Aus der Küche meiner Eltern war sie nicht wegzudenken: die Chaiselongue. Auch meine Schwiegereltern hatten so ein Liegesofa. Es bereicherte das Esszimmer. Mit dem erhöhten Kopfteil war es für eine Person das ideale Kurzzeitruhemöbelstück für ein Mittagsschläfchen. Doch nicht nur aus den allermeisten Wohnungen, sondern auch aus dem heutigen Wortschatz ist das gepolsterte »Römersofa« praktisch verschwunden. Als alltagstaugliche Sitzgelegenheit wie auch als Tagesruhemöglichkeit gehörte es nach meiner Erfahrung zur Einrichtungsnormalität der sechziger und siebziger Jahre. Offenbar steht es heute auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Begriffe. Rein zufällig ist es mir vor Kurzem wiederbegegnet, das Wort »Chaiselongue«. Wie ein alter, lieb gewonnener Bekannter, den man seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat, fühlte es sich an, das Erinnern an den »langen Stuhl«, wie er wörtlich übersetzt heißt. Viele Kindheitserinnerungen verbinde ich damit, die spontan wieder präsent waren. Schonungslos strapazierte ich das Möbelstück damals als Spielwiese und Trampolin oder zweckentfremdete es als Sprungbrett und Austragungsort für Raufereien mit Spielgefährten. Auch Tobi, unser kleiner Hund, hat es genossen, darauf zu toben – oder neben seinem Herrchen solidarisch mitzudösen. Vielleicht wird sie ja im Zuge des angesagten Retro-Trends irgendwann wieder hip und erlebt als modernes, megacooles Designerstück eine Renaissance, die Chaiselongue!
Thomas Fürbaß, Bad Schönborn