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Was mein Leben reicher macht

Nach einer Krebsoperation darf ich am Wochenende das Krankenhaus für einige Stunden verlassen. Mein Mann holt mich ab. Zu Hause erwarten uns unsere vier Kinder, die von überall her angereist – und wie mein Mann – total übernächtigt sind. ihren Blicken folgend, sehe ich im Eingang eine Art Mobile, aus 1.000 (!) selbst gefalteten Papierkranichen. Die Familie hat bis vier uhr morgens gebastelt, um mir, entsprechend einer japanischen legende, einen Genesungswunsch bei den Göttern zu ermöglichen.

Friederike Dechamps, Aachen

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Trupp Bauarbeiter arbeitet bei brütender Hitze in meiner Straße. Darunter ein gut aussehender, offenbar italienischstämmiger junger Mann. Trotz der schweren Arbeit verbreitet er, »o sole mio« singend gute Laune. Da kommt eine Gruppe etwa zwölfjähriger Schülerinnen vorbei. Sie unterhalten sich lautstark über ihre grenzdebilen, doofen lehrer und stolzieren in Richtung Gymnasium davon. »Aber Bambini, so wunderschöne junge Damen nehmen doch nicht solche Wörter in den Mund«, sagt der Bauarbeiter und werkelt singend weiter. Für einen ganz kurzen Moment sind die Teenies sprachlos.

Eva schöberl, Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Die dicke, süße, saftige Honigmelone, die mir ein spanischer Lkw-Fahrer geschenkt hat zum Dank für meinen Dienst als analoges Navi (Wegbeschreibung durch Dortmund auf Spanisch). Schwer war nur der Transport der Frucht auf dem Rennrad bis nach Hause!

Simone Asúa-Honert, Schwerte

 

Was mein Leben reicher macht

Mit meinem knapp zweijährigen Sohn in der U-Bahn, uns gegenüber steht ein junges Mädel mit unfassbar kurzem Minirock. Mein Söhnchen zeigt mit dem Finger auf ihre Beine und ruft durch die ganze Bahn: »NACKICH!!!«

Eva Ehrmann, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn meine Frau mit mir nach einem gemeinsamen Arbeitstag in der Abendsonne ein Feierabendbier trinkt und mir dabei so tief in die Augen sieht, dass mir ganz schwindelig wird.

Peter Kramer, Kaisertal, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Jedes Mal, wenn ich mein Fahrrad aus dem Schuppen hole, fällt mein Blick auf zwei kleine Fußabdrücke auf dem Boden. Obwohl es verboten war, hat mein Sohn damals den frisch betonierten Boden betreten und heimlich dort seinen Ball geholt. Max hat heute Schuhgröße 43 und studiert in Dortmund.

Annette Jakob, Borken

 

Was mein Leben reicher macht

Jedes Wochenende zwei Tage Urlaub machen zu können – im Ferienhaus auf der Insel Rügen. Dieses Wochenende: verblühende Fliederhecke, herrliche Wolken, Holz gemacht für die kalten Winterabende am Kamin, Amselgesang bis in die späte Nacht, leichter Wind von der Ostsee. Mein Mann räuchert Heilbutt, Forelle und Lachs für uns. Der nächste Urlaub für zwei Tage ist in Sicht. Diesmal per Fahrrad.

Christine Husmann, Stralsund