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Was mein Leben reicher macht

Der ICE am Samstagmorgen nach Frankfurt – ein blindes Pärchen tastet sich elegant durch den Waggon – meine Nachbarn und ich, wir zwinkern uns zu: RESPEKT!

Gunther Ruettiger, Frankfurt/Main

 

Was mein Leben reicher macht

Der Schuhhändler im süditalienischen Lecce, der mir weiche, handgefertigte Ledersandalen über die pflastermüden Füße streift und mir erklärt, wie die billige Ware aus China ihm das Leben schwer mache. Er lächelt stolz: »Du erwirbst mit diesen Schuhen ein Produkt höchster Qualität. Sie werden dich tragen, egal wie weit. Und wenn du das nächste Mal nach Lecce kommst, dann besuch mich und erzähl mir, wie es dir ergangen ist.«

Cornelia Hickmann, Dresden

 

Was mein Leben reicher macht

Nach dem Abstieg vom Huayna Picchu kehren wir in der Dämmerung ins Ausgangslager zurück, setzen uns ans Bachufer und tauchen unsere geschundenen Füße ins Wasser. Unter dem Eindruck der Erlebnisse stimme ich – mitten in Peru – ein deutsches Volkslied an: »Abendstille überall.« Da erklingt vom anderen Ufer die Fortsetzung des Lieds: »Nur am Bach die Nachtigall.« Überraschung! Leider haben wir die Sängerin nicht kennengelernt, denn inzwischen war die Sonne ganz untergegangen.

Werner Göpel, Kaufbeuren

 

Hamburger Staatsangehörigkeit

In einem Lederköfferchen meiner verstorbenen Eltern fand ich eine für mich zunächst rätselhafte Urkunde. Mit dem Dokument aus dem Jahre 1927 wurde meiner in Hamburg geborenen Mutter bescheinigt, die »Staatsangehörigkeit« der Stadt erworben zu haben. Fünf Mark hat sie dafür bezahlt, ein damals nicht ganz unerheblicher Betrag. Da drängen sich Fragen auf!

Warum »Staatsangehörigkeit in der freien und Hansestadt Hamburg«? Warum nicht »deutsche Staatsangehörigkeit«? Und warum hatte sie diese nicht von Geburt an? Des Rätsels Lösung: Mutter war 1906 als uneheliches Kind auf die Welt gekommen. Nicht eheliche Kinder bekamen aber erst ab 1914 automatisch die Staatsangehörigkeit ihrer Mutter. Und eine einheitliche deutsche Staatsbürgerschaft gab es erst 1934!

Günther Feller, Adendorf, Niedersachsen

 

Gongeln: Mein Wort-Schatz

Gongeln. Ich verwende den Ausdruck seit Kindertagen. Doch meine Frau kannte ihn nicht. Es handelt sich dabei um einen Zustand zwischen wachen und schlafen. Aber dösen ist es eigentlich auch nicht. Beispiel: Hast du heute Mittag gut geschlafen? Ach, ich hab nur ein bisschen gegongelt. Übrigens: Das Computer-Korrekturprogramm schlägt alternativ gondeln und gängeln vor, aber damit ist es völlig auf dem Holzweg!

Peter Haas, Teningen, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Große Distanzen dank moderner Technik überwinden: Meine Mutter in Deutschland ruft via Internet im weit entfernten Oman an: »Haaalloooo, Schätzchen, hörst du mich?« Wie schön, und wie vertraut!

Marina Tsaliki, Maskat, Oman

 

Däuen: Mein Wort-Schatz

Zur Kur im niederbayerischen Bad Birnbach. Da die Knochen ächzen und ich nichts mehr tragen soll, hab ich auf dem Weg zum Bade ein Rollwägelchen dabei. Das Pflaster allerdings zeigt seine Tücken, die Rädchen bleiben immer wieder in den Fugen hängen. Plötzlich eine Stimme hinter mir: »Däuen, nicht ziehen!« Der Mann lächelt freundlich und geht weiter. Danke! Lang nicht mehr gehört, dieses alte kölsche Wort für »schieben« und »stoßen«. Und jetzt hier, im tiefsten Bayernlande!

Anna Wefers, zzt. Bad Birnbach

 

Das ist mein Ding

Die alte Kamera meines Vaters. Er kaufte das besonders lichtstarke Objektiv vor knapp 30 Jahren, um meine Geburt fotografisch festhalten zu können. (Blitze waren im Kreißsaal nämlich strengstens verboten.) Heute freut er sich darüber, dass ich diese Kamera zu schätzen weiß, und ich freue mich über die schönen Bilder, die sie mir liefert. Sie begleitet mich auf jeden Ausflug, jede Reise. Eigentlich nehme ich sie überall mit hin. Die analoge Fotografie reizt mich, denn dank der digitalen Bilderflut bin ich übersättigt von perfekt nachbearbeiteten Aufnahmen.

Katrin Bauer, Dortmund