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Schmusare, Krassissimo! Mein Wort-Schatz

Unsere Kinder sind zweisprachig aufgewachsen – mit einer genuesisch-italienischen Mutter und einem hamburgisch-deutschen Vater. Dabei haben sie beide Idiome kreativ zu einer hochkommunikativen Sondersprache kombiniert, die bei uns in der Familie »Italiesco« heißt. Sie hält so schöne Wortschöpfungen bereit wie Schmusare, die mediterrane, öffentlich-herzliche Version des in Deutschland bisweilen zurückhaltend ausgeübten Liebesbeweises. Italiesco hat auch den Vorzug, deutsche Adjektive bis in Regionen steigern zu können, in denen dem deutschen Superlativ selbst in seiner jugendlichen Version längst die Ausdrucksfähigkeit fehlt. Das ist natürlich irgendwie ungerecht, um nicht zu sagen: Krassissimo!

Axel Jürs, Berlin

 

Oberrüben: Mein Wort-Schatz

Wie jedes Jahr um diese Zeit freue ich mich beim Gang über den Wochenmarkt über das frische, in heimischen Gefilden gewachsene Gemüse. Allerdings suche ich nach Oberrüben, etwas später im Jahr nach Welschkraut und Rotkraut und im Herbst nach Kohlrüben – leider vergeblich. Ich finde stets nur die Bezeichnungen »Kohlrabi«, »Wirsing«, »Rotkohl« und »Steckrüben« auf den Preisschildern. Meine schon vor langer Zeit verstorbene Mutter, eine Riesengebirglerin, wäre sicherlich enttäuscht, wenn ihr die altvertrauten Begriffe nicht mehr begegneten. Und entrüstet würde sie rufen (wie immer, wenn sie etwas »allerhand« oder »unerhört« fand): »Da hört doch der Gurkenhandel auf!«

Karl-Ludwig Zeitz, Celle

 

Was mein Leben reicher macht

Meine beiden Enkel, vier und sechs, übernachten bei mir. Abends bekommt der Wecker eine Markierung, damit sie wissen, wann sie aufstehen dürfen. Doch schon um halb sechs höre ich die beiden lachen und reden und diskutieren, ob die Nacht wohl schon vorbei sei. Dann der Vorschlag des Großen: »Ich stelle einfach die Zeiger vor!«

Evelyn Rieforth, Kirchheim-Teck

 

Die Kritzelei der Woche

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Seit meine Tochter studiert und nicht mehr bei uns zu Hause wohnt, vermisse ich unter anderem die kleinen Zettel mit ihren »Alltagskritzeleien«, die gerne überall herumlagen. Heute sind mir beim Aufräumen noch einmal zwei in die Hände gefallen…

Kerstin Flohr-Gundlach, Bersenbrück, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Enkeltochter, 11 Jahre, sich versonnen im Spiegel betrachtend: »Ich bin froh, dass ich so bin, wie ich bin.« Großmutter, 72 Jahre: »Du kannst auch froh sein, dass du so bist, wie du bist. Ich bin auch froh, dass du so bist, wie du bist. Ich bin auch froh, dass ich so bin, wie ich bin.« Enkelin: »Ich wäre froh, wenn ich so wäre wie du, wenn ich Oma bin.«

Hanne Nowak, Bochum

 

Die Kritzelei der Woche

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Das letzte Schuljahr verbrachte ich als Austauschschülerin in Estland und besuchte dort ein normales Gümnaasium. Da ich keine Vorkenntnisse in Estnisch hatte, verstand ich den ersten Monaten herzlich wenig vom Unterricht. Den Lehrern war es egal, was ich machte, also versuchte ich mich zu beschäftigen. Ich lernte Estnisch, las Bücher – und kritzelte in meinen Kalender. Er wurde zu einer Art Tagebuch, an den Zeichnungen kann ich heute noch nachvollziehen, was mich beschäftigte, und an den Notizen, dass mein Estnisch von Woche zu Woche besser wurde. Wenn ich den Kalender heute durchblättere, weiß ich: Es war das anstrengendste, aufregendste und beste Jahr meines bisherigen Lebens.

Rosa Lorenz, Kasseedorf, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Spruch von Wolfgang Neuss: »Heut mach ich mir kein Abendbrot. Heut mach ich mir Gedanken!« Fürs leiblich-diätetische Wohl sehr sinnvoll und fürs mentale allemal, hab ich mir diese Weisheit für meine Küche gerahmt.

Christa Horlitz, Göttingen

 

Was mein Leben reicher macht

Auf einem verlassenen Krankenhausflur am späten Abend nach einer OP zusammen mit meinem Freund in einem Bett zu liegen und zu wissen, dass er für mich da ist.

Laura Philipps, Heidelberg

 

Selbst gemacht

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Dieses Siebenbrett – ein chinesisches Legespiel – habe ich aus Holz nachgebaut. Die Anregung dazu gab mir der Roman Nagelprobe in Peitscho von Robert van Gulik, der durch eine ZEIT-Edition historischer Kriminalromane den Weg in mein Bücherregal gefunden hat. Motive aus dem Buch klebte ich zur Anregung auf die Rückseite. Ich habe sieben Exemplare hergestellt und in der Farbe meines Holzhauses lackiert. Nur wirklich gute Freunde erhalten es als Geschenk.

Harold Klein, Niddatal, Hessen

 

Das erste Mal

Zum Anfang des neuen Jahres möchten wir in der ZEIT Geschichten von Anfängen erzählen. Dafür brauchen wir Sie. Berichten Sie uns von einem ersten Mal in Ihrem Leben. Ihre Geschichte sollte ungewöhnlich sein: Sagen wir, Sie haben ein neues Herz bekommen – wie waren die ersten Monate nach der Transplantation? Oder Sie sind Polizist – wie war es, zum ersten Mal auf einen Menschen zu schießen? Vielleicht sind Sie auch Pfarrer – wie haben Sie die erste Beichte erlebt, die Sie abgenommen haben?

Schreiben Sie Ihre Erlebnisse auf (3000 bis 7000 Anschläge) oder skizzieren Sie sie kurz, um sie von einem unserer Redakteure protokollieren zu lassen. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften per E-Mail an anfang@zeit.de oder auf dem Postweg an:

DIE ZEIT, Dossier, Stichwort »Anfang«, Buceriusstraße/Eingang Speersort 1, 20095 Hamburg.