Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Der Geruch des frisch gemähten Rasens auf dem Campus. In Gedanken noch beim Système syntaxique de la phrase française, muss ich plötzlich an zu Hause denken und an die »Kühlschrankinhaltspicknicks« auf dem Gras, nachdem mein Papa mit dem Mähen fertig war.

Louisa Holz, Göttingen

 

Was mein Leben reicher macht

Morgens ganz früh, unsere 22 Monate alte Tochter kann nicht mehr schlafen. Wir kuscheln uns auf dem Balkon dick in Decken ein. Vor uns am dämmernden Himmel leuchtet der Morgenstern. Die Vögel geben ihr Konzert. Und ich erlebe mit diesem kleinen, warmen, daumennuckelnden
Bündel auf meinem Schoß einen magischen Moment.

Rebecca Chevillard, Darmstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Ich räume gerade in meinem Leben auf – gerne, aber nicht ganz freiwillig.
Dabei sortierte ich Magazine und Bücher aus und kam schließlich bei der Kiste mit uralten selbst aufgenommenen Kassetten an. Ich lauschte der Musik, als ich plötzlich zwischen den Liedern die Stimme meines vor 27 Jahren verstorbenen Papas hörte. Gerade jetzt bedeutet mir dieses Relikt aus der Vor-YouTube-Zeit, das einzige akustische Zeugnis meines Vaters sehr viel.

Stephanie Carstensen, Hagen im Bremischen

 

Was mein Leben reicher macht

Ich gehe mit meiner Frau ins Konzert. Bei der Platzsuche stellt sich heraus, dass wir nicht nebeneinandersitzen. Die Dame, neben der ich stattdessen Platz nehme, bemerkt meine Enttäuschung und sagt: »Während der Aufführung können Sie ohnehin nicht mit ihr sprechen.« Ich: »Wir sind mehr als dreißig Jahre verheiratet!« Meine Nachbarin, selbst wohl um die siebzig: »Na, da ist ohnehin alles gesagt!«

Hans Döller, Wien

 

Was mein Leben reicher macht

Harry, der Schrankenwart der Manchester Grammar School, der, wie ich während meines Schüleraustauschs erleben durfte, bei Regen wie bei Sonnenschein (und das wohl seit fast 25 Jahren) alle Zöglinge mit einem freundlichen »Good morning« und »How are you?« begrüßt.

Jannis Fischer, Augsburg

 

Was mein Leben reicher macht

Meine tägliche Fahrradstrecke, morgens am Rhein entlang: Die Burgen thronen in zartem Licht auf dem Fels, die schon von Goethe beschriebenen Wassergeister steigen aus dem Fluss empor, und der Graureiher wartet auf seinen ersten Fisch. Ich atme all die Schönheit, und der Arbeitstag kann beginnen.

Susanne Stübe, Boppard am Rhein