Ich habe schon immer gern im Unterricht vor mich hingekritzelt. Ich kann mich dabei entspannen und dem Unterricht – heute den Vorlesungen für Grafikdesign – besser folgen. Wenn ich die Kritzeleien betrachte, erinnere ich mich hinterher auch besser an die behandelten Themen. Aber ich mache mir zur Sicherheit trotzdem immer Mitschriften.
Nach minutenlangem Schluchzen und auf unsere vierte Nachfrage: »Was willst du, Jannis?«, kommt unserem 15 Monate alten Sohn sein allererstes Wort über die Lippen: »Keks!«
In unserer Familie ziehen wir uns für die Nacht den Schlafover an. Abgeleitet vom Pullover (das »over« auch so ausgesprochen), beschreibt dieses Wort das in der Regel kuschelige und zum nächtlichen Wohlfühlen geeignete Kleidungsstück um einiges besser, als es der »Schlafanzug« könnte.
Springerle zu backen gehörte zu den schönsten Dingen, die ich mit meiner Oma erlebt habe. Jedes Jahr holte sie voller Andacht die alten Model hervor, zeigte mir begeistert die Schnitzereien und zelebrierte sorgsam das kunstvolle Formen der Plätzchen, die in keinem bunten Teller fehlen durften. Am liebsten war ihr die »Spinnerin« mit der Spindel und dem dünnen Faden. Nach Omas Tod gingen die kostbaren Formen auf mich über. Sie sind unverwüstlich, und hin und wieder erfreue ich die Familie mit dem erinnerungsträchtigen Gebäck. Je älter ich werde, desto sentimentaler werde ich beim Backen und umso dankbarer für die wunderbaren Stunden an Omas Küchentisch.
Komme beim Spaziergang über die nahe gelegene Autobahnbrücke. Als Kind stand ich hier sehr oft und habe den Autofahrern zugewinkt. Jetzt, 62-jährig, stehe ich wieder mal an dieser Stelle und denke an meine Kindheit zurück. Auf einmal winkt mir ein Autofahrer von unten zu.
»Wie schön, dass du dich darauf besinnen kannst«, sagten meine Großeltern, wenn ich von frühen Kindheitserlebnissen berichtete. Wie viel aussagekräftiger ist dieses Verb, das tatsächlich alle Sinne mobilisiert! Der Duft frisch gekochter Himbeermarmelade, der durchdringende Ton der Sirenen, das unvergleichliche Gefühl, ein frisch geschlüpftes Küken berühren zu dürfen, und der Geschmack eines Stücks Zuckerrübe direkt vom Blech werden so aus langem Schlummer erweckt. Dagegen wirkt »erinnern« blass, fast steril.
Als ich vor Jahren begann, mit einem Lauf durch die Umgebung in den Tag zu starten, verliebte ich mich in diesen Baum. Unzählige Male habe ich die Manna-Esche fotografiert. Alle Jahreszeiten sind mir vertraut. Jeder Monat bringt etwas Neues, selbst täglich verändert der Baum sich.
Meine Mutter, 88 Jahre alt und durch ihre Parkinsonerkrankung sehr beeinträchtigt, hat meinem veganen Sohn einen veganen Stollen gebacken, obwohl sie seine Lebensentscheidung nicht recht verstehen kann. Aber: »Der Junge muss ja auch was essen an Weihnachten.«