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Was mein Leben reicher macht

Meine vier starken Frauen: Nina in der Ausbildung. Merle, für ein Jahr allein in Australien. Anna, auf dem Weg zum Abi. Claudia, die Liebe meines Lebens.
Michael Blohm, Tornesch

 

Zeitsprung

Fünf Jahre lang, von 1990 bis 1995, habe ich mit meinem Kollegen Klaus Dierßen immer wieder die ehemalige DDR besucht und in Hunderten von Bild­paaren und -­reihen die Veränderungen dokumentiert. Der Zeitsprung zwischen den Einzelbildern gibt Aus­kunft über den ästhetischen Wandel, aber auch über die dahinterstehende Befindlichkeit. »Danach und Danach«haben wir unser Projekt genannt. Diese beiden Aufnahmen zeigen einen Metzgerladen in Sangerhausen, Sachsen­Anhalt.

Ditmar Schädel, Kevelaer

 

Was mein Leben reicher macht

Weltuntergangsstimmung und gro­ße Traurigkeit in diesem Jahr an meinem Geburtstag: Erdbeben, Tsunami, Atomunglück. Krieg. Doch drei ältere Damen mit so­ genannter geistiger Behinderung singen für mich ganz allein Lobe den Herren. Auch wenn mir das Lob Gottes gerade sehr fernliegt: Mir geht das Herz auf!
Inge Ostertag, Lübeck

 

Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Ein Märchen aus neuerer Zeit

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Das Märchen von sich’rer Atomkraft,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Fukushima steht still und es dunkelt,
Und die Wolke ziehet dahin.
Und hat in ihrem Innern
So manche Strahlung darin.

Die liebe Frau Merkel sitzet
Im Kanzleramt wunderbar;
Die Nachricht hat sie erhitzet,
Greift sorgenvoll sich ins Haar.

Sie wendet sich zu ihrem Volke
Mit neuer Litanei;                                                                                                                          
Will alles überprüfen,
Denkt nur an die Wahlen dabei.

Freund Mappus bei uns hier im Süden
Ergreift es mit wildem Weh;
Vor kurzem den Sieg noch vor Augen,
Schmilzt dieser wie Frühlingsschnee.

Ich glaube am Ende verschlingen
Der Wutbürger Sorgen den Mann;
Und dann bricht bei uns im Süden
Ein neues Zeitalter an.

Walter Erb, Eppelheim, frei nach Heinrich Heine „Die Lorelei“

 

Kritzelei der Woche

Im vergangenen Jahr war ich mit meiner Klarinette zum ersten Mal auf einem Lieder­ und Klezmerworkshop. Der Raum war angefüllt mit der Musik, und sogar wenn man selbst das Instrument zur Seite gelegt hatte, spielten andere noch weiter. Auf einem Notenblatt versuchte ich, alle Instrumente einzufangen.

Susanne Grytzka, Dortmund

 

Was mein Leben reicher macht

Noch vor ein paar Tagen hätte ich geschrieben: »Dass wir uns nach zehn gemeinsamen Jahren endlich trauen, unser geliebtes Hamburg für drei Jahre zu verlassen, um mit unserer wundervollen Tochter an die deutsche Schule nach Tokyo/Yokohama zu gehen.« Und jetzt die Ereignisse in Japan! Unser ganzes Mitgefühl gilt dem japanischen Volk und allen Betroffenen. Die Frage nach unserer persönlichen Zukunft rückt in den Hintergrund. Ich bin dankbar dafür, dass ich durch die emotionale Verbunden­heit zu meinem Mann gelernt habe, von den eigenen Lebensumständen abzusehen und wahres Mitgefühl aufzubringen, ohne die eigene Si­tuation bedauern zu müssen.

Sonja Clasing, Hamburg

 

Ein Gedicht! Klassische Lyrik

11. März 2011

nach Theodor Fontane, »Die Brük’ am Tay (28. Dezember 1879)«

»Wann treffen wir drei wieder zusamm’?«
»Um die neunte Stund’, am östlichen Damm.«
»Beim Block Nummer eins.« –»Ich breche die Wand.«
»Ich ’s Dach.« – »Ich komme von Norden her.«

»Und ich von Süden.« – »Und ich vom Meer.«
»Hei, das gibt einen wilden Tanz,

Und keiner der Meiler bleibt dann noch ganz.«
Und die Kühlung, die doch so sicher hät?«
»Von dem Tsunami wird sie zerschellt!«

»Zerstört!«
»Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand.«

(…)

»Wann treffen wir drei wieder zusamm’?«
»Um Mitternacht, am Bergeskamm.«
»Hoch über der Insel, mit wilder Flamm’.«

»Ich komme.« – »Ich mit.« – »Ich nenn euch die Zahl.«
»Und ich die Namen.« – »Und ich die Qual.«

»Hei!
Zerborstene Blöke, die Strahlung ist frei.«
»Tand, Tand, Ist das Gebilde von Menschenhand.«

Ortwin Beisbart, Stegaurach, Oberfranken

 

Was mein Leben reicher macht

So viele Menschen äußern zurzeit ihre Trauer und ihr Entsetzen über das Leid der Menschen in Japan. Es stimmt nicht, dass wir gar nichts für die Zukunft lernen. Alle Ge­spräche darüber bereichern mich, nutzlos ist keines.
Ingrid Schormann, Rheinbach