Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Letzte Woche bekam ich Besuch von einer Kindheitsfreundin, die ich seit Jahren nicht gesehen habe. Wir hatten einen wunderbaren Nachmittag, und wenn ich Glück habe, dann werden wir Ende des Sommers vielleicht sogar in der gleichen Stadt leben. Wenn es doch nur schon September wäre!

Mascha Kaddori, Greifswald

 

Herzlich willkommen: Mein Wort-Schatz

Herzlich willkommen. Egal, ob im Fernsehen, im Supermarkt oder auf dem Display des Bankautomaten, alle »herzen« uns. Ein Missbrauch. »Herzlich willkommen« sind Freunde und die Familie! Ansonsten reicht »Willkommen« oder ein »Guten Tag«.

Wolfgang Schüler, Hameln

 

Das ist mein Ding

s68-ding

Diese Schüssel gibt es, seit ich denken kann. Sie wurde als Salatschüssel genutzt, zum Anrühren von Kuchenteig und selbst einen Sturz aus dem zweiten Stock überlebte sie. Meine Mutter hatte damals einen Heringssalat mit Roter Bete und Kartoffeln zubereitet. Diese beiden Zutaten waren wohl noch ein wenig warm. So stellte meine Mutter die Schüssel ans geöffnete Fenster. Irgendwo in der Wohnung muss dann jemand ein weiteres Fenster geöffnet haben, es entstand Zugluft, und die Schüssel verschwand im Abgrund. Doch fand sie sich heil im Beet unterhalb des Fensters wieder, der Heringssalat lag als rundes Ganzes daneben. Vorsichtig schöpfte meine Mutter damals das Brauchbare ab und vergrub den Rest. So konnte jeder von uns wenigstens eine kleine Portion Salat genießen. Nun dient die Schüssel schon fast 30 Jahre in meinem Haushalt. Und wenn jemand das betagte Stück bewundert, dann erzähle ich diese Geschichte.

Verena Klee, Sottrum, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Aus dem Keller wurden sämtliche Getränke für eine geplante WG-Party geklaut. Ich fühle mich von der Welt betrogen. Zwei Tage später ein Brief von meinen Eltern mit fünfzig Euro darin. Auf der Karte liebe Grüße und der Hinweis: »So viel Alkohol ist auch nur schädlich.«

Johanna Petersen, Göttingen

 

Wiedergefunden

s68-wiedergefunden

Wegen einer Blinddarmentzündung musste mein Vater im Februar 1953 operiert werden. Die Rechnung dafür fand ich beim Aufräumen unter einem Haufen von Papieren wieder. Wenn man die heutigen Krankenhauskosten kennt (ein Kliniktag für Privatpatienten kostet etwa 700 Euro!), erscheinen 52,50 Mark unglaublich!

Dr.med. Hans Jörg Hirsch, Neustadt, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Abschlussklasse in der Berufsschule: Nach einer zugegeben inhaltsreichen Sozialkundestunde stöhnt mein Schüler Berhat: »Oh Gott, Frau Kovac, wir können nicht mehr, unsere Gehirnzellen sind schon ganz tot!« Allgemeines Gelächter. Ich mit breitem Grinsen: »Den Eindruck habe ich manchmal auch …« Noch mehr Gelächter, und ich habe den ganzen Tag gute Laune.

Hajnalka Kovac, München

 

Herzerfrischend: Mein Wort-Schatz

Meine Frau ist Erzieherin in einer Kindertagesstätte. Neulich, als sie ziemlich erschöpft nach Hause kam, erzählte sie, dass zwei Mütter ihr, unabhängig voneinander, gesagt hätten, wie froh sie darüber seien, ihre Kinder so gut aufgehoben zu wissen. Sonst sind die Eltern sparsam mit Lob. Die Komplimente wirkten im wahrsten Sinne des Wortes herzerfrischend.

Dieter Bertram, Butzbach, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Ich wälze ein Problem. Mein Mann hört mir die ganze Zeit geduldig zu. Irgendwann frage ich ihn – vom schlechten Gewissen geplagt –, ob ihm meine Litanei nicht zu viel würde. »Sag es ruhig noch zehnmal – was rausmuss, muss raus«, meint er. Ich liebe ihn.

Marina Verdel, Uetersen, Schleswig-Holstein

 

Übergriffe

Nach Heinrich Detering »Kilchberg«

täglich andere Ängste
und immer dieselbe Angst
die größte die stärkste die längste:
dass du wieder zulangst

dass du nie genug kriegst
dass es dir nie genügt
dass meine Sicherheit Trug ist
dass du lügst

Angst vor deinem Körper
Angst vor deiner Gier
nachts das alte Entsetzen
dann bist du immer noch hier

Angst in geschlossenen Räumen
such ich den eigenen Platz
den Schutz vor den furchtbaren Träumen
und einen verlässlichen Satz

Und hab ich den gefunden
in den Vertrauen sich lohnt
vielleicht heilen meine Wunden
der Täter wird häufig geschont.

Ursula Schulze, Linnich, Nordrhein-Westfalen