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Zeitsprung


In einer alten Fotokiste fand ich die Schwarz-Weiß-Aufnahme, die meine 2003 verstorbene Oma als junge Frau am Frankfurter Mainufer zeigt. Meine Großmutter hatte ihre ganze Jugendzeit in Frankfurt verbracht und schwärmte später noch oft vom Radfahren auf der Bockenheimer Landstraße und dem in der Luft liegenden Kaffeeduft, von der Schirn, vom grünen Innenhof des Wohnhauses in der Marburgerstraße 23 und vom Taunus. Besonders gern ging meine Oma ins Kino am Römer: War sie drin, blieb sie einfach sitzen und sah sich den Film noch mal an. Und ständig war sie verliebt, meine Oma. Nach der Zerstörung Frankfurts zog sie über Umwege nach Sachsen und kehrte nie wieder nach Frankfurt zurück – auch wenn sie oft davon träumte. Sie wollte die Stadt so in Erinnerung behalten, wie sie einmal war. Und so war ich denn auf den Spuren meiner Oma in Frankfurt am Main unterwegs und habe gejubelt, als ich den Ort der historischen Aufnahme fand. Ich fühlte mich ihr plötzlich viel näher als an ihrem Grab in Dresden. Ein wenig habe ich mich in Frankfurt verliebt – so wie einst meine Oma.  Auch mein Schwager hat inzwischen dort Fuß gefasst, spielt Kontrabass in der Oper und fängt langsam an zu »babbeln«. Wie schön!

Stephan Bodinus, Dresden

 

Was mein Leben reicher macht

In der Fußgängerzone von Heide. Gerade noch schien die Sonne, jetzt prasselt ein Starkregenschauer vom Himmel. Alle rennen los und retten sich ins Trockene, so schnell es geht. Alle bis auf einen: Zurück bleibt ein Rollstuhlfahrer, der trotz größter Kraftanstrengung nicht schnell genug ist. Da spurtet eine junge Frau
mit Schirm zu dem Mann hin und gibt ihm Geleit. Beide lachen unter ihrem Rettungsschirm.

Gabriele Kleb, Osterrade

 

Liebe Büchergilde Gutenberg

in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Eltern und Lehrer sich noch längst nicht vom Gedankengut der Nazis frei gemacht hatten, hast du uns Kindern mit den Büchern von Selma Lagerlöf, Kurt Held, James Krüss und anderen eine gerechte, tolerante Welt erschlossen, vielfältig und bunt, voll Lebensfreude und Völkerverständigung. Kalle Blomquist sorgte für Spannung, Lisa Tetzners Kinder aus Nr. 67 zeigten uns das
Leben in der NS-Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven und impften uns gegen antisemitische Vorurteile, die in den fünfziger und sechziger Jahren in Deutschland nach wie vor kursierten. Immer noch voll Dankbarkeit

Barbara Hajek, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Jedes Mal wenn ich nach Hause komme, hat mein kleiner Bruder ein Geschenk für mich. So bin ich nun schon stolze Besitzerin einer Holzsphinx, einer von ihm und meinem Freund aufgenommenen CD und gestempeltem Briefpapier. Gerade sitze ich am Schreibtisch und blicke auf den besprayten Miniaturlaster, den er mir letztes Wochenende geschenkt hat. Und freue mich schon auf das nächste Mal.

Felizitas Steng, Wien

 

Kritzelei der Woche


Diese Kritzelei entstand als Gemeinschaftswerk zweier Bänke während des Französischunterrichtes, als plötzlich alle auf diesem Schmierzettel herummalten, statt nach vorn zu sehen. Man kann erkennen, was die beiden Jungs gemalt haben und was die Mädchen. Danke Frau Denzin, dass Sie uns so umgesetzt haben! Ich habe noch nie lustigere Französischstunden erlebt.

Antonia Schmidt, Dresden

 

Was mein Leben reicher macht

Seit ich vor zwei Jahren pensioniert wurde, fahre ich mehrmals wöchentlich in die Markthalle nach Hannover. Ich trinke einen Cappuccino, spaziere durch die Reihen der Marktstände, tauche ein in eine Welt der Genüsse und Gerüche – und trinke vor dem Heimfahren noch einen Cappuccino.

Reinhard Prusseit, Isernhagen

 

Was mein Leben reicher macht

Trauerfeier für einen Geschäftspartner, der bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Der kleine Sohn weint um seinen Vater, und mitten in die Stille nach einem Musikstück sagt er plötzlich: »Ich habe Hunger!« In meiner Hand tasche findet sich noch ein Schokoriegel. Ich bin so dankbar dafür, dass er ihn annehmen kann. Und dankbar, dass meine Kinder »nur« nach ihrem Vater weinen, weil er nicht mehr bei uns leben kann.

Sissy Tongendorff, München

 

Vertrauen


Dieses Foto habe ich auf meiner Chinareise vor zwei Jahren in Kunming gemacht. Ich finde, dass es eine sehr kreative Lösung ist, Kanaldeckel mit Nylons zu sichern. Sieht sehr vertrauenswürdig aus, oder?

Ingeborg Trupp, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Schwere Diskussionen, Käsespätzle und amüsante Doppelkopfrunden im herbstlichen Bern. Und die Gewissheit, dass sich für solche Abende jederzeit eine Reise zu den Freunden in der fernen Schweiz lohnt!

Dörthe Bockemühl, Winsen (Luhe)