griffen sie mir finanziell unter die Arme, wenn ich den Dalles hatte. Leider sind diese Wörter – wie meine Tanten – nicht mehr von dieser Welt.

Uta von Treyer, Eschwege, Hessen

 

Das ist mein Ding

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Hier sehen Sie unseren Wasserkessel aus alten Zeiten! Er hat die Familie meines Mannes bereits in den fünfziger Jahren zum Camping nach Bibione in Italien begleitet. Seitdem hat er viele Reisen durch Europa unternommen und gehört inzwischen der dritten Generation, die immer noch mit ihm kocht. Dass er vor über dreißig Jahren mal am ufer der Dordogne für den vergessenen Gaskocher auf der Glut des Lagerfeuers an einem frühen Nebelmorgen das Kaffeewasser heiß machte, sieht man ihm nicht an – er hat sich gut gehalten! Heute darf er in unserem neuen Wohnmobil mitfahren – und wir freuen uns jeden Morgen über das anheimelnde Rauschen, wenn gleich das Wasser kocht und bald der Kaffee duftet!

Gabriele und Jörg Büschkin, Lilienthal, Niedersachsen