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Was mein Leben reicher macht

Am Sonntagmorgen liege ich krank im Bett. Meine Tochter Clara, bald fünf, kommt zu mir und fragt: »Papi, machst du heute Lasagne für uns?« Ich erkläre ihr lang und breit, dass ich wirklich krank bin, auch mal meine Ruhe brauche und so weiter und so fort. Darauf Clara: »Gefüllte Paprika?«

Alexander Eulenburg, Hamburg

 

Trauriges Wiedersehen

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Vor längerer Zeit stand auf der Moorweide in Hamburg eine wunderschöne, wuchtige Granitskulptur. Ein bildhauerisches Meisterwerk. Der Künstler war nicht genannt. Eines Tages war sie verschwunden, und nun habe ich sie wiederentdeckt – auf einer Grasfläche an der Kennedybrücke. Da fristet sie ein recht einsames Dasein, sozusagen auf dem Abstellgleis, und ist Anlaufstelle für notdürftige Passanten. Ein Sprayer hat sich auch schon auf ihr verewigt. Dieses Kunstwerk hätte wahrlich einen würdigeren Platz verdient. Was für ein Armutszeugnis für die zuständige Hamburger Behörde!

Fritz Bielefeld, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Ein kleiner (koffertauglicher) Drachen, der mir auf Reisen den perfekten Urlaubsbeginn beschert: ankommen, sofort zum Strand rennen, meinen Drachen steigen lassen und die Zeit vergessen.

Waltraud Günther, Glatten, Baden-Württemberg

 

Die Kritzelei der Woche

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Ich möchte nicht behaupten, dass mein bildungswissenschaftliches Seminar langweilig wäre, aber wenn da etwa kognitionspsychologische Erklärungen für das Verhältnis von Wissen und Können erörtert werden, gehen meine Gedanken eigene Wege. Mein Hirn enteilt zu den syrischen Flüchtlingen, zur NSA oder zu Angela Merkel, die es immer wieder schafft, die Aufmerksamkeit von den Ereignissen wegzulenken und Dringliches wegzuschieben: Prokrastination an der Spitze der Nation. Und dann muss meine Hand die Gedankensprünge ganz schnell kritzelnd umsetzen…

Dominic Kesenheimer, Heidelberg

 

Quittenduft

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Mein Favorit ist ein alter Quittenbaum, und ich bestaune ihn seit gut einem Jahr. So lang arbeite ich nämlich in dem Haus, dessen Vorgarten er ziert. Er ist immer schön, egal, ob er kahl ist, anfängt, zu grünen und zu blühen, ob er seine Früchte trägt oder ob sich das Laub verfärbt. Die Früchte duften und lassen sich in Gelee, Schnaps und Likör verwandeln. Ich habe den Baum schon so oft fotografiert, dass ich etwas schräg angesehen werde im Dorf. Jetzt wird das Haus, vor dem er steht, bald saniert, aber ich passe gut auf ihn auf.

Christina Stettin, Amöneburg, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Augsburg, Freibad an der Schwimmschulstraße, 31 Grad im Schatten. Ein offenkundig blindes Pärchen gehobenen Alters schreitet, eines jeden Schrittes wohl bedacht, durchs Becken. Sie zu ihm: »Schatz, hast du gerade den großen Fisch gesehen?« Er zu ihr: »Liebling, das war kein Fisch, das war ein Hai, lass uns schnell zurück zu unserer Jacht schwimmen.«

Andreas Grüneberg, Friedberg, Bayern

 

Anverwahrt: Mein Wort-Schatz

Im Nachlass der Künstlerin Henriette Florian habe ich ein an sie gerichtetes Schreiben des österreichischen Geschäftsträgers in Israel vom Dezember 1969 ent- deckt. Dort heißt es: »Wie versprochen, erlaube ich mir, Ihnen anverwahrt noch die Übersetzung von zwei Ihrer Interviews zu übermitteln.« Seither ersetzt dieses wundervolle Wort des vollendeten Diplomaten in meinen E-Mails schnöde Wendungen wie »anbei« oder »beiliegend«.

Andreas Schindl, Wien

 

Was mein Leben reicher macht

Ein kleiner (koffertauglicher) Drachen, der mir auf Reisen den perfekten Urlaubsbeginn beschert: ankommen, sofort zum Strand rennen, meinen Drachen steigen lassen und die Zeit vergessen.

Waltraud Günther, Glatten, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Nach vielen Verzögerungen ist der von mir zusammengestellte Hilfstransport endlich in einem von Flut und Erdrutsch geschun- denen bosnischen Dorf angekommen. Meine bosnische Vertrauensperson hat das Dorf ausgewählt und die etwa hundert Pakete verteilt. Jetzt ruft sie mich an: »Wir haben heute sehr viele Menschen glücklich gemacht!«

Gaby Stöckeler, Meschede