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annas ananassalat

(nach Ernst Jandl, »ottos mops«)

anna fragt: macht
ananas an
papa sagt: ananas
macht krank
mama sagt: ananas
macht alt
adam sagt: quatsch

anna mag adam
anna macht adam
ananassalat
adam mag annas
ananassalat
ananas macht adam an

adam: ach, anna, ach
anna: mach was, adam
adam macht was
anna: ah ja ja

Paul Pfeffer, Kelkheim

 

Frühling

(nach Eduard Mörike, »Er ist’s«)

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder knattern durch die Lüfte.
Treibstoff! Wohlbekannte Düfte
Streifen abgasvoll das Land.
Fahrradfahrer träumten schon,
Wand’rer wollten kommen.

– Horch, von fern ein Martinshorn!
Frühling, ja das ist dein Ton!
Dich hab ich vernommen.

Claudia Kufeld, Kierspe, Nordrhein-Westfalen

 

Roboter, 2020

(nach Rainer Maria Rilke, »Gott im Mittelalter«)

Und sie planten seine Konstruktion
und sie wollten, dass er sie entlaste,
und sie bauten schließlich eine Taste
(zu verhindern eine Fehlfunktion)

in die Mitte seines Steuerschaltpults
auf dem Rücken. Und er sollte nur
rastlos, als Triumph des Technikkults,
dienend kreisen und in einer Tour

Sklave sein bei ihrem Tun und Walten.
Aber plötzlich kam er ganz in Gang,
und die Forscher, die das nie gedacht,

ließen weitergehn ihn, hilflos bang,
kopflos, ohne den RESET zu schalten,
und entflohn vor seiner kalten Macht.

Klaus Graeff, Hennef

 

Nicht! Nicht mehr!

(frei nach Kurt Tucholsky)

Ein leichter Schock umnebelt die Gedanken:
Verdammt! Was soll der kalte Wind?
Die Winterreifen sind
in der Garage, seit dem letzten Tanken.

Was wehen jetzt des Winters Lüfte,
und die Natur steht wieder still?
Auch der April
verweigert die gewohnten Düfte.

Du lieber Gott, da ist doch nichts dahinter,
wenn dieser Bär sich murrend schleckt
weil wieder aufgeweckt?
So zieh ich mich zurück aus Angst vorm Winter.

Das hab ich nun. Ich muss am Ofen hocken,
die Animalität war zu früh wach.
Ich werde schwach.
Den Apfelblütenregen will ich, keine Flocken!

Joseph Rossa, Weerberg, Österreich

 

Die Fernseherin Lizzie

(nach Matthias Claudius, »Die Sternseherin Lise«)

Ich sehe gern nach Mitternacht,
Wenn ich mein Werk getan
Und keiner sonst im Hause wacht,
Mir alte Streifen an.

Sie funkeln mir ins Aug’, zerstreut
Wie Kurzschluss-Licht im Flur;
In Serie und aufgereih’t
Wie Perlen an der Schnur;

Sie flimmern alle stundenweit,
Und flackern hell und schön;
Ich schau auf meinen Flachschirm breit
Und kann nicht satt mich sehn.

Man fragt im Heft »Die Fernseh-Welt«,
Und das bewegt die Brust:
»Gibt’s Schön’res unterm Himmelszelt
Als all die Flimmer-Lust?«

Ich werf mich auf mein Boxbett hin,
Und lieg noch etwas wach,
Und denk doch über tief’ren Sinn
Nicht mehr sehr lange nach.

Lothar Schwarz, Troisdorf-Bergheim

 

Gesucht

(nach Johann Wolfgang von Goethe, »Gefunden«)

Ich ging durch die Straßen
So für mich hin,
Die Stadt lag verlassen,
Und trüb war mein Sinn.

Da sah ich im Schatten
Ein Denkmal stehn,
Ein Mägdelein war es,
So wunderschön.

Ich wollte es bringen
Zu meinem Heim,
Dies tat mir gelingen,
So will es der Reim.

Ich hob sie vom Sockel,
Grub für sie ein Loch.
Sie stand wie ein Gockel
Und steht immer noch.

Ich habe gefunden,
Was stets ich gesucht:
Ein Mädchen aus Marmor,
Sie ist eine Wucht.

Gabriele Lins, Dormagen

 

annas wal

(nach Ernst Jandl, »ottos mops«)

annas wal kalbt
anna: kalb, wal, kalb
annas wal hat kalb
anna: haha

anna malt wal
anna malt kalb
anna halt
anna: wal wal
anna lacht

annas wal schallt
anna: mach wal mach
annas wal macht
annas wal lacht
anna: tach wal tach

Norbert Sachs-Paulus, Buseck-Trohe, Hessen

 

Hatschi!

(nach Eduard Mörike, »Er ist’s«) 

Frühling lässt den Pollenschwarm
Wieder schweben durch die Lüfte.
Ach, die edelsten der Düfte
Sind für mich nur Pein und Harm.
Schleimhaut schwillet schon,
Tränen wollen kommen.
Wär’ da nur der leise Harfenton!
Doch »Hatschi« tönt es!
Frühling! Hast’s vernommen!?

Klaus Reif, Bonn

 

Mein Herz, mein Herz ist alt

(nach Heinrich Heine, »Mein Herz, mein Herz ist traurig«)

Ich sitze im Schatten vorm Hause,
Mein Herz, mein Herz ist alt,
Doch ringsum leuchtet der Frühling,
Es blühen die Kirschen bald!

Dort unten sonnt sich die Straße
In friedlicher Mittagsruh;
Ein Nachbar werkelt im Garten,
Die Nachbarin schaut ihm zu.

Jenseits erheben sich deutlich,
In vielfältig bunter Gestalt,
Landstraßen und Häuser, ein Kirchturm
Und Felder und Wiesen und Wald.

Der Höhenweg auf dem Anger –
Wie liefen wir dort so gern!
Wie nah ist er heute zu sehen –
Und ist doch so sehnsuchtsfern.

Aber möchte ich denn noch wandern?
Jetzt liegt in der Ruhe das Glück;
Die Welt überlasse ich andern,
Schau zu – und denk sinnend zurück.

Lore Bruck, Mainleus-Veitlahm, Bayern

 

Ein Loblied bei Regen zu singen

(nach Matthias Claudius, »Ein Lied hinterm Ofen zu singen«)

Der Postmann ist ein rechter Mann,
kernfest und auf die Dauer.
Kommt mit der Post stets pünktlich an,
und niemals ist er sauer.

Wenn’s draußen frieret Stein und Bein
und schüttet wie aus Kübeln,
er steckt das alles lässig ein –
wem soll er’s auch verübeln?

Und nach getaner Arbeit still
geht er um zwei, drei Ecken,
setzt sich in einen Hähnchen-Grill
und lässt sich’s trefflich schmecken.

Und dräut der Winter noch so sehr,
der Postmann bleibt bei Laune,
trägt munter seine Fracht umher –
und ich, ihr Leut’, ich staune!

Hier kämen zwar noch ein,
zwei Strophen, doch lass ich’s Dichten gerne sein.
Mach’s mir behaglich hinterm Ofen,
derweil der Postmann frönt dem Hühnerbein.

Lothar Rehfeldt, Lübeck