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Selbander: Mein Wort-Schatz

Ein schönes Wort ist für mich selbander. Dieses fast vergessene Wort bringt die Gegensätze »(ich) selbst« und »(die) anderen« zusammen – und »band« (»verbandeln«) ist auch noch drin.

Heike Naundorf, Siegburg

 

Rilke golft

(Nach Rainer Maria Rilke, »Herbst«)

DIE Bälle fallen, fallen oft von weit,
als golften auf den Plätzen gute Götter;
sie fallen mit entschleunigtem Getue.

Und an den Löchern rollen sie zur Ruhe
von fernen Schlägen hin zur Einsamkeit.

Sie alle fallen. Dieser Ball da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist mancher , welcher dieses Fallen
für seinen einzgen Lebensinhalt hält.

Michael Kopetz, Völkermarkt, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Bundesgartenschau in Koblenz. Die Fülle von allem! Blumen jeder Art und Farbe, Stauden, Gemüse, Salate, Bonsais, der Steingarten, die Schwebebahn über den Rhein. Dann die Rosen! Unbeschreiblich. »Zum Niederknien!« sage ich. Ein Mann, im Vorübergehen, bleibt stehen. »Niederknien«, sagt er, »soll man nur vor Frauen«. Er lächelt und ist weg.

Rosemarie Bottlander, Odenthal

 

Behaglichkeit: Mein Wort-Schatz

Mein Schatz aus der großen Wortkiste heißt Behaglichkeit. Ach, wie wunderbar fühlt es sich an! Es ist etwas ganz anderes als Gemütlichkeit – nicht so langweilig, spießig, volkstrachtenhaft. Und es ist natürlich etwas ganz anderes als Bequemlichkeit, denn Behaglichkeit ist ein Seelenzustand und kein Sitzmöbel. Behaglich ist, wenn man sich zum Beispiel mit dem Rücken in einem großen, weichen Kissen zurechtschuckelt und den Blick auf irgendetwas Fernes oder Nahes richtet – oder eben auch nicht. Behaglich ist ganz viel Dankbarkeit, dass es einem gerade jetzt so gut geht. Für Behaglichkeit braucht es nur wenig Geld oder vielmehr fast keines. Es braucht allerdings wohl etwas Zeit, denn Behaglichkeit ist das Gegenteil von Stress. Schon der Maulwurf Grabowski schaute abends aus seinem Maulwurfslochhügel, kreuzte die Arme vor der Brust, den kleinen Bauch und die Beinchen in der warmen Erde, betrachtete die Wiese im Abendlicht und seufzte: »Wie behaglich, wie geruhsam!«

Viktoria Pollmann, Hofheim am Taunus

 

Was mein Leben reicher macht

Meine amerikanische Brieffreundin lernte ihren Edward im Internet kennen. Jetzt hat sie ihn geheiratet – eine Woche nach ihrem 90. Geburtstag. Es sei ihre letzte Chance
gewesen, schrieb sie mir.

Klaus Scharfe, Dessau-Roßlau

 

65 Jahre DIE ZEIT

Durch seine interessante und schön bebilderte Einsendung hatte Ulrich Hartmann überzeugt: ZEIT-Reporter Stephan Lebert besuchte ihn in München und freute sich auf ein Gespräch über die langjährige Erfahrung eines ZEIT-Lesers mit seiner Zeitung. „Wenn es einen roten Faden durch den Tag gab, so war das vielleicht eine ‚Blattkritik’ an einer imaginären Referenzausgabe, die meine rund 25 Jahre mit der ZEIT zusammenfasst“, sagte Ulrich Hartmann nach dem Treffen.

"Genießen Sie DIE ZEIT"-Wickeltaschen in Wien 2008 – eines der Fotos, mit dem Ulrich Hartmann überzeugte

Gemeinsam erinnerten sich die beiden im Münchner Hofgarten an den ein oder anderen Text, dargestellte Personen sowie Autoren. Ulrich Hartmann nutzte die Gelegenheit den Reporter über das Innenleben der ZEIT auszufragen: Wie werden in der Redaktion Themen bzw. Schwerpunkte ausgewählt, wie Gesprächspartner für Interviews? Wie gibt man den Lesern mit, dass es auch noch etwas zwischen den Zeilen zu lesen gibt? Welche Atmosphäre herrschte bei einzelnen Interviews? Wie kam der ein oder andere – insbesondere freie – Autor überhaupt mit der ZEIT in Verbindung?

V. l.: Ulrich Hartmann und Stephan Lebert in München

So verflogen vier Stunden und Ulrich Hartmann resümierte: „Zusammen mit Autoren wie Ijoma Mangold, Wolfgang Schmidbauer, Renate Just, Herlinde Kölbl und Louis Lewitan, aber gerade auch mit Giovanni di Lorenzo, machen Sie, lieber Stephan Lebert, eine Zeitung, die das Lebensgefühl meiner Familie ziemlich gut aufgreift. Sie machen diese ZEIT aber natürlich nicht nur für uns Schwabinger, sondern auch für unsere Freunde in Hamburg, Berlin und Zürich. Und Sie würden sie auch so oder so ähnlich machen, dabei jedoch immer unverwechselbar, wenn wir eines Tages im Allgäu oder im Chiemgau leben würden – oder die ZEIT von Kalifornien aus nur im Internet lesen könnten.“

 

Automatisch


Auf dem Weg zur Badeinsel am Steinhuder Meer entdeckten wir diese Toilettenanlage. Die Kombination der Automaten hat mich so beeindruckt, dass ich mich beim Betrachten der Aufnahme immer noch frage: Enthält der Süßwarenautomat tatsächlich Süßigkeiten? Leider habe ich vor Ort nicht nachgesehen.

Jürgen Claußen, Großalmerode, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Tochter, jetzt bald ein Schulkind, regt sich masslos auf über die blöde Mama. In ihrer Wut schreibt sie ein Schild und hängt es an ihre Tür: »Mamafabot«. Trotzdem kann sie sich nicht beruhigen. Ich knuddele sie und lobe sie für das toll geschriebene Schild. Das nimmt ihr den Wind aus den Segeln und sie erklärt: »Das habe ich nicht geschrieben, weil du nicht reindarfst, sondern damit Ihr das seht!« Versöhnung kann so einfach sein, wenn alle beweglich sind!

Susanne Kremer, Stuttgart

 

65 Jahre DIE ZEIT

Am 30. Juli feierte Annemarie Eilhardt aus Bad Frankenhausen ihren 85. Geburtstag. Von Hamburg aus machte sich Silvie Rundel, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der ZEIT, auf den Weg nach Thüringen, um ihr zu gratulieren. Birgit Burtchen, Tochter der Jubilarin, hatte sich den Besuch von der ZEIT gewünscht, um ihre Mutter zu überraschen und ihr eine Freude zu bereiten. Dank der Unterstützung von Familie, Freunden, Nachbarn und Pflegern, lebt die 85Jährige nach wie vor in ihrer Wohnung

V. l. : Silvie Rundel, Birgit Burtchen und Annemarie Eilhardt

Der Besuch startete mit einer kleinen Stadtrundfahrt: vom Geburtshaus in Richtung Panoramadenkmal, zum Aussichtsplateau am Hotel Residenz, an der schiefen Oberkirche vorbei, zum Schausieden, dem Quellgrund mit der solehaltigen Elisabethquelle, zum Rathausplatz, zum Kriegsgräberdenkmal und der Schokoladenmanufaktur. Unterwegs erzählte Annemarie Eilhardt, wie sich die Stadt im Laufe der Jahre gewandelt hat und brachte kleine Anekdoten aus ihrem Leben zum Besten: Zum Beispiel die Geschichte vom Fliederbaum, den ihre Mutter mit ihr im Alter von sieben Jahren gepflanzt hatte.

Der Fliederbaum heute in voller Blüte

Kaum zuhause, kamen bereits die eingeladenen Gäste, um Annemarie Eilhardt ein Ständchen zu singen und mit ihr anzustoßen. „Wir sangen, klangen und schwangen so gut miteinander, als ob wir das seit Jahren gemeinsam tun würden“, berichtet Birgit Burtchen. Im Anschluss hatten sich alle ein Stück von der aus Hamburg mitgebrachten Geburtstagstorte verdient – Schokolade und Marzipan, ganz nach dem Geschmack der Jubilarin.

Gemeinsamer Besuch der Salzsole in Bad Frankenhausen

Die Überraschung war gelungen. Solch eine schöne Geburtstagsfeier hatte die 85Jährige nicht erwartet, erzählt ihre Tochter. Sie fand besonders schön, „dass ein Wunsch für einen älteren Menschen, einer einfachen Frau aus dem Alltagsleben, zu Ehren ihres 85. Geburtstages ausgewählt wurde. Ohne das Ansinnen scharfsinniger Fragen und Antworten zu erwarten, sondern einfach zu erleben wie die Dinge funktionieren, nicht zu beurteilen, philosophieren und diskutieren. Frau Rundel konnte live erfahren, wie das Leben von Frau Eilhardt daheim funktioniert, ohne das Angehörige in ihrer Wohnortnähe leben.“