Mein Mann und ich schlafen tief und fest, da krabbelt unsere sechsjährige Tochter ins Bett. Wir nehmen sie in unsere Mitte, kuscheln und sagen ihr, sie müsse aber ganz still sein, damit wir wieder einschlafen könnten. Das klappt nicht, sie ist wach. Wir sagen ihr, dass es Nacht sei und wir sehr müde seien. Da fängt sie an, für uns zu singen: LaLeLu, Guten Abend, gut Nacht, Schlaf Kindlein schlaf … Als wir am nächsten Morgen aufwachen, liegt auch unsere große Tochter mit im Bett. Sie ist zwölf.
Unter den nachgelassenen Briefen des Großvaters meiner Frau fand sich auch ein dickes Kuvert, das er 1917 an der Westfront in Frankreich an einen Bekannten geschickt, aber mit dem Vermerk wiedererhalten hatte, der Empfänger sei »vermisst«. In dem Umschlag lag eine Reclam-Ausgabe von Hölderlins Hyperion mit einem Brief: »Hiermit schicke ich Ihnen ein Buch, das ich erst kürzlich gelesen habe. Es enthält Stellen von höchster Schönheit und ist geeignet, uns für Augenblicke ganz über den grauen Alltag zu erheben. Mich hat es wunderbar getröstet in Stunden, wo mir alles wieder zerbrochen schien. Man muß es immer bei sich haben, um jederzeit darin lesen zu können. « Da sage einer, Literatur sei keine Lebenshilfe! Peter Thrul, Marxheim
Die Rubrik Zeitsprung auf Ihrer Seite ZEIT der Leser rührt uns jedes Mal an. In der Fotoschublade meines Mannes schlummert seit Jahren eines seiner schönsten Familienbilder: die vier Geschwister Wolfgang, Christa, Klaus und Mechthild, wie aufgefädelt auf der Treppe des elterlichen Pfarrhauses. Das Foto stammt aus dem Jahr 1949. Die Geschwister sind seit Jahren in Schweden, Norwegen, Bremen verstreut. Aber jedes Jahr treffen sie sich mindestens einmal, dazwischen wird oft telefoniert, gemailt und geskypt. Familiengeschichten werden erzählt und ausgetauscht, die Erinnerung an alte Zeiten aufgefrischt. Und jedes Mal, wenn sich die Geschwister treffen, stellen sie als kleines Ritual das alte Foto nach. Ein Riesenspaß, auf den sich alle vier immer enorm freuen. Eines der schönsten Bilder mit den inzwischen ergrauten Mädchen und Jungs stammt aus dem vorletzten Herbst.
Ich bremse scharf und fahre noch schnell an die Tankstelle. Wahnsinn, acht Cent billiger als gestern! Ich genieße das tolle Gefühl beim Gurgeln des einlaufenden Benzins und muss plötzlich lachen. Mir wird klar, dass nicht die 2,14 Euro mich reicher gemacht haben, sondern die Erkenntnis über mich selbst.
Dieses Schild habe ich in Carolinensiel gesehen. Dort hat sich der Bestand an Möwen und Tauben prächtig erholt. Einheimische und Touristen geben dem vielfältigen Angebot der ansässigen Gastronomen und Kaufleute ohnehin den Vorzug. Und: Wer kann überhaupt noch einen dieser durchtrainierten Vielflieger fangen, rupfen, ausnehmen und zubereiten?
Manchmal höre ich morgens jemanden pfeifend am Haus vorbeigehen. Neulich: »Auf der Mauer, auf der Lauer …«. Und wer geht da so fröhlich zur Arbeit? Der Leiter eines Altersheimes. Schön!
Nach einer stressigen Arbeitswoche an den Rhein fahren, Weinprobe bei strahlender Oktobersonne und danach noch lange zusammen mit den allerbesten Freunden lachen, quatschen und herumalbern, bis alle müde und glücklich ins Bett fallen.
nach Ihren Kurzgeschichten (etwa in der Sammlung Trinkgeld vom Schicksal) war es eine Überraschung, mit Die Tochter des Schmieds etwas von Ihnen zu lesen, das gänzlich anders und dabei genauso wundervoll ist. Sicherlich ist es nicht das Hauptthema des Buches, dennoch beeindruckte mich – neben vielem anderen –, dass es Ihnen gelingt, die Gedankenwelt einer Frau nachzuzeichnen, ohne dass es bemüht oder aufgesetzt wirkt. Vielen Dank, dass Sie in Ihrem neuen Roman Heimstraße 52 die Geschichte Güls weitererzählen und uns daran teilhaben lassen, wie Sie ihre Entwicklung und die ihrer Töchter gestalten!
Eva Buschhaus, Bremen
Die Bücher von Selim Özdogan erscheinen im Aufbau-Verlag
Es ist genau zehn Jahre her, aber wenn ich mich an die Begegnung in Berlin erinnere, wird mir noch immer warm ums Herz. Carl war damals ein Jahr alt. Auf dem Gendarmenmarkt kam ein älterer, vornehmer Herr auf mich zu, zog höflich den Hut und sagte: »Entschuldigen Sie, dass ich Sie anspreche. Aber ich
möchte Ihnen sagen, dass Ihr Sohn wunderschöne, strahlendblaue Augen hat. Und von wem er sie hat, steht ganz außer Frage!« Er lächelte, nickte und verschwand ebenso elegant und irreal aus dieser Welt, wie er gekommen war.
Mein 71-jähriger Freund kommt alle paar Tage vorbei, hält ein kleines Schwätzchen mit mir über Gott und die Welt. Fragt, ob er etwas für mich tun kann und gibt so manchen guten Rat – für eine alleinlebende 92-Jährige.