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Eidam: Mein Wort-Schatz

Bei unseren (fast) täglichen Scrabble-Partien freue ich mich, wenn ich eins der Wörter benutzen kann, die im Duden als »veraltet« bezeichnet werden – veraltet wie wir selbst. So auch das Wort Eidam, obwohl sich dieses beim Scrabbeln nicht gerade empfiehlt mit seinem Missverhältnis zwischen Vokalen und Konsonanten. Ob unsere Nachkommen dieses Wort überhaupt noch kennen, weiß ich nicht. Ich stelle mir den Eidam jedenfalls als einen jungen, vielleicht auch nicht mehr ganz so jungen Mann vor, der, entsprechend gekleidet, bei den Eltern seiner Erwählten um die Hand ihrer Tochter bittet. Und natürlich hat er ein gesichertes Einkommen. Diesem Bild entsprechen die Vertreter dieser Spezies in unserer Familie nicht unbedingt, und trotzdem haben wir sie sehr gern.

Heide Harbarth, Darmstadt

 

Daheim: Mein Wort-Schatz

Der Student befindet sich immer im Zwiespalt: Was bezeichnet er als »Zuhause«, den Studienort oder das Elternhaus? Dank der kleinen sprachlichen Unterschiede innerhalb Deutschlands bin ich gegen dieses Problem gefeit: Ich bin in Norddeutschland zu Hause und in Süddeutschland daheim. So einfach kann es sein.

Sabine Volk, Tübingen

 

Küter: Mein Wort-Schatz

»Küter nicht so mit dem Essen rum!«, pflegte mich meine Mutter, die aus Pommern stammte, zu ermahnen, wenn ich als Kind einen wieder und wieder durchgekauten Kloß Fischmatsch im Mund hin und her schob und gleichzeitig mit Messer und Gabel in dem gehassten gebratenen Hering und dessen Gräten herummatschte. Ich sollte als Kind von der Küste von Anfang an das sorgfältige Zerlegen des Fisches erlernen. »Kütern« ist eine Kombination aus Herumgematsche, Gefühl und der dazugehörigen Mimik. Am Kütern erkennt man den Pommern. Meinen eigenen Sohn habe ich zuerst mit Filets an den Fischgenuss herangeführt, die Feinmotorik des Zerlegens musste er erst später üben. Aber auch bei ihm kam das Wort »kütern« zum Einsatz: Er wurde dafür gelobt, dass er nicht gekütert hat. Und heute gehört grüner Hering, selbstverständlich an der Gräte gebraten, zu meinen Lieblingsgerichten. Dank meiner Mutter.

Antje Busch, Hannover

 

Muße: Mein Wort-Schatz

Während meiner Tätigkeit als Lateinlehrerin kommt immer wieder der Moment, in dem das Wort otium, Muße, eingeführt wird, das schon immer mein lateinisches Lieblingswort war. Aber plötzlich fragen die Schüler: »›Muße‹, was ist das?« Das Wort ist ihnen ebenso unbekannt, wie es mir im gleichen Alter das Wort »Stress« war. Ich versuche nun, nicht nur die Sache, sondern auch das Wort zu bewahren: Muße!

Hildegard Danner, Hamburg

 

Mutterwitz: Mein Wort-Schatz

Vor Kurzem fiel mir das Wort Mutterwitz wieder ein. Dieses Wort macht mich gleich fröhlich, wenn ich es höre. Ein Mensch mit Mutterwitz ist wach, dreist, keck, schlau. Er guckt hinter die Kulissen, hat Humor und trifft genau den Nagel auf den Kopf. Ich rätsle: Warum Mutter-Witz? Hat man die Eigenschaft von der Mutter ererbt? Oder hat man sie von ihr abgeguckt? Oder entwickelte man den Mutterwitz schon früh im Umgang mit der Mutter – sozusagen aus Kampfgeist? Es ist schon erstaunlich, dass mit den Müttern eine so peppige Eigenschaft in Verbindung gebracht wird, die ja sonst nicht zum üblichen Frauenbild gehört.

Hannelore Tümpel, Westerholz, Schleswig-Holstein

 

Nähkästchen: Mein Wort-Schatz

»Aus dem Nähkästchen plaudern«: Wenn ich das höre, habe ich sofort bildlich vor Augen, wie eine Menge Frauen mit Nadel und Faden zusammensitzen und sich die Neuigkeiten aus Familie und Gesellschaft erzählen.

Peter Brandt, Berlin

 

Schmaus: Mein Wort-Schatz

Zu den Wörtern, die ich besonders mag, gehört der Schmaus. Es ist nicht nur ein altes Wort, sondern es lässt sich kaum durch eine moderne Bezeichnung ersetzen. Alles, was uns zum Thema Mahlzeit einfällt – Festessen, Imbiss, Menü, Grillparty, Buffet –, drückt höchstens teilweise aus, was der »Schmaus« umfasst: »mit Genuss und Behagen viel und gut essen und trinken« (Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, dtv). Ludwig Uhland hat dem Schmaus ein lyrisches Denkmal gesetzt: In seinem Gedicht Einkehr wird ein Apfelbaum zum Sinnbild der freigebigen Natur. Die dritte Strophe lautet:

Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste;
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das beste.

Wenn wir am großen Familien-Esstisch Platz genommen haben, wartet die Freundin unseres Sohnes jedes Mal auf meine Frage: »Wie heißt der Spruch?« ihre Antwort: »Fröhlich sei der Schmaus – in diesem Haus!«

Hans-Otto Seinsche, Betzdorf

 

Pöhler: Mein Wort-Schatz

»Pöhler« stand kürzlich auf der Schirmmütze von Jürgen Klopp, dem Trainer von Borussia Dortmund. Und da war sie wieder, die Erinnerung an meine Kinder- und Jugendjahre in Westfalen: Nach Schule und Hausaufgaben ging’s raus auf die Konsumwiese, zum Pöhlen (vulgo: Fußballspielen) mit den Jungs aus der Nachbarschaft. Da machte es nichts, dass die Wiese bucklig und abschüssig war – Hauptsache, der Lederball war im Spiel! Und wenn die Blase (des Balls) mal platzte, wurde eine neue eingezogen und weiter gepöhlt. Inzwischen allerdings zwicken Bandscheiben und Knie, und es wird ein Wunschtraum bleiben: Noch einmal so richtig pöhlen (zu können)!

Gerd Heimann, Zossen

 

Schnurstracks: Mein Wort-Schatz

Schnurstracks. Ich mag dieses Wort. Es bringt seine Bedeutung zum Klingen: »Schnur«, das ist gerade, ohne Umwege, auf kürzester Strecke. »Stracks«, kommt das von »Strecke«?, frage ich mich jetzt eben. Egal! Das »a« mit anschließendem »ck« bringt einen kleinen entschlossenen Knall und ist gleichzeitig der größtmögliche Kontrast zum dunklen »u« in der ersten Silbe. Das sehe ich bei »schnurstracks« vor mir: Jemand geht aufrecht und zügig, aber nicht überhastet, in eine Situation, um sie zu klären. »Schnurstracks« ist in Bild und Klang sehr viel anschaulicher als »direkt« oder »straight«.

Margit Bergmann, Flein, Baden-Württemberg

 

Stillvergnügt: Mein Wort-Schatz

In Zeiten einer immer lauter werdenden Event-Kultur sagt mir stillvergnügt: Man kann auch ganz alleine für sich ein stilles Vergnügen finden. Man braucht dazu nicht viel: Nach einem langen Arbeitstag die Füße hochlegen, etwas Käse und ein Glas Wein. Den Gedanken nachhängen und sonst nichts tun. In Zeiten höchster Effizienz und eines lauernden Freizeitstresses ein wahrer Luxus. Klein und unscheinbar wie auch dieses schöne Wort, für das ich unserer Sprache danke!

Michael Schlageter, Frickingen