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Was mein Leben reicher macht

Die Telefonflatrate, die meine Mutter und meine Schwester meinetwegen eingerichtet haben. Ich freue mich jeden Morgen auf den Anruf meiner 82-jährigen Mutter aus Hamburg und auf die langen abendlichen Gespräche mit meiner Schwester in Münster. So bleibe ich auch als »Piefke« in Tirol meinen Lieben und meiner Heimat verbunden.

Andrea Köck, Götzens bei Innsbruck

 

Schiffshebewerk: Mein Wort-Schatz

Mein Lieblingswort ist Schiffshebewerk. Schon der Begriff signalisiert etwas »Erhebendes«, ein Wunderwerk der Technik, das ganze Schiffe nach Bedarf heben und senken kann. Schon als Junge war ich davon fasziniert, nachdem ich den Begriff samt Beschreibung (»zur maschinellen Überwindung großer Höhenunterschiede zw. 2 Wasserspiegeln; Antrieb des den Schiffskörper aufnehmenden Troges hydraulisch oder mittels elektrisch bewegter Schraubenspindel, Zahnräder, Ketten, Seile«) in Knaurs Konversationslexikon von 1932 gelesen hatte. Ich besitze das Lexikon, das früher meiner Mutter gehörte, noch heute. Kürzlich habe ich das inzwischen denkmalgeschützte Schiffshebewerk Henrichenburg bei Dortmund besichtigt und war erneut beeindruckt von dieser kühnen und formvollendeten Konstruktion.

Berthold Stötzel, Siegen

 

Was mein Leben reicher macht

Beim vierten Kind nach sechs Jahren, vielen geschobenen Kilometern, auch über Kopfsteinpflaster, teilweise mit zwei Kindern gleichzeitig und der Ernte aus unserem Kleingarten beladen, immer noch denselben Kinderwagen einer schwedischen Firma benutzen zu können.

Annette Alte, Greifswald

 

Zug um Zug

Dem bewundernswerten Mitherausgeber der ZEIT, Schachfreund und Kanzler aller Kanzler

ZUG UM ZUG, jawohl, ich wette,
meint nicht etwa Schack, échec,
einzig nur die Zigarette
ist gemeint, das ist der Gag

deshalb ziehen auch nicht beide
gleichzeitig eine Figur,
wahrlich, welche Augenweide,
Peer reicht wohl ein Streichholz nur

Steine steh‘n zum Steinerweichen,
neunzig Grad verdreht das Brett,
doch die ZEIT macht ohnegleichen
Zug um Zug dies wieder wett

elder chessman lächelt weise
klemmt, was glimmt zwischen die Finger,
schickt sein Rössel auf die Reise,
Rösselsprung statt Hammelspringer

Frank Müller-Thoma, Langenargen

 

Zeitsprung

1981

2011

Von Zeit zu Zeit treffen wir uns, die ehemaligen Assistenzärzte der Inneren Abteilung des Nordstadtkrankenhauses von Hannover, und jedes Mal machen wir ein Foto an der Büste des Geheimen Medizinischen Rats Professor Doktor Heinrich Reinhold, des ersten Chefarztes des Krankenhauses nach seiner Errichtung im Jahr 1895. Unsere Treffen sind immer eine gute Gelegenheit, über alte Zeiten zu klönen, in denen Mediziner noch Ärzte waren – und nicht Anbieter im Gesundheitswesen.

Wilfried Buck, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Ich hole meine Tochter und ihre Freundin vom Training zum Musical König der Löwen ab. Da können nur dunkelhäutige Kinder mitmachen. Strahlend kommen mir die beiden entgegen: »Ich bin so froh, dass mein Papa aus Afrika kommt!« – »Ich auch!« Was für tolle Kinder! Wir sind eben doch eine ganz normale Familie.

Anna Usbeck, Hamburg

 

Kritzelei der Woche

Vor einiger Zeit saß ich mit meiner Frau vor dem Fernseher und sah mir diese Supermodelshow an. Obwohl ich kein großer Fan dieses Schwachsinns bin, wollte ich doch den Abend mit meiner Frau verbringen und guckte mit. Irgendwann griff ich wohl unbewusst zum nächsten Reclam-Heft und fing an, das Titelblatt schön zu malen. Als ich damit gerade fertig geworden war, war auch die Show zu Ende, und wir gingen ins Bett. Erst am nächsten Tag fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Während Heidi Klum ihre Hühnerschar bei jeder Gelegenheit aufgedonnert hatte, hatte ich ja im Grunde auch nichts anderes getan – mit Zarathustra!

Stefan Röll, Lütjenburg, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Eine E-Mail meiner Partnerin: »HalloSchatz,derLaptopistnichtgeradeguthierundesgibtkeineLeerzeichen.DennochwollteichDirkurzeinenGrussausKolumbiensenden.
Kuss!«

Tobias Heinen, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Nach 21 Ehejahren wurden wir ausgetauscht. Ich, 42, Niklas, 19, Lydia, 17, Henning, 11 – gegen Claudia, 30, Katharina, 8, und Laura, 5. Ich hatte allen Ernstes geglaubt, uns könnte es niemals so ergehen. Nun muss ich mich neu sortieren. Alleine Holz für den Ofen besorgen, den Wasserhahn reparieren und Stelzen bauen. Es ist zum Heulen. Die erste Urlaubsfahrt allein mit Henning geht in den Bayerischen Wald. Wir stoppen an der Walhalla, dort wollte ich schon immer mal hin. Strahlende Sonne, nettes Personal. Und viele starke Vorbilder mit unendlichen Lebensgeschichten. Eine Gewissheit entsteht: Wir schaffen es!

Christa Will, Lahn