Lesezeichen
 

Ganz wie Goethe

(Nach Johann Wolfgang von Goethe, »Gefunden«)

Ich ging auf dem Wege
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

Da plötzlich sah ich
Ein Pinselchen liegen,
Mit kräftigen Borsten,
Die konnte man biegen.

Ich wollt’s liegen lassen,
Da sagte es fein:
»Nimmst du mich mit,
Dann wird’s dich nicht reun.«

Da hob ich es auf
Und trug es nach Haus.
Dies stellte sich bald
Als Geniestreich heraus.

Sobald ich es führte
Mit eigener Hand,
Ergossen sich Verse
In meinen Verstand.

Seit ich diesen Einfallspinsel
besitze,
Sind meine Gedichte
Einsame Spitze.

Renate Eggert-Schwarten, Bremen

 

Fantastillion: Mein Wort-Schatz

Spätestens seit Beginn der Finanzkrise(n) liebe ich die Fantastillion. Nicht selten war ich schon am nächsten Tag unsicher, sprachen die Medien gestern von Milliarden oder waren es gar schon Billionen? Für mich waren es dann eben Fantastillionen. Und wenn es noch schlimmer kommt, habe ich noch die Myriaden von Fantastillionen in Reserve…

Ulla Meixner, Drelsdorf

 

Was mein Leben reicher macht

Für zehn Wochen bin ich als Trainee in unserem spanischen Werk in Saragossa eingesetzt. Land, Leute, Kultur, Essen und natürlich das Arbeitsleben kennenlernen – eine tolle Erfahrung! Doch dann verliere ich an einem Freitagmorgen mein Portemonnaie und fühle mich plötzlich so allein und zerbrechlich in dieser Stadt. Spät am Abend erhalte ich einen Anruf von dem Kundenservice meiner deutschen Bank: Ein Spanier hätte sich bei ihnen gemeldet. Und am nächsten Tag bringt dieser Spanier mir das Portemonnaie auch noch in meine Wohnung! Ich habe ihn für immer in mein Herz geschlossen.

Rinke Kloppe, Saragossa, Spanien

 

Markant


Die Begrenzung des Fußgängerübergangs weckt den Eindruck, sie sei nach einer durchzechten Kreuzberger Nacht gezogen worden, um die Kälte zu vergessen und den Schnee, der, unter mausgrauem Himmel festgetreten, sich in braunen Matsch verwandelt. Beim Anblick der torkelnden weißen Briketts fühle ich mich wieder nüchtern – relativ nüchtern zumindest. Und die Person, auf die ich warte, kommt eine Böe später auch schon, wie man sieht.

Markus Epha, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Am Sonntagnachmittag die fröhlichen Gespräche mit meinem Sohn über Skype. Wenn ich in sein entspanntes Gesicht sehe und sein Rumgeflachse höre, dann weiß ich, dass es ihm gut geht. Ihm und seiner Einheit in Afghanistan.

Vera Alexides, Weyhe

 

Kritzelei der Woche


Ich besuche zurzeit die 13. Klasse der Fachoberschule, und diese Kritzelei entstand in so manchen langweiligen Deutsch- und Englischstunden. Immerhin habe ich meine Kreativität weitergebildet, auch wenn vom Deutschunterricht nicht viel hängen geblieben ist.

Franziska Thoma, Laufen an der Salzach

 

Was mein Leben reicher macht

Familie Voigt aus Tübingen. Wir kennen sie nicht. Aber ihr liebevoll eingerichtetes Haus am schönsten Fleckchen Deutschlands beschert uns immer wieder wunderbare Urlaube.

Cornelia Dittrich, Berlin

 

Wer hat schon einmal ein Denkmal ramponiert?

»Honecker verrecke«, »Wir wollen Freiheit«, »Weg mit der Mauer«, »Frieden schaffen ohne Waffen« – immer wieder gab es in der DDR solche Wandinschriften. Sie wurden mit Ölfarbe angemalt, mit Spraydosen angesprüht oder mittels Kreide angeschrieben. Am Historischen Seminar der Universität Leipzig schreibe ich eine Dissertation über Graffiti in der DDR und habe bereits mehr als 3500 Beispiele recherchiert. Nun bin ich auf der Suche nach Zeitzeugen, die zwischen 1961 und 1989 im Gebiet der heutigen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Graffiti an Wände geschrieben haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einmalige oder mehrfache Aktionen handelte oder welche Themen angesprochen wurden. Mich interessieren vor allem die Motive der Menschen, die sich mittels Graffiti für die Etablierung einer kritischen Gegenöffentlichkeit eingesetzt haben. Des Weiteren suche ich nach Zeitzeugen, die im gleichen Gebiet Fahnen beschädigt, Plakate abgerissen oder Denkmäler ramponiert haben.

Sören Zöger
zoeger@freenet.de


 

Was mein Leben reicher macht

Meine dreijährige Tochter, die besorgt meine Hand hält und meinen Handrücken immer wieder mit hauchzarten Küsschen bedeckt, während mir der Zahnarzt meinen Backenzahn bis zum Nerv aufbohrt. Ich denke noch: »Jetzt bloß nicht weinen und Angst zeigen!« Und dann kullern sie doch – die Tränen der Rührung.

Anke Heitner, Rostock