Als die Regierenden lange sich kannten
(und man darf sagen: die Bürger kannten sie gut),
kam ihnen der Wahlsieg plötzlich abhanden,
wie anderen Leuten ein Stock oder Hut.
Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
gaben Statements ab, als ob nichts sei,
eigentlich war ihnen zum Heulen,
aber die Presse war noch dabei.
Vom Fenster aus konnte man Kühltürmen winken.
Die Energie-Lobby war weg schon seit Viertel nach vier.
Am liebsten würden sie sich betrinken,
jedoch die Geier vom Fernsehen waren immer noch hier.
In der Parteizentrale am Ort
rührten sie in den Tassen.
Am Morgen saßen sie immer noch dort,
auch die Wahlstrategen sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.
Die giftgen Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Verseuchen an allen Enden.
O tückisch Duft, fataler Klang!
Nun, armes Herze, wird dir bang!
Nun wird sich alles, alles wenden.
Die Welt wird öder mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Strahlen will nicht enden.
Es strahlt das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, beginnt die Qual!
Wer kann das alles, alles wenden?
Hans-Otto Kaufmann, nach Ludwig Uhland „Frühlingsglaube“
„Meine Tochter, Stefanie, 5 Jahre alt, spielte mit einer Freundin vor der Tür. Als ich zum Essen rief, stand vor mir ein kleiner
Dreckspatz, den ich nur mit Mühe als m e i n Kind erkennen konnte: sie war dreckig von oben bis unten. Mein entsetzter Ausruf: “ Wie siehst Duuu denn aus?“ beantwortete sie mit einem strahlenden Gesicht: „Aber, Mutti, es war doch sooo schön!“
Ich habe sie mir geschnappt und das glückliche Kind an mich gedrückt. Jetzt gab es zwei glückliche Menschen.
Der (vermutlich) türkische Vater mit etwa 5jährigem Sohn, der knapp vor mir mit einem Wagen voll leerer PET-Flaschen den Supermarkt betritt und zum Rückgabe-Automaten will. Er sieht die drei Flaschen in meinem Korb und sagt sehr freundlich: „Bitte, gehen Sie vor, Sie haben weniger.“
Am Morgen nach meiner ersten Chemotherapie um sieben Uhr die Laufschuhe schnüren und mit einem guten Freund losjoggen. Wir sehen einen traumhaften Sonnenaufgang, hören die Vögel, ich fühle den Wind auf den kurz geschorenen Haaren. Wir laufen, reden, lachen und spüren nach neun Kilometern: Wir leben! Ulrike Geßner, Worms
Unser neuer Schrank für den Flur. An einem Samstagmorgen fahren wir nach Hamburg auf den Flohmarkt, bereit, viel Geld für einen schönen alten Flurschrank auszugeben. Wir werden nicht fündig. Auf dem Rückweg zum Auto aber steht ein schöer alter Schrank auf dem Fußweg. An ihm klebt ein Zettel: »Ich muss hier schnell weg!« Grau gestrichen, beherbergt das alte Ungetüm nun unsere Mützenberge. Vielen Dank! Corinna Lappat, Elmenhorst
Lieber Herr Ramsauer,
neulich las ich, Sie hätten das Amt des Verteidigungsministers mit der Begrüdung abgelehnt, Ihre Kinder seien »zu klein, um nur noch in gepanzerten Wagen herumzufahren«. Dass ein Mann, Verkehrsminister und CSU Politiker eine Laufbahnentscheidung vom Wohl seiner Kinder abhägig macht, hat mich einigermaßen überrascht. Und obwohl ich Ihre verkehrspolitischen Entscheidungen häfig fragwürdig finde und Stuttgart 21 für Wahnsinn halte, muss ich Ihnen zähneknirschend Respekt zollen. Bitte lassen Sie sich doch auch in der Verkehrspolitik künftig vom Wohle der verschiedensten Kinder dieses Landes leiten!
Philipp Poisels Album Wo fängt dein Himmel an? höen, an meinen Freund Morten in Norwegen denken und mir sicher sein, dass sein Himmel weit genug reicht … Friederike Rotberg, Marl
Dass die Liebe die Bürokratie erweicht hat. Nach monatelangem Papierkrieg mit Botschaften, Ausländerbehörden, Arbeitgebern und Fluglinien bekommt mein Freund ein Schengen Visum. »Täschung, Fälschung, Verschleierung«, stand in den Gesichtern kubanischer und deutscher Bürokraten. »Hoffnung, Träume, Zukunft, Familien kennenlernen«, haben wir tausendfach geantwortet. Denise Koch, Hannover
… aus traurigem Anlass« unternimmt Sabine Kröer, 55: Im vergangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Von Buenos Aires aus ist sie per Schiff in die Süsee gefahren, über Australien, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Indien und durch den Sueskanal geht es jetzt weiter bis nach Venedig. Der Bericht über Sydney und Brisbane entstand vor dem Erdbeben in Japan.
Dank ausgeklüelter Regie unserer Reederei erreichen wir Sydney zur eindrucksvollsten Zeit: am späten Abend. Zuerst passieren wir das durch seine extravagante Architektur welt bekannte Opernhaus, dann die Harbour Bridge, in deren Nähe wir angesichts einer in allen Farben funkelnden Skyline ankern. Bei der Stadtrundfahrt am nächsten Vormittag verliebe ich mich in diese bezaubernde Großstadt, obwohl ich im Allgemeinen Großstädte gar nicht mag. Bei unserem Fremdenführer erkundige ich mich nach den Einwanderungsbedingungen – und erlebe eine bittere Enttäuschung: Ich bin zu alt, zu arm, und ich habe den falschen Beruf. Leute wie mich will man in Australien gar nicht. Am Bondi Beach lässt sich auf die Schnelle auch kein Heiratskandidat finden. Ein Bummel durch Darling Harbour verstärkt noch einmal meine Auswandergelüste, erst der gepfefferte Preis meines Eisbechers lässt mich zur Vernunft kommen. So kehre ich auf unser Schiff zurük und habe lediglich etwas Sand in den Schuhen.
Entlang der australischen Ostküte mit ihren endlosen Sandstränden erreichen wir Brisbane. Das Hochwasser vom vergangenen Januar hat seine Spuren hinterlassen, doch nun mäandert der Brisbane River wieder friedlich durch die Stadt. 1825 als Sträflingslager gegründet, macht »Brizzie« heute einen sehr grünen und schicken Eindruck. Leider ist uns nur eine Stunde »Freigang« vergönt, und ich verbringe sie auf der Suche nach Fotomotiven im Laufschritt, aber in anregender Begleitung. Thanks for teaching me!