Ein goldener Oktobertag. Zusammen mit unseren beiden Söhnen, ein Jahr und vier Jahre alt, pflanze ich hinter unserem Haus einen Walnussbaum. Der „Große“ fährt mit seiner Schubkarre fleißig Erde heran, der Kleine spielt mit der feuchten Erde und den Steinen. Ich mache ein Erinnerungsfoto und denke dabei: Wenn aus diesem kleinen Stamm ein großer Baum geworden ist, bin ich nicht mehr auf der Welt. Aber dieser Gedanke macht mich nicht traurig. Ich stelle mir vor, wie unsere Söhne in vierzig, fünfzig Jahren im Schatten dieses Baumes sitzen und der ältere sich daran erinnert, wie wir diesen Nussbaum gepflanzt haben. Und vielleicht erzählt er seinem Bruder davon.
Ich habe mit 2 kleinen Roma-Mädchen dreimal in der Woche Hausaufgaben gemacht. Dann wollte ich für längere Zeit in Urlaub fahren und mit ihnen Abschied feiern: Schwimmen gehen und danach Pommes essen. Ich sage zu der jüngeren Mevlana, dass sie wirklich ein klitzekleines bisschen besser lesen könne. Da beginnt die süße Maus voller Begeisterung sich umzusehen und fängt an zu lesen: „Haaaaaa-sssssssehnnnn-rrrrrööööödeeeehrrrr!“ – und ist so was von stolz und mir kommen die Tränen…
Kurzbesuch in meiner alten Heimat, dem Oberallgäu. Trübe Nebelstimmung im Tal, doch auf 1800 Metern Höhe liegt einem die Welt, bedeckt von einem strahlend weißen Teppich, zu Füßen. Aufgestiegen mit Hilfe der Bergbahn durch nahezu undurchdringliches Weiß, westseits im Bergschatten dann zu Fuß über Serpentinen immer weiter in die warme Höhe bis zum Punkt, an dem die Sonne ihre wahre Kraft entfaltet, und die Gänsehaut ganz bestimmt nicht der Restkühle des Nebels geschuldet ist. Ein herrlicher Anblick!
Dienstagabend: Der Sopran hat den Einsatz verpennt, die Kantorin schaut schon wieder so streng, der Alt tuschelt zu laut, der Tenor ist noch etwas unsicher, der Bass hat was zu meckern. Aber zuletzt: Wohlklang! Freundliche Gemeinsamkeit, stolzes Lächeln ringsum. Ich liebe es, in unserem Kirchenchor zu singen!
In einer schwierigen Zeit tröstet uns unsere fast 3-jährige Tochter immer wieder durch neue Koseworte: so fällt sie mir von der Waschmaschine aus – da ist sie ja schon groß wie eine Erwachsene – um den Hals und ruft betont liebevoll: „Du liebes kleines Papilein!“ So geht die Sonne wieder auf!
Abendliedersingen im örtlichen Hospiz, in dem ich ehrenamtlich mitarbeite. Diese ruhige Abendzeit, die Hausgäste zusammen mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbringen, ist mit einfachen, tief gehenden Liedern immer wieder eine besondere Stunde des Erlebens von Gemeinschaft. Gestern dann zwei Überraschungen für mich. Meine auf Besuch weilende 16-jährige Nichte Catarina möchte spontan mit ins Hospiz kommen! Sie fügt sich ganz ungezwungen in das gemeinsame Singen ein. Später, gegen Mitternacht, kurz vorm Zubettgehen, singt sie für mich ein Schlaflied , das ich nicht in meiner Notensammlung habe: das wunderschöne Schlaflied für Anne von Fredrik Vahle. Natürlich schlief ich bestens in dieser Nacht!
Gavin und Breehra lieben sich – wie mir die beiden Erstklässler in der Lesestunde strahlend erzählen. 14 Tage später streitet Breehra vehement ihre Zuneigung ab. Gavin wendet sich an mich, die Lesepatin, und sagt: „Frau Kloth, diese Woche lieben nur wir uns“, schiebt mir 66-Jährigen dann ein winziges Zettelchen mit einer Nummer zu und ergänzt: „Sie können mich ja mal anrufen, wenn Sie wollen!“. Dieses Erlebnis liegt etwa 1 Jahr zurück, aber es hat für mich nichts von seinem Charme verloren.
Im ICE von Berlin in Richtung Köln: es ist kein Platz zu finden, alles belegt, selbst in den Gängen zwischen den Waggons drängt man sich dicht am Boden. Im Gang erkundigt sich ein Herr freundlich nach meinem Wohlbefinden: „Geht es Ihnen gut, haben Sie noch keinen Platz gefunden? Gehen Sie ruhig an den vorderen Teil des Zuges. In der ersten Klasse gibt es noch 80 freie Plätze.“ Weitere Reisende, die stehend oder sitzend auf den Gängen ausharren werden angesprochen. Wer misstrauisch nach einer Legitimation fragt erfährt: „Ich arbeite heute für die Deutsche Bahn, vertrauen Sie mir.“ Den ehrlichen Augen dieses Herrn mehr Vertrauen schenkend als der fehlenden Uniform machen sich einige auf den Weg ans andere Ende des Zuges. Dort empfängt uns ein aufgebrachter Zugführer: „Hier bin ich der Chef, was Ihnen da erzählt wurde ist Quatsch! Hier dürfen Sie nicht sitzen.“ Der freundliche Herr, inzwischen eingetroffen: „Entschuldigung, Wirtz mein Name, diese zehn Gäste haben keinen Sitzplatz gefunden und werden jetzt in der ersten Klasse weiterreisen, hier ist ja noch ausreichend Platz.“ Der inzwischen hochrote Zugführer: „Sie haben hier überhaupt nichts zu sagen, ich möchte Sie bitten…“ „Doch doch, ich arbeite heute für Ihr Unternehmen, damit Sie mal wieder zufriedene Kunden haben!“ Zugführer: „Das wüsste ich aber…“ „Doch, heute arbeite ich auf eigene Kosten für die Deutsche Bahn. Die Mehrkosten für diese zehn Reisenden in der ersten Klasse übernehme ich.“
Wir, das Otto-Hahn-Gymnasium Nagold, haben seit fünf Jahren eine Partnerschaft mit dem Liceum IV in Wroclaw (Breslau)/Polen. Alljährlich besuchen wir die Polen im Frühjahr und die Polen uns im Herbst. Nach der Rückreise unserer Gäste vergangenen Oktober erhielt ich von meiner Schülerin Katja folgende SMS: „Danke für einen insgesamt gelungenen Polenaustausch! Hin- und Rückaustausch waren beide super und eine gute Erfahrung. Es waren sehr, sehr lustige Tage mit einigen unvergesslichen Momenten. Danke! Liebe Grüße, Katja J.“– Einfach schön, nicht wahr!