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Was mein Leben reicher macht

Unsere Eltern, die seit fünfzig Jahren wirklich glücklich miteinander verheiratet sind, immer noch ineinander verliebt und immer für den anderen da – aber auch für die ganze Familie: fünf Kinder, zehn Enkel.

Andrea Brombeis, München

 

Wehe der Geliebten!

(Nach Johann Wolfgang von Goethe, »Nähe des Geliebten«)

Ich dächt gern dein, wenn mein Gedächtnis immer
Wär gut intakt;
Doch meistens funktioniert es nimmer.
Das ist vertrackt.
Ich seh dich nicht, die stets mit strengem Willen
Bei mir nur steht;
Das liegt an meinen schlechten Fielmann-Brillen,
Die sind verdreht.
Ich hör dich nicht, die mich mit viel Gerede
Andauernd plagt;
Das liegt an meinem alten Hörgeräte,
Das stets versagt.
Doch lieb ich dich; ich dachte schon, das gibt sich.
Ich bin dir nah!
Wir feiern heut und warten nicht auf siebzig,
Bist du nur da!

Dietrich Roßbach, Kummerfeld

 

Was mein leben reicher macht

Sommerabend auf meinem Balkon. Elstern krakeelen auf dem Rasen. In der Esche amselt es. Hummeln betasten meine Lavendelblüten. Fledermäuse huschen vorbei. Der Tag verabschiedet sich.

Petra Yildiz, Göttingen

 

Was mein Leben reicher macht

Vor vier Jahren haben mein Mann und ich unsere Jobs in München gekündigt und sind in ein altes Bauernhaus auf der Insel Rügen gezogen. Die tägliche S-Bahn-Fahrt zur Arbeit, die Meetings und den Büroalltag haben wir eingetauscht gegen die Freiheit, unseren Tagesablauf gestalten zu können, wie wir wollen. Wir haben das ganze Haus und einen großen Garten auf den Kopf gestellt, Tonnen von Material mit eigener Muskelkraft transportiert. Wenn wir heute in der Sonne auf unserer Terrasse sitzen, uns an den Händen halten und gemeinsam unser Werk betrachten, dann könnte ich vor lauter Zufriedenheit zerspringen. Danke, dass Du Dich mit mir auf dieses Abenteuer eingelassen hast. Danke, dass meine Träume nicht nur Träume geblieben sind!

Bettina Gräfe, Trent (Insel Rügen)

 

Wiedergefunden: Nachricht über Michael


Beim Blättern in einem alten Fotoalbum stießen mein fünfjähriger Sohn Elio und mein Mann Michael auf eine Postkarte aus dem Jahre 1972. Damals war mein Mann genauso alt, wie unser Sohn heute ist, und musste für sechs Wochen in ein Kinderkurheim auf Föhr. Allein und ohne Besuch! Einmal in der Woche war »Schreibtag«, dann würde man mehr erfahren… Meine armen Schwiegereltern! Wenn ich mir vorstelle, heute handhabte man dies genauso, ich würde vor Sehnsucht platzen! Immerhin wusste mein Mann zu berichten, dass er sich in eine Erzieherin verliebte – und sich bei einem Sturz über deren Beine seinen Arm brach. Auch das noch!

Verena Schulz, Grabau (Lauenburg)

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Geburtstag an einem verregneten Augusttag, einen Tag vor einer wichtigen Klausur. Keine Party, nicht bei der Familie. Stattdessen: Lernen-Arbeit-Lernen. Ich sitze bereits am Schreibtisch, als meine Mitbewohnerin in mein Zimmer kommt. Sie singt für mich und hält ein selbstgenähtes Geschenk in Händen. Ich bin gerührt, werde gedrückt, setzte die Lernerei beschwingt fort und gehe danach zur Arbeit. Als ich später am Tag zurückkomme, duftet die Wohnung nach Apfelkuchen und frischer Kaffee steht auf dem Tisch. Meine fabelhafte Mitbewohnerin hat mir unerwartet einen sehr schönen Geburtstag geschenkt!

Franziska Fuchs, Passau

 

Lieber Captain Cook,

® Hulton Archive/Getty Images

ich bin ein eher ängstlicher Mensch. Umso beeindruckter war ich, als ich Sie und Ihre Mannschaft in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn kennengelernt habe. Sie haben so  mutig die Welt bereist, ohne zu wissen, welche Gefahren da draußen auf Sie lauerten! Die Ausstellung in Bonn ist jetzt schon seit einiger Zeit geschlossen, aber immer wieder habe ich an Sie gedacht, wenn ich an schwierigen Punkten war. Wie spannend kann das Leben doch sein, wenn man es anpackt und auf Reisen geht! Meine persönliche Reise ist das  Medizinstudium und meine Doktorarbeit, mit der ich gerade beginne. Ich bin gespannt, was es im Labor alles zu entdecken gibt!

Esther Beier, Bonn

 

Kritzelei der Woche


Diese Zeichnung besteht aus einer einzigen Linie, die, im Zentrum des Blattes beginnend, erst Hunderte von Irrgärten durchlaufen muss, ehe sie ihren Zielpunkt erreicht. Entstanden ist die Kritzelei auf der Rückseite meines Collegeblocks in ein paar Vorlesungen meines Studiengangs Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie an der Universität Hohenheim. Doch die Linie bleibt nicht auf dem Papier, sie endet nicht in einer der vier Ecken, sie durchbricht irgendwo die Wirklichkeit und windet sich in Schleifen und Sackgassen durch mein Leben. Auf ihrem Weg begegnet sie der Mikroökonomie, der komplexen Verfahrenstechnik von Biogasanlagen, der energetischen Ernterückstandsverwertung im Pflanzenbau, sie schlängelt sich vorbei am Rechnungswesen und der Analyse nachhaltiger Agroforstsysteme bis zur stofflichen Nutzung von Hanfpflanzen.

Jessica Zuber, Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Im Briefkasten liegt ein grüner Umschlag. Neugierig öffne ich ihn. Von einem Foto strahlen mich sechs junge Menschen an. Der Inhalt eines langen Schreibens, kurz  zusammengefasst: »Wir haben gerade Abitur gemacht. Diese Aufnahme entstand vor unserem Abi-Ball. Wir wollen uns für die vier schönen Grundschuljahre mit Ihnen bedanken, die den Grundstein zu diesem Ergebnis gelegt haben.« Mir wird ganz warm ums Herz. Danke, Benedikt, Janne, Julian, Letizia, Mona und Verena! Alles Gute für Euren Weg, Ihr werdet ihn meistern!

Hedi Imhof-Ramelow, Birkenau

 

Was mein Leben reicher macht

Adagio. Im Geiste zähle ich mit. Erster Blickkontakt mit dem Dirigenten, noch ein paar Takte Pause, das Orchester wird leiser. Zweiter Blickkontakt mit dem Dirigenten, mein Einsatz! Ich flute den Saal mit majestätischen Paukenklängen.

Hans-Martin Körber, Altenau