Wir sind sechs Brüder: Martin, Christoph, Klaus, Paul, Thomas und Kornel. Mit unseren Eltern sind wir früher viel gewandert, und bei einer dieser Touren machten wir 1972 das Foto links. Zum 70. Geburtstag unseres Vaters schenkten wir ihm ein Wochenende mit all seinen Söhnen, woraus sich die Tradition eines jährlichen Brüderwochenendes entwickelte. 2013 entstand dabei dann in Südtirol die Aufnahme auf der rechten Seite.
Um das Jahr 1620 herum hat Peter Paul Rubens seinen Sohn gezeichnet, im Jahr 2010 fotografierte ich meine Enkelin. Fast vierhundert Jahre liegen dazwischen. Nun könnte man darüber philosophieren, dass sich Kindergesichter über die Jahrhunderte hinweg kaum veränderten, oder darüber, wie meisterlich Rubens das typisch Kindliche in den Konturen seines Sohnes herausarbeitete. Und trotzdem, trotzdem bleibt die Ähnlichkeit frappierend.
1998 verbrachten wir als Familie ein Wochenende in Weimar. Hier sitzen wir vor Schillers Wohnhaus auf einer Bank: Meine damals ein Jahr alte Schwester auf dem Schoß meiner Mutter, ich in der Mitte und mein Bruder mit stolzgeschwellter Brust daneben. Zuvor hatte er in Goethes Wohnhaus den Alarm aus gelöst und das gesamte Sicherheitspersonal von seinem Posten geholt, da er zur Freude der Touristen in Goethes Kutsche geklettert war. Im Herbst dieses Jahres haben wir das Foto erneut aufgenommen, diesmal natürlich ohne Alarm.
Meine beiden Katzen haben zwei Wasserstellen, die sie auch fleißig nutzen. Aber Rosenwasser ist ihnen offenbar noch lieber: Sobald eine Vase mit Rosen auf dem Tisch steht, deren Öffnung sich dazu eignet, den Kopf hineinzustecken, um an das Wasser zu gelangen, dann tun sie das auch. Notfalls holen sie die Blumen vorher mit ihren Pfötchen heraus.
Meine Eltern besuchten im September 1991 Freunde in Sachsen. Wegen der Mauer hatten sie sich nur schwer treffen können; jetzt wollten sie die neue Reisefreiheit nutzen. Auf dem Rücken meines Vaters war ich auch dabei, und als ich damals als importierter Wessi von der Basteibrücke in der Sächsischen Schweiz auf die Elbe blickte, war mir noch nicht klar, dass ich genau 20 Jahre später an derselben Stelle stehen sollte. Diesmal allerdings als echter Ossi. Inzwischen nämlich studiere ich in Sachsen. So kam ich im September 2011 während einer Radtour nach Tschechien mit meiner Freundin wieder auf die Bastei. Als ich später meine Eltern in Bayern besuchte und ihnen meine Fotos zeigte, kramte meine Mutter das Kinder-Fotoalbum hervor und fand prompt das alte Bild.
Interessant ist auch der abgebrochene Felsen im Hintergrund: Der Zahn der Zeit nagt am Elbsandstein. Ebenso am Haar meines Vaters, was man allerdings beim Vergleich der Bilder nicht sehen kann. Vielleicht ist das auch ganz gut so.
Der Bahnhof von Ansbach hat für meine Familie eine besondere Bedeutung. Hier nahm mein Großvater Anfang August 1961 Abschied von seinem Vater, den er nach dem Mauerbau nicht mehr wiedersehen sollte. Erst 20 Jahre später konnten meine Großeltern wieder hin und wieder die Verwandtschaft in Ansbach besuchen. Das linke Bild zeigt die Großeltern vor der Rückfahrt in die DDR 1987 – einer von vielen Abschieden am Bahnsteig.
Die fernen Verwandten im »anderen Deutschland« und der Herbst 1989, als mich meine Mutter an ihrer Hand mit auf die Demonstrationen nahm, sind prägende Erinnerungen an meine Kindheit. Kürzlich haben Freunde meine Frau Maria und mich zu ihrer Hochzeit nach Franken eingeladen, heutzutage ein ganz normaler Ausflug. Am Ansbacher Bahnsteig erinnert nichts mehr an die Abschiede in der Zeit der deutschen Teilung.
Im August 2013 hab ich die Lampionblume (Physalis) in unserem Garten fotografiert, im Dezember darauf machte ich eine weitere Aufnahme von den Lampions in ihrer filigranen Form. Eine französische Freundin, der ich die Bilder zeigte, erzählte mir, die Lampionblume hieße auf Französisch amour-en-cage, eingesperrte Liebe. Daran musste ich jetzt denken, wo die trockenen Lampions wieder auf unsere Gartenmauer zu purzeln beginnen.
Diese beiden Fotos zeigen – von verschiedenen Seiten aufgenommen – dasselbe Fahrzeug, einen »Geräteträger« der Firma Lanz. Auf dem ersten Bild freuen sich meine Kinder Bärbel (damals 12 Jahre alt), Friedrich (8) und Brigitte (5) zusammen mit ihrer Cousine Iris (5) und ihrem Cousin Peter (7) im Jahr 1959 auf einen Nachmittag bei der Heuernte. Das farbige Bild ist 55 Jahre später entstanden, zu Brigittes 60. Geburtstag. Auf der Pritsche zu sehen sind Friedrich, Martin (der Jüngste und damals für die Ausfahrt ins Heu noch zu klein) und Bärbel. Ich selbst (92) sitze am Steuer. Der restaurierte Traktor erstrahlt in neuem Glanz, wir Menschen aber sind deutlich in die Jahre gekommen.
Im Jahre 1942 – zufällig auch mein Geburtsjahr – verewigte der Maler Eduard Gabelsberger (1861–1950) den schiefen kleinen Apfelbaum in seinem Garten. Es wird erzählt, der Baum habe dort nicht stehen bleiben wollen – wegen Wasseradern oder irgendwelcher Energiefelder. Und weil er mit den Füßen nicht wegkonnte, habe er es mit seiner Krone versucht.
Heute, nach 72 Jahren steht der Baum immer noch an seinem Platz. Oder: Er liegt beinahe. Innen ist er durchgehend hohl, aber er wird umhegt und gepflegt, blüht so manches Jahr und trägt dann köstlich duftende, wohlschmeckende Früchte.
Ich hoffe sehr, er stirbt nicht vor mir!
Manches alte Haus kann nur noch ein Freilichtmuseum retten. Für das Salettl von Passau-Mariahilf, 1881 an der frequentierten Straße nach Schärding errichtet, schien nach 129 Jahren das Ende gekommen. Ein Stützgerüst bewahrte es gerade noch vor dem Einsturz.
Getrunken und getanzt wurde in diesem lichten Sommer-Tanzsaal zuletzt im Kriegsjahr 1915. Als die benachbarte Schule 1918 zum Lazarett wurde, verlegte man den Unterricht in den Tanzsaal. 1924 zog eine Autolackiererei ein, die 1976 schließen musste. Zuletzt diente das Gebäude dem zugehörigen Wirtshaus noch als Brennholzschuppen. Dann stand das Salettl – so werden in Bayern dergleichen Sommerbauten genannt – jahrzehntelang leer und verfiel.
Von der bayerisch-österreichischen Grenze ist es nun an die bayerisch-böhmische Grenze gewandert: Die Zimmerer des Freilichtmuseums Finsterau haben Balken für Balken abgetragen, kaputte Bauteile ersetzt und am neuen Ort alles wieder aufgebaut. Ein Wirtshaus samt Biergarten mit hochgewachsenen Linden gab es da schon, direkt daneben steht jetzt das Salettl. Die kunstvoll maserierten Türen wurden restauriert, ein Kirchenmaler hat die reiche Farbfassung an den Wänden und Balken erneuert.
Seit ein paar Monaten wird wieder gefeiert im Salettl von Passau-Mariahilf.