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Techtelmechtel: Mein Wort-Schatz

Eines der liebenswertesten Wörter ist das Techtelmechtel. Es erinnert mich an eine Menge wirklich schöner Stunden, in denen es keinen Ernstfall gab, auch keinen Herzschmerz, der einen lähmen konnte, nur ein bisschen Sehnsucht, ein bisschen Versprechen und etwas, das fast eine Berührung war, aber nichts Endgültiges und kein Drängen nach mehr. Aber immer gab es auch eine Hoffnung, es könnte sich immerhin Wunderschönes ergeben trotz des Wissens um mögliche Unmöglichkeiten.
Meist machte man sich schöne Augen und spielte Eifersucht, wenn ein anderer ins Blickfeld geriet, versandte zur Strafe Zornesblicke, die aber schnell wieder verschwinden konnten, sobald man sich wiedersah. Es war eben nur ein Techtelmechtel. Wehe dem, der es ernst nahm!

Eva Schwarz, Berlin

 

Zeitsprung

Wir waren sechs Mädchen und vier Jungen, als wir vor sechzig Jahren in Sonderhausen-Jechaburg, Thüringen, zur Konfirmation gingen. Danach verloren wir uns aus den Augen, und die innerdeutsche Grenze hatte einen wesentlichen Anteil daran. Aber einige Freundschaften konnte auch das DDR-Regime nicht zerbrechen, und manchmal traf man sich heimlich – und immer in der Angst vor der Stasi. Nach fünfzig Jahren zur goldenen Konfirmation dann ein offizielles Treffen: Die Grenze gab es nicht mehr! Am diamantenen Treffen aber im vergangenen Frühjahr konnten nur noch wir sechs Mädchen teilnehmen – inzwischen alle stolze Großmütter. Das Bild von den anderen fünf habe ich auf derselben Schultreppe aufgenommen, auf der wir vor sechzig Jahren standen.
Gerda Clemens, Eschweiler

 

Was mein Leben reicher macht

Täglich mit meiner Mom zu telefonieren, die vor mehr als 25 Jahren nach Kanada ausgewandert ist. Seit ein paar Monaten haben wir jetzt dieses Ritual: Wir rufen uns an, um zu hören, wie es dem anderen geht. Mal geht es uns gut, mal auch nicht, und manchmal teilen wir ein Erlebnis, ein Rezept, den Ärger über das Wetter oder eine Albernheit. Meine Mom ist für mich ein ganz besonderer Mensch. Ich bin froh, dass ich sie habe.

Nicola Stelter, Brunsbek, Schleswig-Holstein

 

Reichsdeputationshauptschluss: Mein Wort-Schatz

Geschichte war immer mein Lieblingsfach am Domgymnasium in Verden. In der neunten oder zehnten Klasse begegnete mir dann ein Wort, das mich vom ersten Augenblick an faszinierte, weil es so lang war und so verwirrend: Reichsdeputationshauptschluss. Die Kundigen erinnern sich: Ach ja, 1803! Mein altes, unverzichtbares Meyersches Konversationslexikon von 1897 (Band 14) erklärt: »Entschädigung der durch die Abtretung des linken Rheinufers beeinträchtigten weltlichen Landesherren durch Zuweisung anderer Besitzungen auf dem rechten Rheinufer.« Zugegeben, dieser Begriff klingt altertümlich und verwirrend. Aber für mich ist er schön wie ein altes Möbelstück: Reichsdeputationshauptschluss!

Christian Steinwede, Walsrode

 

Die letzte Fahrkarte in den Westen

Vor 50 Jahren, am Sonnabend, dem 12. August 1961, fuhr ich als 17-Jähriger mit meinen Eltern mit der letzten S-Bahn von Ost-Berlin, Bahnhof Schöneweide, über Baumschulenweg nach West-Berlin, Bahnhof Lichterfelde-West. Wir wollten in der kleinen Wohnung meiner Großmutter übernachten, die zur Kur in Westdeutschland war. In dieser Nacht wurde die Mauer gebaut. Frühmorgens stellten wir das Radio an und hörten die Sondermeldung: die Sektorengrenze vollständig abgeriegelt, kein Ost-Berliner kann mehr in den Westen gelangen. Wir waren also per Zufall an diesem Morgen auf der richtigen Seite der Grenze aufgewacht und würden im Westen bleiben, das war sofort klar. Ich hatte im Juli in Ost-Berlin mein Abitur gemacht und wollte sowieso „abhauen“, um im Westen zu studieren. Nach dem Tode meiner Mutter (1997) fand ich in ihrem Nachlass die Fahrkarte von unserer Schicksalsfahrt in den Westen. Sie hatte ihre Fahrkarte aufgehoben und auf die Rückseite „letzte Fahrkarte aus Ostberlin“ geschrieben. Ganz deutlich ist zu erkennen, dass die Karte nur bei H wie »Hinfahrt« geknipst wurde, nicht bei R. Denn die Rückfahrt haben wir nicht angetreten.

Hartmut Lubomierski, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Die junge Pfarrerin, die bei der Beerdigung für unseren viel zu früh verstorbenen Freund Tobi so klar und liebevoll gesprochen hat. Diese Abschiedsfeier, die ihm so gerecht wurde. Danke an alle, die die Kraft gefunden haben, diesen Tag zu gestalten.

Gabi Thaler, Krottenhill, Bayern

 

Zeitsprung


Das alte Bild meines Heimatortes Fleisbach zeigt einen landwirtschaftlich geprägten Ort, der damals, um 1900, etwa 300 Einwohner zählte. Im Mittelpunkt der Aufnahme die frei stehende, im Jahr 1888 errichtete evangelische Kirche. Vor einiger Zeit habe ich die Aufnahme etwa von dem gleichen Standort aus wiederholt. Über die lange Zeit von mehr als 100 Jahren ist die Kirche das dominierende Bauwerk geblieben, aber jetzt steht sie mitten im Dorf, das inzwischen auf 1800 Bewohner angewachsen ist. Die Konturen des Waldes am Horizont haben sich in diesem langen Zeitraum kaum verändert.

Klaus Horz, Sinn-Fleisbach, Lahn-Dill-Kreis

 

Was mein Leben reicher macht

Wandern, bei einer Alm einkehren, die Stille genießen, die nur von Kuhglocken und dem Murmeln eines Bächleins unterbrochen wird. Hoch über dem Alltag sein. Beim Gehen in guter Luft wird auch der Kopf klarer.

Karl Brunner, Klagenfurt, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Die Einladung zum jährlichen Enten-Treffen am Samerberg in Bayern. Was für ein Bild: Rund 50 Enten aller Altersklassen samt ihren Besitzerinnen und Besitzern! Wir selber fahren seit 1967 2CV, der jetzige ist rot, heißt Balduin 7 und stammt aus dem letzten Baujahr 1992.

Ilse Röhr, Erbach an der Donau

 

Sonnabend: Mein Wort-Schatz

Sonnabend! Leider ist dieser schöne Begriff aus der Alltagssprache fast verschwunden. »Samstag« sagt meiner Seele nichts, im Stillen übersetze ich es sofort in Sonnabend und damit in die Vorfreude auf Sonntag.

Gustav Querfurth, Lübeck