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Kuddlmuddl: Mein Wort-Schatz

Aus meiner schwäbischen Kindheit kenne ich das Wort Kuddlmuddl. Wahrscheinlich gibt es Bedeutungsnuancen zum hochdeutschen Durcheinander, Wirrwarr und Chaos. Oder vielleicht doch nicht?

Gerhard Evers, Göppingen

 

Hirnstellerle: Mein Wort-Schatz

Nach dem Umzug ins Badische war der neue Dialekt für uns eher gewöhnungsbedürftig, aber ein in der Region gebräuchliches Wort benutzte meine Mutter mit großer Begeisterung: Ein Hirnstellerle ist ein dekorativer Staubfänger – und Nippes konnte sie nie sonderlich leiden.

inzwischen habe ich auch die norddeutsche Variante dieses Begriffs kennengelernt – und trenne mich deshalb immer wieder mal gerne von einem Stehrümchen.

Anne Schumann, Mainz

 

Verpimpeln: Mein Wort-Schatz

Wer kennt heute noch das schöne Wort verpimpeln? Als Kinder trugen wir Brüder kurze Lederhosen, die waren praktisch und widerstandsfähig. Kamen im Herbst die ersten kühlen Tage, trugen wir zunächst lange Strümpfe bis unter die Knie statt der üblichen Söckchen. Mutter achtete besorgt darauf, dass den lieben Kleinen die Luftkühle nicht zusetzte, sie sich nicht erkälteten. Wenn sie dann unseren Vater fragte, ob wir nicht von nun an lange Hosen tragen müssten, antwortete er: „Du musst die Jungs doch nicht verpimpeln. Die sollen abgehärtet werden! Lange Hosen können sie anziehen, wenn es Schnee gibt.“ Tatsächlich wurde so verfahren, und wir beiden Jungs hatten, so lange ich denken kann, das ganze Jahr über nie eine Erkältung oder überhaupt ernstere Erkrankungen. Meine Enkel tragen heute keine Lederhosen mehr, und ich staune immer wieder über die Vermummungen, in denen sie dem Wetter trotzen müssen. Haben sich die Jahreszeiten so verändert? Oder werden die Kinder frühzeitig verpimpelt?

Hans-Henning Kubusch, Beverungen, nordrhein-Westfalen

 

Poofe: Mein Wort-Schatz

Jeden Samstag nach dem Wunschfilm, pünktlich um 21 uhr 45, sagte mein Vater in feinstem Ruhrgebietsdeutsch: »So, getz aber ab inne Poofe!« Während meine Brüder und ich damals jeden Moment hinauszögerten, ins Bett zu gehen, hat die gute, alte Poofe heute ein Revival erfahren: Mit einem sechsmonatigen Sohn kann ich es manchmal gar nicht abwarten, abends endlich in die Poofe fallen zu können.

Nina Cornelius, Zürich

 

Cellophanpapier: Mein Wort-Schatz

Kürzlich hat Ansgar Book hier über das Stanniolpapier geschrieben. Seither geht mir das Cellophanpapier meiner Kindertage nicht mehr aus dem Sinn. Wir Fünfziger-Jahre-Kinder sind mit wenig aufgewachsen und haben die seltenen Bonbonpapierchen leidenschaftlich gesammelt, sorgfältigst geglättet, gefaltet und in Streichholzschächtelchen aufbewahrt. Diese Bonbonumhüllungen waren aus Cellophanpapier. Mit ihrer Hilfe wurde unsere kleine Welt ganz bunt.

Hanne Langen, Much, Bergisches Land

 

Nu: Mein Wort-Schatz

Ein in der Dresdner Gegend geläufiges und beinahe universell einsetzbares Wort ist die Partikel »Nu!« (mit breitem, kurzem u). Dazu ein Beispiel, erlebt neulich in der S-Bahn: Die Schaffnerin kontrolliert die Fahrkarten. Ein Jugendlicher mit iPod- Stöpseln im Ohr beginnt, während sie vor ihm steht, in aller Ruhe alle seine Taschen nach der Fahrkarte abzusuchen, bis er sie schließlich findet und ihr hinhält. Sie wirft einen langen Blick darauf und entgegnet in einem Tonfall, worin Gutmütigkeit, leichtes Genervtsein und doch viel Gleichmut mitschwingen, nichts als: »nu!« Mit diesem einen Wort war alles gesagt: »Danke, die Fahrkarte ist in Ordnung. Das hätte schneller gehen können. Beim nächsten Mal nicht so weit wegpacken!« Aber wo könnte man es ökonomischer ausdrücken als in Dresden, womöglich kombiniert mit den nicht minder originären »ni« (Verneinung) und »nor« (Rückversicherung)? Dann hätte die volle Antwort der Schaffnerin geheißen: »Nu, awwor nähschdes-Mah ni so lahm, nor?«

Christian Quinque, Leipzig

 

Schweinsgalopp: Mein Wort-Schatz

Neulich war ich Gast bei einer großen Hochzeit auf dem Land. Nach der Trauung sollte es in geordneter Abfolge zum Festessen gehen. Die Blumenkinder vor dem Brautpaar waren aufgestellt, und die Hochzeitsgesellschaft formierte sich, als ein Donnergrollen das ganze Vorhaben zunichtemachte. im Schweinsgalopp wurden die Blumenkinder selbst von der Oma mit Rollator überholt. Als wir im Lokal angekommen waren, gingen die ersten Regentropfen nieder. Bis dahin kannte ich das Wort nur aus der Politik, wenn ein Gesetz im Schweinsgalopp durchgeht. Siehe Atomausstieg. Drohende Wolken sorgen manchmal für schnelle Entscheidungen.

Elisabeth Weber-Strobel, Heidenheim

 

Speisekammer: Mein Wort-Schatz

Die gute alte Speisekammer – schade, dass sie ausgedient hat! Nur in wenigen Häusern ist sie noch zu finden. Als Kinder fühlten wir uns magisch angezogen von den köstlichen Düften und Leckereien. Wie gerne hätten wir uns das eine oder andere Plätzchen stibitzt oder ein Weckglas mit süßem Quittenkompott. Aber getraut haben wir uns das nicht. im Winter, ein paar Tage vor Weihnachten, hing die Gans im offenen Fenster – einen Kühlschrank gab es so kurz nach dem Krieg nicht. und im Sommer haben wir die leeren Weckgläser als Heimstatt für Molche und Salamander aus dem Baggersee zweckentfremdet – zum Verdruss unserer Mutter. Etwas allerdings war grässlich in der Speisekammer: Dort wurde uns der tägliche Löffel Lebertran nach dem Mittagessen verabreicht. igitt!

Regine Rogge, Bargteheide, Schleswig-Holstein

 

Baumöl: Mein Wort-Schatz

Meine Großmutter ging nur gelegentlich zur Kirche. Und hatte der Herr Pastor eine besonders salbungsvolle Predigt gehalten, dann pflegte sie zu sagen: »Mein Jott, hat der sich ma widder bebaumölt!« nicht nur Pastoren kriegten das zu hören, sondern alle, die sich selbst zu wichtig nahmen, auch kleine Jungen, die der Meinung waren, sie hätten eine Heldentat vollbracht: »Bebaumöle dich ma nich so!« Was für ein Baumöl kann sie wohl gemeint haben? Sie stammte aus Sachsen-Anhalt.

Herdin Achilles, Rendsburg, Schleswig-Holstein

 

Beeumeln: Mein Wort-Schatz

Wenn wir früher in einer urkomischen Situation waren, aber dabei nicht lachen durften, so sagten wir später: »Wir hätten uns beeumeln können vor Lachen!!«

Werner Müller, Berlin