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So nett

(Nach Bertolt Brecht, »Sonett Nr. 7«)

Ich rate dir, mein Lieber, nicht zu hassen
und keine Scherze mehr mit mir zu treiben
Wenn du nur klug bist, lass es lieber bleiben
sonst fürchte ich um Porzellan und Tassen

Denn wovon wolltest du in Zukunft essen
wenn es im Schrank kein Tellerchen mehr hat
Besitzstand steht auf einem andern Blatt
das solltest du mal lieber nicht vergessen

Ich denke schon, nach dem Gesetz des Marktes
da könnte dir dein Sexappeal schon nützen
Auch wenn du zwischenzeitlich nur erstarktest
auf Dauer könnten dich die blauen Pillen stützen

Der Rat mag gut sein, wirst du denken, schad
auch wär es, und mies, den auszunützen,
der ihn dir gibt. Komm, Lieber, auf zur Tat!

Dorothea Müller, Wuppertal

 

Kritzelei

Mein Sohn packt gerade seine Sachen und bricht auf zum Studium. Beim Sortieren fand er diese Zeichung. Letztes Jahr verbrachte er in Neuseeland und zeichnete während eines  langweiligen Jobs in einem Callcenter viele Zettel voll. Diese Kritzelei gefällt mir am besten.

Marion Dietz, Weilrod

 

Was mein Leben reicher macht

Dass ich meine Frau, mit der ich seit 13 Jahren glücklich unverheiratet bin, immer noch überraschen kann. Etwa mit einer gemeinsamen Reise nach Madrid. Danke! Alles richtig gemacht. Alles gut.

Christian Dickenhorst, München

 

Zeitsprung

Als wir 2001 in Sizilien Urlaub gemacht hatten, kamen wir mit Wäscheklammern zurück, von denen man in Berlin auch heute nur träumen kann. Wir gehören noch zu der Minderheit, die der Wäsche frische statt heiße Luft zum Trocknen gönnt, und waren glücklich, nun Produkte zu besitzen, die perfekt klammerten. 2008, im verflixten siebten Jahr danach, hatte sich der Bestand so reduziert, dass Neuanschaffung angesagt war. Es folgte eine Enttäuschung nach der anderen: Die erste Kunststoffklammer ging gerade noch so, die zweite aber, von 2009, rutschte nur auf der Leine. Auch Chinaware aus Holz, klein und schwach, ließ bis 2011 die Wäsche sogar von der Leine fallen. Der Urlaub 2011 auf Sardinien brachte die Wende. Da gab es doch tatsächlich Klammern, die den sizilianischen ähnelten, und wir kauften sie. Wir erinnerten uns unserer Freunde von dort, die dann die Rettung bescherten. Diese Klammern sind genauso lang wie die von 2001, ein wenig schlanker, obwohl sie den Namen »elefanti« tragen. Und sie sind sehr gut. Ein Zeitsprung, der Negatives bewirkt, kann durch Reisen ins Positive korrigiert werden.
Wolfgang K. Albrecht-Schoeck, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Verärgert nähere ich mich meinem Drahtesel. Wieder einmal hat jemand meinen  Fahrradkorb als Mülleimer missbraucht! Doch als ich den vermeintlichen Müll sehe, bessert sich meine Laune schlagartig. Vor mir liegen zwei Handvoll leuchtendbraune Kastanien. Welch schöner Herbstgruß!

Katharina Reinhard, Hildesheim

 

Wiedergefunden: Ein Brief von Julius

 

Gerade einmal des Schreibens mächtig, verfasste mein damals siebenjähriger Sohn Julius nach einem kleinen Streit diesen Brief. Dabei sprach er mich, wohl um die Ernsthaftigkeit seines Anliegens zu unterstreichen, mit meinem Vornamen an – wenn auch orthografisch nicht ganz korrekt. Heute, 13 Jahre später – er studiert inzwischen Medizin –, legt er noch immer diese liebenswerte unbestechliche Ehrlichkeit an den Tag. Dafür mag ich ihn sehr!
Ruth Mätzler, Salzburg

 

Was mein Leben reicher macht

Beim Disputationsvortrag meiner Doktorarbeit meine Familie und meine Verlobte im  Publikum sitzen zu sehen und zu wissen, dass sie immer hinter mir stehen, um mich auf meinem Weg zu unterstützen.

Henrik D. F. Winkler, Berlin

 

Der Wasserf…

Ich mag Gebirgsbäche. Sie fließen immerfort, sie werden nicht an- und abgeschaltet. Man braucht nicht zu warten, wie bei einem Behälter, der sich wieder füllen muss, damit das Wasser erneut fließen kann. Kürzlich habe ich einen Wasserfall erlebt, der optisch aufgehört hat, der unterbrochen wurde, kurzfristig. Der Grund: Starker Wind kam von der Seite, zerstäubte das Wasser und trug es nahezu unsichtbar seitlich weg. Das viele Wasser von oben stürzte somit nicht zu Boden, sondern stoppte abrupt, für mich ein seltenes, spannendes Schauspiel.
Karl Brunner, Klagenfurt, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Das Angebot an Kunstausstellungen an Rhein und Ruhr ist so reichhaltig, dass man gar  nicht weiß, wo man anfangen soll: Fotografie seit 1970 an der Kunstakademie in  Düsseldorf, Gemälde des Impressionisten Alfred Sisley im Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal, spektakuläre Fotos von Joel Sternfeld im Folkwang-Museum in Essen,  zeitlose Schönheiten von Wilhelm Lehmbruck und Zeitgenossen in Duisburg, Fotos aus der 200-jährigen Geschichte des Hauses Krupp in der beeindruckenden Villa Hügel über dem Essener Baldeneysee, ein Farbenrausch in der Max-Pechstein-Retrospektive in  Ahlen. Es ist schön zu erleben, dass die Kultur das Leben heute dort reicher macht, wo früher Schlote rauchten

Jörg Mirbach, Essen