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Hitlerzeit im Schulheft

Meine Tante, die 1927 geboren wurde, hat alte Schulhefte gefunden, in denen wir kürzlich zusammen gelesen haben. Wirklich sehr beeindruckend sind die Sprache, die Rechtschreibung und die schöne Schrift der damals erst Sieben- oder Achtjährigen. Bei ihr wurde die Messlatte allerdings auch immer besonders hoch angelegt, da ihr Vater gleichzeitig ihr Lehrer war. Ebenfalls prägend war sicher die Erfahrung, mit Kindern von bis zu vier Klassenstufen gleichzeitig in einem Zimmer unterrichtet zu werden. Irritierend für uns heute, aber wohl typisch für die Zeit: Zwischen Aufsätzen wie »Unterm Christbaum« und weiteren herrlichen Geschichten finden sich auch immer wieder Bilder von Fahnen und Aufmärschen der Nazis.

Johanna Horlacher, Vellberg, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Die Linden blühen, mein Lieblingsduft. »Wie das gut riecht!«, sage ich zu meinem Enkel Simon. Worauf mich der Dreijährige korrigiert: »Oma, das duftet!«

Brunhild Lucas, Köln

 

Zeitsprung

 

Im Mai dieses Jahres machte ich mich auf den Weg zu einer Wanderreise ins Riesengebirge. Im Rucksack hatte ich das Foto meiner Großmutter (oben). Ich trage ihren Vornamen, weiß allerdings wenig über sie. Sie starb nur wenige Jahre nach der Flucht aus Breslau in Norddeutschland. Ich habe sie nie kennengelernt. Auf meiner Reise hoffte ich, den Ort zu finden, an dem mein Vater etwa im Jahr 1935 das Foto seiner Mutter machte, das bis zu seinem Tode in seinem Schlafzimmer hing. Bei meiner Tour zeigte ich das Foto der polnischen Wanderführerin, und sie identifizierte die Stelle sofort: bei der Burg Kynast, von der wir eben herabgestiegen waren! Spontan entschloss ich mich, mit meinem Mann den Aufstieg gleich noch einmal zu machen! So kam es zu dem Bild unten: die Enkelin gleichen Namens, jetzt ungefähr im gleichen Alter wie die Großmutter damals, glücklich, endlich eine Spur der »Rose« gefunden zu haben.

Rose-Marie Scheper, Oldenburg

 

Was mein Leben reicher macht

Der morgendliche Spaziergang durch die Lichtentaler Allee in Baden-Baden. Ein kurzer Plausch mit Lucys Frauchen, ein paar Worte mit dem Frauchen von Gina und ein kurzer Gruß zum Herrchen vom spanischen Strandhund, und der Tag kann bringen, was er will.

Heidi Schroth, Gaggenau, Baden-Württemberg

 

Die Kritzelei der Woche

Leider ist mein Telefon noch fest verkabelt, deswegen bin ich bei den Gesprächen mit meinen weit entfernt wohnenden Familienangehörigen an meinen Schreibtisch gebunden. Als Illustrator habe ich auch immer viele Stifte greifbar und eine Tischplatte, die Farbe abbekommen darf … So entstand Stück für Stück und Telefonat für Telefonat ein kleines buntes Universum auf meinem schwarzen Tisch.

Martin Krusche, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einer Wirbelsäulenaufrichtung (zwei ganztägige Operationen) gerade und fünf Zentimeter »größer« durchs Leben zu gehen und die »neue Aussicht« zu genießen!

Regine Schwarzbach, Krefeld

 

Internationale Küche

An einem kalten, total verregneten Tag in Hamburg – sah ich vor einem Restaurant unter den Alsterarkaden auf einer Tafel flüssig geschrieben (also von keinem Vandalen verändert) Meerärsche im Angebot. Das ließ mich das hässliche Wetter zeitweise vergessen!

Helga Pors, Hamburg

 

Tollpatsch: Mein Wort-Schatz

Einer meiner Wort-Schätze ist der Tollpatsch. Ein wunderbares Wort, bei dem, wie ich finde, schon aus dem Klang die Bedeutung herauszuhören ist: eine insgesamt doch noch gutmütige Bezeichnung für einen etwas ungeschickten Menschen.

Bernd Steinheimer, Hamburg

 

Lieber zu Fuß

Aus der Antike sind zahlreiche Beispiele bedürfnisloser Philosophen überliefert, Diogenes etwa, der in einer Tonne lebte. Vermutlich besitzen auch die heutigen Philosophen kein Auto, sondern gehen zu Fuß. Kaum verwunderlich also, dass uns kein einziger Philosoph auf dem gleichnamigen Weg bei Remagen begegnete – sonst allerdings auch niemand.

Evelyn Meessen, Köln